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Ein Jahrhundert Keramik

In seiner Bremer Jubiläumsausstellung zeigt Peter Hagenah einen Querschnitt durch fast ein Jahrhundert deutscher Gefäßkeramik. Die Hälfte der in Bremen ausgestellten Keramiker haben oder hatten einen engen Bezug zur Region. Die Arbeiten der noch lebenden Künstler sind im freien Verkauf.

Die erste Einzelausstelung einer Keramikerin veranstaltete Peter Hagenah 1950 mit dem Nachlass von Auguste Papendieck (1873-1950). Die Bremer Töpferin hatte 1911 mit der Produktion von bemalter Gebrauchskeramik begonnen, sie wurde dann aber zu einer der wichtigsten deutschen Keramikerinnen im Übergang vom Jugendstil zur Studiokeramik. Ihre Schalen und Vasen sind schlicht und bodenständig, ihre Glasuren zurückhaltende Mischungen in Blaubeige und Grünbeige. Zu ihrer Arbeit scheint sie ein mystisches Verhältnis gehabt zu haben: Vor jedem Brand legte sie einen Fastentag ein.

Jan Bontjes van Beek (1899-1965) gilt vielen Keramiksammlern als Zentralfigur der deutschen Keramik. In den Zwanzigerjahren arbeitete er in Fischerhude bei Bremen, später in Berlin. Anders als die meisten seiner Kollegen drehte er die von ihm entworfenen Gefäße fast nie selbst. Seine Spezialität war die Entwicklung streng gehüteter Glasurrezepte. Durch seine Lehrtätigkeit in Berlin-Weißensee (1946 bis 1950) und Hamburg (1960 bis 1966) hatte er prägenden Einfluss auf die nachfolgende Keramikergeneration.

Otto Meier (1903-1996) arbeitete bis zum Zweiten Weltkrieg als Töpfer in der Bremer Böttcherstraße, danach im Künstlerdorf Worpswede. Seinen Durchbruch erlebte er in den Fünfzigerjahren mit skulptural überarbeiteten Gefäßen. Sein Erfindungsreichtum im Alter ist geradezu legendär.

Seine Kollegin Elisabeth Pluquet-Ulrich (Jahrgang 1921): „Er wurde bis zum Schluss immer besser und besser.“ Sie selbst absolvierte ihre Ausbildung bei dem Keramiker Siegfried Möller, der für seine figurativen Dekore bekannt war. Mitte der Fünfzigerjahre hörte sie auf zu „möllern“ und löste sich von der Fayencetechnik. Die Gefäßunikate der Bremerin zeugen von großem Gespür für Volumen und einer ausgereiften Linienführung. Wie Meier favorisiert sie farblich zurückhaltende, matt glänzende Reduktionsglasuren.

Albrecht Hohlt (1928-1960) ist so etwas wie der James Dean der deutschen Töpferkunst. Er prägte das Bild der deutschen Keramik der Fünfzigerjahre. Vermutlich ausgelöst durch seine exzessiven Versuche mit toxikologisch damals unerforschten Brennhilfsmitteln, erkrankte er an Krebs und starb sehr jung.

Görge Hohlt (Jahrgang 1930) ließ sich, nach gemeinsamen Anfängen mit seinem Bruder Albrecht, Mitte der Fünfzigerjahre zum Ingenieur ausbilden und arbeitete zunächst in der Industrie. 1965 übernahm er die Werkstatt Hohlt und blieb weitgehend dem Formen- und Glasurrepertoire treu, mit dem er und sein Bruder in den Fünfzigerjahren Furore gemacht hatten.

Zur Geschichte der Kunst-Krypta ist eine Broschüre erschienen: „Von der Kunst-Krypta Bremen bis heute“, herausgegeben von Peter und Arne Hagenah, 92 Seiten, Edition Erde und Feuer, Otterndorf und Bremen 2000. Sie kostet 14,90 Mark und ist unter anderem zu beziehen über www.kunst-krypta.de. RKR

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