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Ein Jahr nach Winnenden"Die Gewalt befindet sich nebenan"

Ihre Tochter kam am 11. März 2009 beim Amoklauf in Winnenden ums Leben. Seitdem kämpft Gisela Mayer gegen die Gleichgültigkeit. Ein Protokoll.

29. Juli 2009: Diese Waffen wurden im Nachgang des Amoklaufs von Winnenden vernichtet. Bild: ap

Manchmal fühle ich mich, als ob ich gegen Betonwände renne. Das macht das Rennen aber nicht überflüssig. Man muss es ja zumindest versuchen, in der Hoffnung, dass so eine Wand irgendwann Risse bekommt, dass sie nachgibt.

Ein paar davon gibt es heute schon. Es ist eine Diskussion in Gang gekommen. Es gibt immer noch Gegner, aber bei mir und bei dem Aktionsbündnis haben sich viele Menschen gemeldet. Sie sagen: Gott sei Dank, endlich sagt jemand was, wir sehen jetzt wieder Hoffnung.

Vor einem Jahr standen noch alle unter Schock. Damals hat man zugehört und versucht, ganz schnell zu reagieren. Dann, nach einem Vierteljahr vielleicht, wollte niemand mehr etwas von Winnenden wissen. Es war Sommer, die Leute hatten keine Lust mehr und wollten einfach ihre Ruhe haben. Ich verstehe das, ich war ja selbst so. Natürlich müssen wir normal weiterleben, aber wir müssen auch unsere Lehren ziehen aus dem, was am 11. März passiert ist.

Bild: ap

Insgesamt 15 Menschen wurden am 11. März 2009 von einem 17-jährigen Amokläufer erschossen. Wenige Stunden später stellte ihn die Polizei. Der Täter erschoss sich daraufhin selbst.

Unter den Opfern waren neun Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrerinnen der Albertville-Realschule - darunter auch die 24-jährige Referendarin Nina Mayer.

Seit dem Tod ihrer Tochter engagiert sich Gisela Mayer im Aktionsbündnis Winnenden, das die Eltern der Opfer gegründet haben. Die 52-jährige Ethik-Dozentin kämpft gegen Killerspiele und eine Verrohung der Gesellschaft. Darüber hat sie ein Buch geschrieben: "Die Kälte darf nicht siegen". Es erscheint am Dienstag im Ullstein Verlag.

Dass das Waffenrecht geändert wurde, war ein Erfolg für mich und das Aktionsbündnis, auch wenn wir die Effektivität bezweifeln. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber eben ein zögerlicher. Ein Amokläufer agiert entschlossen und zielgerichtet. Wir müssen dasselbe tun, mit einer Trennung von Waffe und Munition zum Beispiel, oder einer biometrischen Sicherung.

Der eigentliche Erfolg im Waffenrecht ist deshalb, dass ein Gespräch zustande gekommen ist, dass man sich nun darum kümmert, wie viele Schusswaffen in diesem Land in privatem Besitz sind. Die Zahlen, die da auf den Tisch kamen, haben uns mehr als schockiert.

Die ganze Diskussion um das Waffenrecht hat mich aber auch traurig gemacht. Ich hatte eine vollkommen andere Reaktion der Schützenverbände erwartet. Ich dachte, man kooperiert mit uns. Ich hatte geglaubt, dass die Verbände selbst daran interessiert sind, mit uns zusammenzuarbeiten.

Stattdessen wurde ich bitter enttäuscht, es ging genau anders herum. Man hat sich gegen unsere Ziele gerichtet und sich angegriffen gefühlt und diffamiert. Wir mussten hart daran arbeiten, dass man überhaupt mit uns spricht.

Manchmal ist es schwer zu begreifen, dass nicht einmal der Tod Argument ist, um Verständnis zu bekommen. Aber der Tod unserer Kinder zwingt uns auf der anderen Seite auch dazu, weiterzumachen. Es kann einem einfach nichts Schlimmeres passieren. Deshalb darf es nicht sein, dass das, was passiert ist, einfach so im Sande verläuft.

Nach dem Amoklauf habe ich mich oft entmündigt gefühlt, jetzt geht es mir besser. Die Öffentlichkeit, viele Retter und andere Helfer haben uns teilweise bevormundet. Sicher wollten sie uns vor schlimmen Erfahrungen und Bildern schützen. Diese Entmündigung war aber letztlich verletzend. Heute hört man mir zu, wenn ich etwas sage, und manches ist angekommen - allerdings nicht in dem Maße, wie ich mir das wünschen würde.

Um die Killerspiele ist es heute leider still geworden, für mich ist das eine Enttäuschung. Mir war zwar klar, dass die Versprechungen der ersten Tage in dieser Form nicht eingehalten werden. Aber es provoziert ungeheuer, dass man so schnell zur Ruhe zurückgekehrt ist, zu so einer selbstzufriedenen Haltung. Das ist verletzender als manches andere, weil man diese Selbstzufriedenheit nicht begreifen kann. Hätten Sie mir vor einem Jahr gesagt, dass meine Tochter bei einem Amoklauf ums Leben kommt, hätte ich Sie ausgelacht.

Diese Haltung bemerke ich jetzt bei anderen Menschen. Wir haben auch geglaubt, es würde uns niemals betreffen. Heute kann ich dieses Denken nicht mehr verstehen. Ist euch eigentlich klar, wie nah ihr am Geschehen seid? Die Gewalt findet nicht auf einem anderen Stern statt! Sie befindet sich nebenan. Dass man das nicht wahrnimmt, verletzt mich. Dieses Denken, man sei selbst überhaupt nicht betroffen, kann ich nicht akzeptieren.

Wir sind wahnsinnig vorsichtig, wenn es um unsere Kinder geht, wir passen auf mit Nikotin und Schadstoffen, das Spielzeug hat extra abgerundete Ecken und überall gibt es Jugendschutz. Trotzdem lassen wir zu, dass unsere Kinder sich stundenlang damit beschäftigen, wie man andere Menschen umbringt. Und dann erwarten wir, dass es sie überhaupt nicht verändert, nicht betrifft! Das ist eine grenzenlose Gleichgültigkeit und Naivität. Die Jugend muss man vor so etwas schützen, und das geht nicht, indem man bunte Märkchen auf Packungen klebt und sagt: Jugendfreigabe ab 18. Aber dahinter steht einfach eine Wirtschaftsmacht. Nächstes Jahr wollen wir uns deshalb deutlich zu Wort melden und Veränderungen fordern.

Im Alltag höre ich oft: Jetzt ist es doch schon so lange her, schon ein Jahr, es geht euch doch bestimmt besser und ihr habt das doch bestimmt schon überwunden. Das sind Bemerkungen, die deutlich machen, dass das Gegenüber gerne seine Ruhe hätte. Manchmal spüre ich, dass ich Menschen störe. Ich erinnere sie daran, wie unsicher unsere Existenz ist, wie viel Böses es gibt und wie unkalkulierbar es ist. Wenn ich erscheine, ist das manchen Leuten unangenehm, weil man mit mir diesen Amoklauf assoziiert. Ganz klar, dass ich ein Störenfried bin.

Es gibt eine Entwicklung in dieser Gesellschaft, die ich "technizistisch" nenne. Wir lassen unsere Kinder von Maschinen erziehen, deshalb lernen sie auch, sich wie Maschinen zu verhalten. Wir rufen dann, dass es keine Empathie mehr gibt. Dabei sind wir selber schuld.

Viele junge Menschen nehmen heute Beleidigungen und Verletzungen überhaupt nicht mehr als Gewalt war. Das macht hilflos. Wie soll ich denn jemandem erklären, dass man ihn beleidigt, ihn verletzt hat, wenn er das gar nicht versteht? Fälle wie der von Dominik Brunner erschrecken mich deshalb. Die Diskussion darum ging aber an der Sache vorbei. Wir brauchen kein härteres Jugendstrafrecht. Es muss nur konsequenter angewandt werden. Und wir müssen herausfinden, wo die Gründe für diese extreme Jugendgewalt liegen. Wieso muss man den Gegner töten, wenn er hilflos am Boden liegt? Weshalb gibt es keine Grenzen mehr? Ich fürchte mich vor dem, was sich da entwickeln kann.

Unsere Kinder stehen heute unter enormem Druck. Sie sollen mit zwanzig drei Jahre Berufserfahrung und fünf Praktika haben. Es geht nur noch um Noten und Erfolg, scheitern dürfen sie auf gar keinen Fall. Wir treiben unsere Kinder vor uns her, weiß Gott, wo sie ankommen sollen. Ich verstehe die Angst der Eltern, sie stehen ja selbst unter Druck. Aber die Kinder haben oft keine Freunde mehr, sie sehen nur noch Nebenbuhler.

Deshalb wollen wir das Schulfach "soziale Kompetenz" einführen. Wir haben das schon der Politik vorgeschlagen. Die Reaktionen auf Lehrerseite waren bis jetzt sehr positiv, die sind ja am meisten belastet. Von ihnen werden heute Dinge gefordert, die zu Hause nicht mehr geleistet werden. Viele Eltern wehren allerdings ab, jeden Fehler des Kindes, jede Maßregelung, verstehen sie als Angriff gegen sich.

Mit Winnenden wurde viel Politik gemacht. Es ist natürlich nie angenehm, wenn man instrumentalisiert wird, auf der anderen Seite denke ich aber auch ganz pragmatisch: Das Aktionsbündnis und ich, wir wollen unsere Ziele erreichen. Auch wenn wir das nur teilweise tun, ist es besser als nichts.

Im Moment werden wir überrollt von einer Lawine medialen Interesses, fast so groß wie vor einem Jahr. Damals hatten wir überhaupt nicht damit gerechnet. Es gab sehr unsensible Journalisten, die nur Tränen sehen wollten und Verzweiflung. Trotzdem habe ich heute ein gutes Verhältnis zu den Medien, auch wenn dieses Interesse im Moment auch eine Belastung ist, allein zeitlich. Ich arbeite nach wie vor als Lehrerin und versuche den Rest in meiner Freizeit zu managen. Meine Wochenstunden zähle ich schon gar nicht mehr, die Wochenenden haben wir vorläufig abgeschafft. Trotzdem ist es schön, zu sehen, dass man an uns denkt. Wir fürchten uns davor, in drei Monaten wieder vergessen zu sein.

Vor dem Jahrestag des Amoklaufs am 11. März habe ich Angst. Ich werde bei der Gedenkfeier sein, die die Schule veranstaltet. Da sind nur Schüler, Lehrer und Eltern. Dafür werden wir in die Schule gehen müssen, an den Ort des Geschehens. Das wird der schlimmste Teil des Tages werden. Dem stehe ich noch sehr unsicher gegenüber. Danach werde ich am offiziellen Gedenkakt teilnehmen und am Ende des Tages laden wir mit dem Bündnis der Eltern zu einem Vortrag ein. Das ist der Übergang zu dem, was wir tun werden. Das heißt, das Ende des Tages wird der Ausblick auf die Zukunft sein.

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16 Kommentare

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  • C
    catulus

    Ein Schulfach "Soziale Kompetenz" ist sicher der falsche Weg. Denn Gesellschaftskunde, Sozialkunde sowie andere politische Fächer gibt es zu Hauf!

     

    Wenn man deswegen seine Note runiniert, weil man seinem Alt-68er - Ethiklehrer nicht folgen mag auf der Logik seiner Gedanken tanzt und vielleicht noch die Antroposophen gut finden soll, wohin führt das?

     

    Andersrum gibt es Empathie, die ist aber nicht zu lernen, sondern eine Gabe.

     

    Manche werden diese niemals haben, da kann man lernen wollen, wie man nur kann. Ich habe Angst, dass uns solche Schulfächer der NLP - Ära noch näher bringen könnten, dass wir alle irgendwann nur noch Bandler-Grinder-Zombies sind.

     

    Denn was diese Soft-Life-wtf-Skills wirklich sind, kann man leicht auf einen Punkt bringen:

     

    * in real: Empathie ( angeboren )

     

    * im Wunschtraum mancher: niedliche Verkleidung in Neologismus, verpacktes Psychozeuchs: Bau-Werk-Zeug-Kasten mit imaginären Messern und Hämmern und ein wenig Auditing

  • B
    Brot

    Stimmt, es muss was geändert werden: es darf nicht sein, dass Menschen unter dem Schutz eines "Sports" echte Lebewesen töten dürfen und mit Waffen frei herumhantieren können.

     

    Doch das man auf Computer-Spiele, die aus gutem Grund mit den so nett Bildern für die Altersklassifizierung versehen sind, weil sie nicht für jüngere Altersgruppen gedacht sind, deswegen herumhackt, zeigt wieder einmal, dass die meist einer älteren Generation angehörenden Kritiker dieser Spiele einfach nicht verstanden haben. Aber wie soll das auch funktionieren, wenn ein großer Teil sich nie mit einem solchen Spiel auseinander richtig auseinander gesetzt hat?

     

    Wahrscheinlich würden sogar 80-90% der "Killerspiele-Spieler" eine Verschärfung der Waffengesetzte sogar begrüßen und unterstützen, da sich in diesen Reihen in großer Zahl um sehr kultivierte und friedlebende Menschen handelt, die ihr Hobby im Gegensatz zu manchen Politikern und anderen Kritikern dieses Hobbys als Hobby sehen.

     

    Letztlich kann man nur eines sagen: Ein Amoklauf benötigt Waffen, nicht jedoch Computerspiele

  • G
    gelle

    Ein Jahr Winnenden. Ein tragisches Ereignis das ist sicher und den Angehörigen gehört dafür auch immer noch mein Beileid, aber merkt man hier doch wieder einmal deutlich, dass Emotionalität und Gefühle hier jeder vernünftigen Argumentation überwiegen.

    Ein Beispiel hierfür ist, wie Frau Mayer hier die vermeintlichen Killerspiele angesprochen hat. Es wird nur dieser eindeutig polemische Begriff ins Spiel gebracht und mit einer emotionalen, aber damit überhaupt nicht zusammenhängenden Tatsache fortgeführt. Parallel dazu merkt man bei solchen Vertreter diverser Bündnisse, die von "Toleranz" predigen ein Fehlen eben dieser. Computerspiele trainieren Menschen zum Töten? Solche Aussagen sind reine Polemik und ohne irgendwelchen Halt. Ich frage mich, ob sich Frau Mayer jemals überhaupt ein vermeintiches Killerspiel mehr als nur ein paar Minuten ohne(!) Vorurteile gespielt hat.

    Nun vielleicht ist das für Personen die eine solche enorme persönliche Befangenheit haben auch gar nicht möglich und da richtet sich meine Kritik auch vor allem an die taz. Ich finde man sollte nicht ein solches Protokoll, welches von Emotionen statt Fakten und wahren Argumenten geprägt ist, nicht unkommentiert veröffentlicht. Gerade bei taz, die für mich den Ruf als frische, weltoffene Zeitung hat, ist das für mich eine herbe Enttäuschung.

    MfG

  • AB
    Alexander Buck

    Schade, dass Frau Mayer trotz ihrer Profession nicht unterscheiden kann und will: Sie verwendet gleiches Vokabular wie Pfeiffer, Spitzer und Konsorten.

    "Killerspiele" - ein Unwort wie "Raubkopierer" (letzteres würde ich auch gerne einmal sehen: Ein Jugendlicher kommt in einen CD-Laden, zückt die Waffe und sagt: "Musik her und hophop auf meinen iPod damit"!)

    Zu Ersterem: "Killerspiele" - als Medienpädagoge würde ich zu gerne wissen, welchem schlichten Gemüt dieser Begriff eingefallen ist. Ein Spiel für Killer? Ein Spiel, das Killer "macht"? Ersteres würde Sinn machen, jedoch stellt sich dann die Frage, ob das Spiel noch einen verursachenden Effekt haben kann (und das zeigt die Frage: Eben nicht! Amokläufer nutzen (vielleicht!) diese Spiele, um ihre bereits geplanten Taten "durchzuspielen") - Zweiteres ist völlig abstrus, stellt es doch den Menschen ad absurdum und degradiert ihn zu einem deterministischen Wesen, das nur geflissentlich auf Reize zu reagieren hat.

    Bedauerlich finde ich in diesem Kontext, dass die TAZ, deren langjähriger Abonnent und begeisterter Leser ich bin, dieses Vokabular unreflektiert übernimmt. Nun gut, das Interview mit Frau Mayer mag nichts tiefschürfenderes ergeben haben - doch würde ich mir eine differenzierte, gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Verzweifelung und Zukunftsangst unserer Jugendlichen wünschen.

  • WL
    W. Laub

    Sind Eltern,Pädagogen an allem Schuld? Es reicht! Höchste Zeit zu sagen: NEIN!Das Buch wirft sicher viele gute Fragen auf, auch zum gesellschaftl. Kontext. Nur an einem entscheidenden Punkt wird doch gerade wieder der "Bock zum Gärtner" gemacht, doch Eltern und Pädagogen die Hauptverantwortung gegeben. Zu Recht?

    Tucholskys Zitat " Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein" stammt aus Kriegs- Zeiten, ein Protest dagegen. Krieg findet heute aber auch gegen Eltern/ Pädagogen statt. Und das nicht nur von Amok-Läufern! Denn wer wird zuerst nach dem "Warum" für diese Bluttaten gefragt? Natürlich: Eltern/Lehrer. Natürlich machen auch Eltern und andere Erziehende Fehler. Nobody is perfect. Ich berate auch viele Eltern (und bin auch Vater).Die Mehrzahl macht eigentlich meistens alles richtig. Man ist nur gestresst, weil die Kinder ja "unbedingt" zur Ergo, Logo etc. müssen. Zig "tollen" Ratgebern sei Dank. "Nur" mal zusammen Spielen, Reden zählt wenig ...Daran verdient ja keiner,wird dafür auch nicht so geworben?

    Daran sind aber nicht Eltern Schuld. Und ist nicht auch das Kriegsspiel nur Fortsetzung des Alltags für Kinder und Eltern/ Pädagogen in der "Ellbogengesellschaft"? Viel mehr ist doch diese mehr zu hinterfragen, ob wirklich nicht mehr Geld für Ausbildungs-und Arbeitsplätze, Bildung, Freizeiteinrichtungen für die Jugend da ist. Zumal man hört wie die Krisen-verursachenden Manager und Politiker noch Riesen-Abfindungen bzw. Diäten bekommen. Daran sollte man doch lieber sparen!Nach jedem tragischen Ereignis wurden Änderungen versprochen. Kaum etwas geändert. Also passiert wieder etwas. Morgen in meinem Ort? Viele Eltern/ Pädagogen sind wirklich verzweifelt, ratlos. Aber nicht weil sie eigentlich unfähig sind. Sondern weil sie immer wieder auf unzulängliche, oft unglaubl. Bedingungen, fehlende Mittel, Umstände hinweisen für Kinder u. Jugendliche, in Schulen u. Gesellschaft. Auch potentielle Amokläufer bei Behörden melden. Und wenig geschieht. Immer nur wenn etwas passierte sind erst Politiker, Ämter, Medien usw. da. Und dann müssen sich die Eltern/Pädagogen auch noch rechtfertigen, warum sie (!) zu wenig getan haben. Kürzen aber Eltern/Pädagogen an Freizeit-und Ausbildungsplätzen, so dass unsere Kids perspektivlos auf der Strasse landen, deshalb aus Wut, Verzweiflung, Langeweile etc. "Amok laufen"...Zumal sie mit ihren Nöten+Bedürfnissen in Schulen auch beim besten Willen nicht mehr von Lehrern ausreichend wahrgenommen werden können - bei viel zu gr. Klassen?

     

    Die inzwischen berühmte Berliner Rütli-Schule ist heute ja auch viel besser, sicherer geworden. Weil dort nun fähigere Lehrer, Eltern und mehr Sicherheitskräfte sind als früher? Nein, weil dort nach Protesten der Lehrer,Eltern, Schüler in der Öffentlichkeit endlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt wurden, auch mehr Personal. Das zeigt, dass die Lehrer, Schüler, Eltern jetzt auch an anderen Orten mehr mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit gehen sollten... Statt immer noch auf Politiker zu hoffen, die sich auch um sie nur kümmern, wenn es zu spät ist - wenn auch an ihrem Ort dann ein neues Ludwigshafen (Erfurt, Winnenden,...) ist! Und Ihnen auch noch die Schuld gibt! Es reicht. Dazu, frei nach Tucholsky, nur noch wirklich ein eindeutiges NEIN!

     

    Wolfgang Laub ( Dipl. -Pädagoge, Familien-Therapeut), Kiel/Falkensee (bei Berlin)

     

     

     

     

     

    LÄNGERE FORM:

     

     

    (Überschrift) Sind Eltern und Pädagogen an allem Schuld? Es reicht! Höchste Zeit zu sagen: NEIN!

     

    Das Buch wirft sicher viele gute Fragen auf, auch zum gesellschaftlichen Kontext. Nur an einem entscheidenden Punkt wird doch gerade wieder der "Bock zum Gärtner" gemacht, doch Eltern und Pädagogen die Hauptverantwortung gegeben. Zu Recht?

    Tucholskys Zitat " Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein" stammt aus Kriegs- Zeiten, ein Protest dagegen. Fast schon ein Krieg findet heute aber auch gegen Eltern und Pädagogen statt. Und das nicht nur von Amok-Läufern! Denn wer wird zuerst nach dem "Warum" für diese Bluttaten gefragt? Natürlich: Die Eltern (und Lehrer,..)! Sie sind aber nicht (primär) Schuld. Weder in Winnenden noch anderswo...

     

    Natürlich machen auch Eltern und andere Erziehende Fehler. Nobody is perfect, auch sie nicht.Aber nicht sie hauptsächlich.

    Ich berate auch viele Eltern (und bin auch Vater).Die Mehrzahl macht eigentlich meistens alles richtig. Man ist nur manchmal auch etwas gestresst, weil die Kinder ja "unbedingt" zur Ergo, Logo, KG, Musik, Therapie etc. müssen.

    Zig "tollen" Ratgebern sei Dank. "Nur" einfach mal zusammen Spielen, Reden und so zählt da wenig ...Meistens auch ganz einfache und kostenlose Sachen wie Zuwendung, Interesse, Liebe, Aufmerksamkeit, gemeinsam verbrachte Zeit. Daran verdient aber keiner etwas. Deshalb wird dafür wohl auch nicht so geworben?

    Daran sind aber nicht Eltern Schuld, sie fühlen sich nur schuldig, weil sie nicht lieber dem - auch gestressten bzw. gelangweilten Kind - noch "nötiges" neues Spielzeug kaufen, auch Spiele für den PC, wo ja fast immer rumgeballert wird. Dann tun sie s halt..

     

    Eltern würden alleine meistens alles richtig machen, instinktmäßig liebvoll (und wo nötig auch konsequent). Aber wenn sie ständig hören und lesen, was sie angeblich falsch machen, dass sie für alles Schuld sind... Dass sie Kinder ggf. zu wenig konsequent erziehen, auf das Leben vorbereiten... "Wir leben nun einmal in einer Ellbogengesellschaft". Klar. Also endlich aufhören damit, dass Kinder zu anständigen, sozial denkenden Menschen erzogen werden. Wie soll denn da genug der Ellbogen herausgefahren werden, dass man später Mitmenschen aussticht, wegboxt (welch aussage-kräftige Wortbedeutung) um einen der letzten Ausbildungs-und Arbeitsplätze zu kriegen? Eltern, habt ihrs immer noch nicht kapiert? Dann umgehend zum Erziehungsberater, "Elternführerschein" machen, gleich zum (Familien-) Therapeuten... Deshalb fehlt einem doch auch die Zeit für "nur" einmal ein Gespräch mit seinem Kind. Ist nicht auch das Kriegsspiel nur Fortsetzung des Alltags für Kinder (und Eltern und Pädagogen) in o.g. derzeitigen "Ellbogengesellschaft"?

     

    Ist DAS nicht alles krank, kann einen nicht wirklich auch fast Amok laufen lassen? Viel mehr ist doch die "Ellbogengesellschaft" selbst einmal zu hinterfragen, ob wirklich nicht mehr Geld für Ausbildungs-und Arbeitsplätze, Bildung, Spielplätze und Freizeiteinrichtungen für die Jugend da ist. Eine Frage, die fast schon wie Hohn wirkt, wenn man hört wie die Krisen-verursachenden Manager und Politiker noch Riesen-Abfindungen bzw. Diäten bekommen. Daran sollte man doch lieber sparen!

     

    Und die Eltern und anderen Angehörigen der Opfer von Ludwigshafen usw. könnten sicher auch Amok laufen. Nach jedem tragischen Ereignis wurden Änderungen in Deutschland versprochen. Kaum etwas geändert. Also passiert wieder etwas. Morgen in meinem, dann in Ihrem Ort? Weinen wir dann um unsere Kinder? Und bekommen noch, zumindest unterschwellig, Vorwürfe?

    Viele Eltern (und Pädagogen), die ja, s.oben, immer als erste Verdächtige gelten wenn es um Ursachen- Forschung geht sind wirklich sehr verzweifelt, ratlos. Aber nicht weil sie eigentlich unfähig sind. Sondern weil sie immer wieder auf unzulängliche, teilweise ungaubliche Bedingungen, fehlende Mittel, Umstände hinweisen für die Kinder und Jugendlichen, in Schulen und Gesellschaft. Auch potentielle Amokläufer bei Jugendämtern melden. Und kaum etwas passiert. Immer nur wenn etwas passiert sind dann Politiker, Ämter, Medien usw. da. Davor Funkstille... Und wenn etwas passiert müssen sich die Eltern und Pädagogen dann auch noch rechtfertigen, warum sie (!) zu wenig getan haben.

    Kürzen aber Eltern/Pädagogen an Freizeit-und Ausbildungsplätzen, so dass unsere Kids perspektivlos auf der Strasse landen, deshalb aus Wut, Verzweiflung, Langeweile etc. "Amok laufen"...Zumal sie mit ihren Nöten und Bedürfnissen in den Schulen auch beim besten Willen nicht mehr von Lehrern ausreichend wahrgenommen werden können - bei viel zu gr. Klassen?

     

    Die inzwischen ja berühmte Berliner Rütli-Schule ist heute ja auch viel besser, sicherer geworden. Weil dort nun fähigere Lehrer, Eltern und mehr Sicherheitskräfte sind als früher? Nein, weil dort nach Protesten der Lehrer (und Eltern und Schüler) in der Öffentlichkeit endlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt wurden, auch mehr Personal. Das zeigt, dass die Lehrer, Schüler, Eltern jetzt auch an anderen Orten mehr mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit gehen sollten... Statt immer noch auf Politiker zu hoffen, die sich auch um sie nur kümmern, wenn es zu spät ist - wenn auch an ihrem Ort dann ein neues Ludwigshafen (Erfurt, Winnenden,...) ist! Und Ihnen auch noch die Schuld gibt! Es reicht. Dazu, frei nach Tucholsky, nur noch wirklich ein eindeutiges NEIN!

     

    Wolfgang Laub ( Dipl. -Pädagoge, Familien-Therapeut), Kiel/Falkensee (bei Berlin)

     

     

     

     

     

     

    Veröffentlicht: In RPonline - ebenso in Süddt.Zeitung online auch am 2.3.2010

     

    Buch zum Amoklauf von Winnenden

    Eine trauernde Mutter klagt an

    Es war der schlimmste Tag in ihrem Leben. Am 11. März 2009 starb Gisela Mayers Tochter bei dem Amoklauf von Winnenden. In einem Buch verarbeitet sie ihre Wut und Trauer. Die Ursachen für die schreckliche Tat sieht die

    Mutter in der Kälte und Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft.

     

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    BEITRÄGE UNSERER LESERÄltester oben

     

    Autor: Lebensgeschichten / Datum: 02.03.10 16:53

    Zum Bericht / Amoklauf von Winnenden eine Mutter, Gisela Mayer, klagt (mit ihrem Buch) an

     

    Sind Eltern,Pädagogen an allem Schuld? Es reicht! Höchste Zeit zu sagen: NEIN!Das Buch wirft sicher viele gute Fragen auf, auch zum gesellschaftl. Kontext. Nur an einem entscheidenden Punkt wird doch gerade wieder der ''Bock zum Gärtner'' gemacht, doch Eltern und Pädagogen die Hauptverantwortung gegeben. Zu Recht?

    Tucholskys Zitat '' Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein'' stammt aus Kriegs- Zeiten, ein Protest dagegen. Krieg findet heute aber auch gegen Eltern/ Pädagogen statt. Und das nicht nur von Amok-Läufern! Denn wer wird zuerst nach dem ''Warum'' für diese Bluttaten gefragt? Natürlich: Eltern/Lehrer. Natürlich machen auch Eltern und andere Erziehende Fehler. Nobody is perfect. Ich berate auch viele Eltern (und bin auch Vater).Die Mehrzahl macht eigentlich meistens alles richtig. Man ist nur gestresst, weil die Kinder ja ''unbedingt'' zur Ergo, Logo etc. müssen. Zig ''tollen'' Ratgebern sei Dank. ''Nur'' mal zusammen Spielen, Reden zählt wenig ...Daran verdient ja keiner,wird dafür auch nicht so geworben?

    Daran sind aber nicht Eltern Schuld. Und ist nicht auch das Kriegsspiel nur Fortsetzung des Alltags für Kinder und Eltern/ Pädagogen in der ''Ellbogengesellschaft''? Viel mehr ist doch diese mehr zu hinterfragen, ob wirklich nicht mehr Geld für Ausbildungs-und Arbeitsplätze, Bildung, Freizeiteinrichtungen für die Jugend da ist. Zumal man hört wie die Krisen-verursachenden Manager und Politiker noch Riesen-Abfindungen bzw. Diäten bekommen. Daran sollte man doch lieber sparen!Nach jedem tragischen Ereignis wurden Änderungen versprochen. Kaum etwas geändert. Also passiert wieder etwas. Morgen in meinem Ort? Viele Eltern/ Pädagogen sind wirklich verzweifelt, ratlos. Aber nicht weil sie eigentlich unfähig sind. Sondern weil sie immer wieder auf unzulängliche, oft unglaubl. Bedingungen, fehlende Mittel, Umstände hinweisen für Kinder u. Jugendliche, in Schulen u. Gesellschaft. Auch potentielle Amokläufer bei Behörden melden. Und wenig geschieht. Immer nur wenn etwas passierte sind erst Politiker, Ämter, Medien usw. da. Und dann müssen sich die Eltern/Pädagogen auch noch rechtfertigen, warum sie (!) zu wenig getan haben. Kürzen aber Eltern/Pädagogen an Freizeit-und Ausbildungsplätzen, so dass unsere Kids perspektivlos auf der Strasse landen, deshalb aus Wut, Verzweiflung, Langeweile etc. ''Amok laufen''...Zumal sie mit ihren Nöten+Bedürfnissen in Schulen auch beim besten Willen nicht mehr von Lehrern ausreichend wahrgenommen werden können - bei viel zu gr. Klassen?

     

    Die inzwischen berühmte Berliner Rütli-Schule ist heute ja auch viel besser, sicherer geworden. Weil dort nun fähigere Lehrer, Eltern und mehr Sicherheitskräfte sind als früher? Nein, weil dort nach Protesten der Lehrer,Eltern, Schüler in der Öffentlichkeit endlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt wurden, auch mehr Personal. Das zeigt, dass die Lehrer, Schüler, Eltern jetzt auch an anderen Orten mehr mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit gehen sollten... Statt immer noch auf Politiker zu hoffen, die sich auch um sie nur kümmern, wenn es zu spät ist - wenn auch an ihrem Ort dann ein neues Ludwigshafen (Erfurt, Winnenden,...) ist! Und Ihnen auch noch die Schuld gibt! Es reicht. Dazu, frei nach Tucholsky, nur noch wirklich ein eindeutiges NEIN!

     

    Wolfgang Laub ( Dipl. -Pädagoge, Familien-Therapeut), Kiel/Falkensee (bei Berlin)

  • S
    Spoiler

    Aufgehört zu lesen bei "Killerspiele". Lieber mal suchen, was wirklich an solchen Taten Schuld ist, auch wenn ich die Frustration sehr gut verstehen kann.

  • O
    Oberhart

    Zunächst mal möchte ich mein Beileid ausdrücken. Grundsätzlich finde ich es gut, dass sie versuchen die erlebte Tragödie und das Leid dazu zu nutzen, die Gesellschaft sicherer und lebenswerter zu machen. Viele der Dinge, die sie ansprechen, würde ich auch sofort unterschreiben. Schärfere Waffengesetze zum Beispiel oder ein Schulfach Soziale Kompetenz, das man zB ohne Mehrbelastung von Schülern, Lehrern und Staatskasse durch Streichen des ohnehin fragwürdigen Faches Religionslehre bringen könnte.

     

    Schade finde ich, dass sie eine Teilschuld für Tragödien wie in Winnenden auf der medialen Seite suchen. Amokläufe, auch an Schulen, gab es schon lange bevor es überhaupt Computer geschweige denn Killerspiele gab. Auch die sonst so gerne angeführten musikalischen Vorlieben von Amokläufern - idR Marilyn Manson, Rammstein, Metal allgemein oder Gangsta Rap - gab es beim ersten bekannten Schulamoklauf auf deutschem Boden Anfang der 1960er noch nicht, da waren teilweise nicht einmal die Musiker geboren. Bei der Suche nach Gründen von Amokläufen auf der medialen Seite macht man es sich zu einfach. Natürlich können diese Computer und Videospiele, Horrorvideos und Musik, da sie nicht zwingend Mitspieler erfordern der Vereinsamung von Jugendlichen zuträglich sein. Dann ist das Problem aber eher die Vereinsamung als die konsumierten Medien.

     

    Meiner Meinung nach sind denn auch die Gründe eher in Vereinsamung, Zurückweisung, Sich-ungeliebt-Fühlen von jungen Menschen zu suchen. Wer gute Freunde hat und sein Leben aktiv gestaltet, kann beim Counterstrike Spielen Marilyn Manson hören und wird dennoch keinen Amoklauf starten.

  • F
    Fugu

    Natürlich hat Frau Mayer das Schlimmstmögliche erlebt, was man als Elternteil im Bezug auf Amokläufe erleben kann. Es ist nur verständlich, dass sie sich zu engagieren und der erlebten Machtlosigkeit so zu begegnen sucht. Sich hierzu mit denen auseinanderzusetzen, deren Waffen im Zweifelsfall als Tatwerkzeug dienen, ist auch durchaus richtig, aber "soziale Kompetenz" als Schulfach einführen wollen? "Killerspiele" verbieten? Da stellen sich mir sämtliche Nackenhaare auf. Als ob man Menschlichkeit in 2 Schuldstunden die Woche mittels Theorie vermitteln könnte, als ob der Mausklick mit einem tatsächlichen Abdrücken gleichzusetzen wäre. Die Verantwortung liegt vor allem beim Täter selbst und dessen Umgang mit tatsächlichen oder vermeintlichen Kränkungen.

    Eine zuverlässigere (psychologische) Betreuung an Schulen und die absolute Ächtung von Mobbing dürften sich als wesentlich wirksamer erweisen als Verbote und ethisch orientierte Laberfächer. Als ob nicht schon die unselige Kopfnote zu sozialer Kompetenz erziehen sollte...

  • G
    gesellschaftsunfähiger

    Bald ein Jahr her, lasst uns die alte Suppe nochmal aufkochen und dann den Rest entsorgen. Die Angst in ein paar Monaten wieder vergessen zu sein ist mehr als begründet. Jedoch wundert es mich nicht dass wir gefordert sind die Lehren aus den Taten vom 3.11.2009 zu ziehen, nicht etwa die von Erfurt oder Emsdetten, nein, die von Winnenden. Darf ich auch darum bitten über den Zusammenhang der Wörter "Amokläufer" und "zielgerichtet" nocheinmal nachzudenken? So mediengeil der Begriff "Amoklauf" auch auf die Gesellschaft wirken mag, so hatten diese Ereignisse mit einem eigentlichen Amoklauf wohl kaum etwas zu tun. Um noch kurz bei der Wortklauberei zu bleiben, Anschlag oder Attentat träfen es besser.

    Bei der Veränderung des Waffenrechts von einem Erfolg zu sprechen empfinde ich sehr zynisch. Und wieso überrascht es einen bloß, dass die Schützenverbände sich angegriffen fühlen, wo man den Waffennarren doch bloß ihre Waffen nehmen möchte.

    Ideen wie die biometrische Sicherung werden kurz angeschnitten. Doch viel wichtiger scheint zu sein, dass die immer größer werdenden Aufkleber, für die demnächst wohl ein neues Format für Computerspielverpackungen eingeführt werden muss, ja kaum einen Nutzen haben, doch sind selbstverständlich trotzdem die Killerspiele unter den Schuldigen aufzuführen, so wenig nachgewiesen und sinnvoll das auch sein mag. Film, Fernsehen, Buch und Musik, keine Spur, es sind schließlich die Tetris-Spieler welche Blöcke von der Autobahnbrücke werfen. Wer aufgrund solcher Bemerkungen diesen Kommentar für unsachlich hält, kann ich nur bitten im Bezug auf Sachlichkeit den Artikel nochmal zu lesen.

    Es ist noch nicht viele Monate her, da sah ich in den Fernsehnachrichten einen Bericht über ein Aktionsbündnis, welches sich aufgrund des sogenannten Amoklaufs in Winnenden gegründet hatte, ich weiß nicht ob es da mehrere gibt, die oft zu hörende Aussage man wolle ein zweites Winnenden verhindern verwirrte mich, da ich es für sinnvoller hielt einem vierten Erfurt vorzubeugen. Bis ich erkennen musste das Winnenden ein Sonderfall ist. Die ausgestrahlten Wortfetzen klangen dann allerdings als wolle man ein drittes Erfurt verhindern. Denn der Fall Winnenden hat mehr als je zuvor aufgezeigt wie Ohnmächtig wir gegen "das Böse" sind, weil wir es vom Guten nicht unterscheiden können, bloß weil es die selben Uniformen trägt. Die offizielle Version, mit einem Täter als Tim K., welche ja selbst die Menschen in Winnenden geschluckt zu haben scheinen, zeigt auf, dass selbst das Aktionbündnis welches der Gesellschaft ankreidet ignorant zu sein und vergessen zu wollen, diese Tatsachen verdrängt. Wohl weil sie es nicht wahrhaben wollen. Mir kann keiner Erzählen dass die Menschen die direkt von dieser schrecklichen und grauenvollen Tat betroffen waren, nicht von dem Vortrag von Andreas Hauss gehört haben. Denn die offizielle Version ist von vorn bis hinten verwirrend und unschlüssig.

     

    siehe hier: youtube.com/watch?v=gf81pPf5KWA

    oder hier: youtube.com/watch?v=wKWGJA7_N_k

     

    Selbstverständlich wurde so etwas instrumentalisiert, das war nie anders. So titelte die taz am 22.11.2006 "Jetzt laufen Politiker Amok", besser war es nicht zu treffen. Killerspiele, welche von Killerspielern gespielt werden. Einer blutrünstiger und gesellschaftsgefährdender als der andere. Jeder von ihnen eine tickende Zeitbombe, ein Waffennarr und Psychopat. Killerspiele wurden mit Kinderpornos gleichgesetzt, somit Gamer mit Kinderschändern und umfallende Pixelfiguren mit geschändeten Kindern. Eine Beleidigung und Volksverhetzung jagte die Nächste. Unionsnahe Studien beschworen die große Gefahr der Killerspiele, die wirtschaftsnahen Studien konnten keinerlei Einfluss feststellen, von unabhängigen Studien ist mir nichts bekannt.

    Was jedoch auf der Hand liegt, ist klar das Verhältnis zwischen Spielern und verrückten.

    Wie sagt man so schön, 90% aller Terroristen konsumierten innerhalb der 24 Stunden vor ihrem Anschlag Brot.

    Was wirklich bedauerlich ist, was zum Teil auch aus dem Artikel hervor geht, ist, dass die sozialen Kompetenzen heutzutage vielerorts zu wünschen übrig lassen. Ebenso fehlt es massiv an Medienkompetenz, und mir drängt sich die Frage auf, was hat man mit den Eltern falsch gemacht, dass nun unser leistungsorientieres, faschistisches, dreigliedriges Schulsystem Sozial- und Medienkompetenzen vermitteln soll.

     

    Ich weiß, rückblickend betrachtet, zwar auch nicht warum ich der Gesellschaft, welche ich für so ignorant halte, dermaßen viel Zeit und Buchstaben widme. Aber ein einfaches: "Hackt nicht, wie die Beschränkten, auf meinen Computerspielen rum!", hätte meine Meinung dazu wohl etwas verfälscht.

  • TM
    Theo Mattmann

    Hallo Frau Mayer,

     

    das Ihnen seitens der Schützenvereine Steine ind en Weg gelegt wird, war wirklich abzusehen. Das sind Leute, die mit der Waffe ins Bett gehen würden, die sind mit Texanern vergleichbar. In den USA hat sich die Waffenlobby auch nicht grad durch Kooperation mit ähnmlichen Elternbündnissen hervorgetan.

    Die Politker rühren auch diese Vereine nicht an, die wollen ja wiedergewählt werden und viele Bajuwaren frönen dieser Waffentradition. Also keine Chance.

    Das die Politiker und Sie sich dann die "Killerspieler" vornehmenm war auch abzusehen, weil wir keine solch große Lobby haben, aber auch Ihnen sag ichs Ihnen gerne nochmal: Ein Verbot dieser Spiele wird nicht bringen und treffen damit die falschen. Solche Spiele sind nur für Erwachsene und als solcher lasse ich mich von Ihnen nicht bevormunden. Das Problem sind die Eltern, die sich nicht um ihre Kinder kümmern sowie um eine Ellbogengesellschaft, die solch einen Frust bei den Kindern erzeugen kann, und nicht die Spiele.

    Sie können sich gerne an die Diskussionen um bestimmte Bücher vor eingien Jahrhunderten, um Comics und Videofilem aus den 70ern erinnern, da wurden die gleichen Verbote gefordert und Befürchtungen geäussert, ohne das das Ende der welt gekommen wäre.

    Waffen töten, nicht Spiele, also nehmen Sie sich die schützenvereine vor, die Gesetzesänderungen seit Erfurt in diser Hinsicht sind lächerlich, aber wie gesagt, der wähler muss behütet werden.

  • S
    Sigbert

    "Trotzdem lassen wir zu, dass unsere Kinder sich stundenlang damit beschäftigen, wie man andere Menschen umbringt. Und dann erwarten wir, dass es sie überhaupt nicht verändert, nicht betrifft! Das ist eine grenzenlose Gleichgültigkeit und Naivität."

     

    In "Killerspielen" übt man nicht wie man Menschen umbringt, es handelt sich um Spiele. Die sind nicht echt, ich erschieße keinen Menschen sondern die Spielfigur eines Gegners. Genauso gut könnte man auch argumentieren und Monopoly verbieten, weil man da lernt wie man andere Menschen ausnimmt. Was für ein unmenschlicher Zeitvertreib.

     

    Schülern die Amok laufen laufen nicht amok weil sie Computerspiele spielen sondern weil sie mit ihren Problemen nichtmehr klar kommen. Die Kinder werden in der Schule gemobbt, die Lehrer schauen weg weil sie überfordert sind. Es gibt keine Ansprechpartner wenn man Probleme hat oder wenn man mit etwas nicht klar kommt. Mobbing und Prügel erzeugen Angst vor der Schule dazu kommen vielleicht noch Zukunftsängste, Perspektivlosigkeit und diese Ängste schlagen irgendwann in Gewalt um. Daran haben Computerspiele, wenn überhaupt, nur einen geringen Einfluss.

     

    Aber solche Probleme lassen sich leider nicht mit einem einfachen Verbot oder blindem Aktionismus bekämpfen. So wird es auch in Zukunft wieder zu solchen Vorfällen kommen. Die Medien werden wieder den Täter mit ihrer Berichterstattung zum Antihelden stilisieren und ihn damit zum Vorbild für Nachahmer machen.

  • U
    Uzuzap

    anderen Naivität vorwerfen aber selbst alles nur theoretisch wissen...

  • DO
    Daniela Obermeier

    ...in der Klasse meiner Tochter hat vor zwei Jahren ein Schüler einen Amoklauf angedroht. Meine Tochter stand auf seiner "Liste". Glücklicherweise ist nichts passiert...

    Der Umgang von Schule und Polizei mit dem Vorfall: Hausdurchsuchung, Verhöre, Schüler wird der Schule verwiesen...für die betroffene Klasse natürlich eine gute und relativ entspannende Lösung aber für den Jugendlichen selbst? Die Gesellschaft sieht nichts für solche Jugendliche vor, er wird dort entfernt wo er auffällig geworden ist, aber dann?

    Ich wünsche Frau Mayer und dem Aktionsbündnis einen langen Atem und hoffe auf viele Hinschauer, Zuhörer und Mitstreiter bei der Suche nach erfolgversprechenden Veränderungen!

  • TS
    Torben Schmidt

    Ich habe großes Verständnis für den Schmerz einer Mutter, die ihr Kind bei einem schockierenden Gewaltverbrechen verloren hat. Ich verstehe auch, dass dieses Trauma auf- und abgearbeitet werden will und dass ein Mensch in einer solchen Situation nach Erklärungen sucht. Die "Killerspiele" scheinen sich als einfache Erklärung anzubieten und so wendet sich ein Teil der Trauer und Wut gegen ebendiese.

     

    Die andere Seite ist, dass wir in einer freien Gesellschaft leben (sollten) und dass ein Verbot von "gewaltbeherrschten" Spielen eben keine Kleinigkeit, sondern ein massiver Eingriff in die Freiheitsrechte erwachsener Bürger ist. Eine ältere Generation fürchtet und dämonisiert ein neues Medium und unter dem Deckmäntelchen des Jugendschutzes soll der Dämon nun gleich für alle Bürger ausgetrieben werden.

     

    Natürlich gibt es Kinder, die vorm Computer emotional verwahrlosen und die Medien in die Hände bekommen, die nicht für ihre Altersstufe geeignet sind. Tatsächlich verwahrlosen sie aber innerhalb ihres Elternhauses. Es ist ihre Alltagswelt und ihr Umfeld an dem sie zerbrechen, nicht die virtuelle Welt, die ihnen die kurzzeitige Flucht ermöglicht. Das ist die Tragödie und einige wenige dieser bedauernswerten Jugendlichen werden schließlich gewalttätig, während ein Großteil resigniert und eher durch depressive Antriebslosigkeit auffällt.

  • I
    it-arbeiter

    Was haben den Spiele mit dem Amoklauf zu tun?

    "Killerspiel" gibt es nicht - das sind alles nur Pixel.

    Nach ner Vergewaltigung durch einen 50J Mann (hatte da nicht jemand jahrelang seine Tochter im Keller?) ruft niemand nach einem Verbot der Medien die dieser Mann konsumierte (Musikantenstadl? ÖR-Sender). Daher für ein besseres Waffengesetz aber kann den niemand beim Thema Spiele erstmal nachdenken anstelle nach Verboten für Pixel Spiele schreien. (und dem Spiel ist es auch egal ob die Farbe der Pixel grün oder rot ist...)

  • B
    BW-ler

    Schulfach "soziale Kompetenz", finde ich ja interessant vom Ansatz, aber wer soll das Unterrichten?

    Lehrer? Ich habe nach dreizehn Jahren Schule nicht wirklich soziale Kompetenz rückblickend bei meinen Lehrern entdecken können. Wie wollen die dann sowas unterrichten? Sehe ich doch an der Uni mit den ganzen Lehramtsstudenten...5% würde ich meinen Kindern anvertrauen. Die restlichen haben mM den falschen Jobs sich für die Zukunft ausgesucht.....