: Ein Horrorszenario mit ungerechter Rollenverteilung
■ Den größten Klimaschutz-Bremsern drohen laut UN die kleinsten Folgen der Erderwärmung
Berlin (taz) – Aus dem Weißen Haus drang so etwas wie eine Selbstanklage an die Klimapolitik des eigenen Landes. „Wie viele Beweise brauchen wir noch, daß die globale Erwärmung Wirklichkeit ist?“ fragte Vizepräsident Al Gore am Montag: „An welchem Punkt hören wir auf, das zu leugnen?“ Gores klare Worte stehen im Gegensatz zur Mehrheit des US-Kongresses, der regelmäßig die Klimaschutzpläne von Gore und Präsident Bill Clinton ausbremst und die USA zum Blockierer macht. Ungerechterweise wären es ausgerechnet die USA, die eine Erwärmung noch am wenigsten träfe. Nach einem UN-Bericht, der im Juni in Bonn diskutiert wurde, drohen Nordamerika zwar mehr Unwetter und Wirbelstürme. Doch insgesamt würden USA und Kanada weniger unter den Folgen einer fortschreitenden Erwärmung zu leiden haben als andere Länder.
Wenn gleichbleibend viel Treibhausgase wie vor allem Kohlendioxid, Methan und Lachgas ausgestoßen werden und somit verhindern, daß die von der Erdoberfläche reflektierte Wärme die Atmosphäre verlassen kann, prophezeien die UN ein Horrorszenario. Von einer um durchschnittlich rund zwei Grad steigenden Temperatur zum Ende des nächsten Jahrhunderts wären vor allem Afrika, Asien, Arktis und Antarktis betroffen. Durch die Temperaturausdehnung des Wassers und das Schmelzen einiger Gletscher würde der Meeresspiegel im Schnitt um 50 Zentimeter ansteigen. Inseln wie den Bahamas oder den Malediven droht der Untergang. Afrika ist kaum auf die Entwicklungen vorbereitet, eine Erwärmung würde zu noch größeren Dürren führen, die Wüsten würden sich noch mehr ausbreiten. In Asien muß in China, Japan, Sibirien und Korea befürchtet werden, daß Tundra und Wälder verschwinden und Gletscher schmelzen. An Küsten und an Flußdeltas wird es zu häufigeren und schwereren Überschwemmungen kommen. Für Südamerika prophezeien die UN-Experten verheerende Folgen für den Amazonasurwald. Australien und Europa gelten als weniger verwundbar durch steigende Temperaturen. Doch sieht der Bericht für Australien eine Verknappung der Wasserreserven, für Südeuropa zunehmende Trockenheit voraus. Georg Löwisch
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