HEIKE DENZAU, DIE TOTE AM DEICH UND MARSCHFEUER
: Ein Hauch von Kampusch und mach es wie die Piraten

Hier fehlt glücklicherweise – im Gegensatz zu vielen anderen Regionalkrimis – die übertriebene regionale Folklore

Das Marketing mancher Verlage hat dem Regionalkrimi zu einiger Verbreitung verholfen – und zu einem zweifelhaften Ruf. Sind Regionalkrimis wirklich so provinziell? Das will diese Serie in loser Folge ergründen.

Pikste man auf einer Landkarte in jeden norddeutschen Ort, in dem ein Regionalkrimi spielt ein Fähnchen, wimmelte es schnell davon. Nur noch wenig Krimi-freie Orte sind übrig und da kommt schon mal der Gedanke auf, man brauche nun nicht noch mehr Kommissare, die hinterm, am oder auf dem Deich ermitteln.

Aber für Heike Denzaus Kommissarin Lyn Harms markiert man gern noch Itzehoe mit einem Regionalkrimi-Fähnchen. Denn in ihrem ersten Fall „Die Tote am Deich“ ist Harms nach ihrer Scheidung gerade aus Bayern zurück in ihre alte Heimat gekommen und mit ihren beiden Töchtern in ein kleines Häuschen am Friedhof im Elbort Wewelsfleth gezogen. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag bei der Kripo Itzehoe wird am Elbdeich ein totes Mädchen gefunden. Harms und ihr Kollege Hendrik Wolff mit Macho-Attitüde, doch so hübsch und charmant, dass Harms irgendwann nicht mehr widerstehen kann – finden heraus, dass das Mädchen vor zwölf Jahren entführt wurde. Und bald wird klar, dass ihr Entführer wieder auf der Jagd ist.

Gerade wurde Denzaus „Die Tote am Deich“ in der Sparte Debüt für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert. Und da ist sie in guter Gesellschaft: Andrea Maria Schenkel bekam 2007 für ihr Debüt „Tannöd“ den Friedrich-Glauser-Preis, ein Jahr zuvor wurde Leonie Swanns wunderbarer Erstling „Glennkill“ ausgezeichnet. Die Jury begründet ihre Entscheidung mit einem „fehlerfreien Plotdesign und dem gezielt auf den Schluss zulaufenden Spannungsbogen“. Der Kriminalroman sei rundum gelungen und habe seine stärksten Momente „in der mutigen Annäherung an die Figur des fürsorglichen Psychopathen“.

Auch wenn die Geschichte entfernt an die von Natascha Kampusch erinnert, ist Denzaus Debüt gelungen und auch ob der glaubwürdigen Charaktere absolut lesenswert, denn hier fehlt – im Gegensatz zu vielen anderen Regionalkrimis – die übertriebene regionale Folklore und die ellenlange Beschreibungen von wortkargen norddeutschen Pseudo-Originalen, Ebbe und Flut und plattem Land. Man merkt, dass Denzau beschreibt, was sie kennt, denn sie ist in Itzehoe aufgewachsen und lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern wie ihre Kommissarin in Wewelsfleth.

Schön, dass der zweite Lyn-Harms-Krimi schon fertig ist und im März in den Handel kommt. In „Marschfeuer“ zieht ein Brandstifter durch die Schrebergartensiedlung von Wewelsfleth und in einer der ausgebrannten Hütten wird eine völlig verkohlte Leiche gefunden. Gleichzeitig verschwindet der Werftbesitzer Hinrich Jacobsen spurlos auf dem Weg zum Brötchen holen. Die beiden Fälle scheinen zunächst nichts miteinander zu tun zu haben und Harms und ihre Kollegen treten bei ihren Ermittlungen lange auf der Stelle, mühen sich mit polizeilicher Fleißarbeit ab, bis sie die Verbindung zwischen verkohlter Leiche und verschwundenem Werftbesitzer finden.

Denzau ist wieder gelungen, die Spannung bis zum doch recht überraschenden Ende zu halten. Kein Geplänkel stört, keine Ungereimtheit verdirbt den Spaß wie schon im Debüt steht auch in „Marschfeuer“ die Geschichte im Vordergrund und ist nicht bloßes Alibi für Land-und-Leute-Anekdoten aus Norddeutschland.

Gut zu hören, dass Denzau bereits an ihrem dritten Lyn-Harms-Fall arbeitet. ILKA KREUTZTRÄGER

Heike Denzau, Die Tote am Deich, Emons, 240 S., 9,90 Euro und Marschfeuer, Emons, 245 S., 9,90 ab März im Handel.

Heike Denzau liest am 14. März aus ihrem neuen Buch „Marschfeuer“: Buchhandlung Heymann, Feldschmiede 42 in Itzehoe, 19.30 Uhr, Eintritt 7 Euro