: Ein Ergebnis nach Geschmack der Europäer
Das Resultat der Wahlen in Bosnien-Herzegowina gefällt der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Nur der Sieg des serbischen Extremisten Nikola Poplasen bereitet Sorgen ■ Aus Sarajevo Von Erich Rathfelder
Nach der verspäteten Bekanntgabe der Wahlergebnisse vom 12. und 13. September in Bosnien- Herzegowina richtete sich das Augenmerk der internationalen Gemeinschaft jetzt auf die Wahl des serbischen Extremisten und Vorsitzenden der Radikalen Partei, Nikola Poplasen, zum Präsidenten der Republika Srpska. Mit den sonstigen Wahlergebnissen sind die Politiker in Washington und den europäischen Hauptstädten dagegen zufrieden. Die Umsetzung des Abkommens von Dayton habe weiterhin Priorität, heißt es von dort.
Die rund 2,7 Millionen Wähler waren aufgerufen, über die Zusammensetzung des dreiköpfigen Staatspräsidiums, des Gesamtparlaments und der Parlamente der beiden sogenannten Entitäten, der bosniakisch-kroatischen Föderation wie auch der Reublika Srpska, abzustimmen. Angesichts des komplizierten Verfassungsgefüges kommt den Wahlen zu allen Körperschaften große Bedeutung zu.
In das dreiköpfige Staatspräsidium, in dem jede der konstituierenden Nationen – Serben, Bosniaken und Kroaten – je einen Vertreter stellen kann, wurde mit dem bosniakischen Vertreter Alija Izetbegović lediglich ein bekannter Politiker entsandt. Izetbegović erhielt mit über 511.000 Stimmen großen Zuspruch in der bosniakischen Bevölkerung. Die serbische Bevölkerung wählte überraschend den Sozialisten und Milošević-Freund Zivko Radisić mit 358.000 Stimmen zu ihrem Vertreter und besiegte damit den bisherigen Amtsinhaber, den Nationalisten Momcilo Krajisnik. Dritter im Bunde wurde der Vorsitzende der kroatischen Nationalpartei HDZ, Ante Jelavić, mit 189.000 Stimmen. Überraschend wurde der Sozialdemokrat Vladimir Gojer mit rund 113.000 Stimmen Zweiter bei den Kroaten, während das frühere kroatische Präsidiumsmitglied Kresimir Zubak auf Platz drei landete. Aufgrund des in der Verfassung verankerten Rotationsprinzips übernimmt zunächst der Serbenvertreter Radisić für ein halbes Jahr den Vorsitz über dieses Gremium und damit den Titel des Staatspräsidenten.
Für das Gesamtparlament ist die Sitzverteilung noch unklar. Sicher ist jedoch, daß die Parteienkoalition „Koalicija“ mit der sie tragenden bosniakischen Nationalpartei SDA stärkste Kraft wird. Sie errang in der Föderation 47 Prozent und in der Republika Srpska 16 Prozent der Stimmen. Sie liegt bei den ablsoluten Stimmen weit vor den serbischen Reformkräften und serbischen und kroatischen Nationalisten. Einen Achtungserfolg verbuchte die nichtnationalistische SDP mit knapp 15 Prozent der Stimmen in der Föderation.
Bei den Wahlen für das Parlament der Republika Srpska setzten sich im Gegensatz zu den Präsidentschaftswahlen für die Republika Srpska die Reformkräfte durch, die insgesamt vier Sitze dazugewannen und zusammen mit „Koalicija“ eine neue Regierung bilden können. In der bosniakisch- kroatischen Föderation hingegen liegt die „Koalicija“ mit 49 Prozent vor der HDZ, knapp 20 Prozent und der SDP, knapp 14 Prozent, vorn. Vor allem in den Städten konnte die sozialdemokratische SDP Stimmen gewinnen (Sarajevo 21, Zenica 21, in Tuzla gewann der Sozialdemokrat und bisherige Bürgermeister Selim Beslagić 54 Prozent der Stimmen), sie konnte jedoch die „Koalicija“ anderswo nicht in Gefahr bringen.
Im ganzen sei der demokratische Prozeß gestärkt worden, wertet die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die die Wahlen organisiert hat. Kritik an der langanhaltenden Auszählung der Stimmen wurde zurückgewiesen, die Wahlen seien regulär verlaufen, gerade weil die Organisation sorgfältig vorgegangen sei.
Westliche Beobachter bedauerten die Wahl von Nikola Poplasen zum Präsidenten der Republika Srpska. Angesichts der Gesamttendenz des Wahlergebnisses sei diese jedoch nicht von entscheidender Bedeutung. Das Abkommen von Dayton könne weiterhin durchgesetzt werden.
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