: Ein Denkmal — aber für wen?
■ Bundesinnenminister und Berliner Kultursenator befürworten Holocaust-Mahnmal/ Der alte Streit, wem gedacht werden soll, ist damit jedoch immer noch nicht entschieden
Mitte. Mit einem Denkmal in der Nähe des »Führerbunkers« soll an die Opfer des Holocaust erinnert werden. Grünes Licht für die Errichtung eines zentralen deutschen Gedenkortes hat am Montag der Kultursenator Ulrich Roloff-Momin (parteilos) im Kulturausschuß und am Dienstag abend Bundesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) in einem Gespräch mit der Initiatorin des Projekts, Lea Rosh, signalisiert. Das Mahnmal soll auf dem Gelände der früheren »Reichskanzlei« zwischen Voß- und Ebertstraße gebaut werden. In einem Gebiet also, das die Bundesregierung als Bauland für Ländervertretungen beansprucht. Und damit ist alles weitere unklar. Denn für dieses Gelände soll vom Bund womöglich schon im April ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben werden. Doch Bundesfinanzministerium und Oberfinanzdirektion wußten auf Anfrage der taz von nichts. Und das, obwohl die Senatsverwaltung für Kultur seit Monaten ergebnislos in Bonn auf die Klärung der Grundstücks-, Trägerschafts- und Finanzierungsfrage für diese »Bundesangelegenheit« drängt.
Ebensowenig geklärt ist der Streit, an welche Opfer die zukünftige Gedenkstätte erinnern soll. Nur an die Juden, wie es der »Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas« um Lea Rosh fordert, oder an alle Opfer des Rassenwahns, wie es der Zentralrat der Sinti und Roma anmahnt. Die Fronten zwischen diesen Gruppen sind verhärteter denn je. Der Förderkreis argumentiert, daß der Antisemitismus das Kernstück des Nationalsozialismus gewesen sei. Und: »Jedes Denkmal wird sinnlos, wenn es pauschal ist.« In den drei Jahren hat er 150.000 Mark und 10.000 Unterschriften von Willy Brandt über Edzard Reuter bis Christa Wolf für die Verwirklichung des Memorials gesammelt. Das Dokumentations- und Kulturzentrum der Sinti und Roma in Mannheim wirft dem Förderkreis dagegen »Ausgrenzung« und eine »Hierarchisierung von Opfergruppen« vor. 500.000 »Zigeuner« seien nur ihrer »Rasse« wegen ermordet worden.
In diesen Streit will der Kultursenator offenbar nicht eingreifen. Die Frage, an wen das Memorial erinnern soll, möchte er erst nach einem »künstlerischen Wettbewerb« entscheiden; Roloff-Momin schwebt dabei eine »allgemeine Ausschreibung« vor. Der Förderverein hingegen favorisiert eine »gezielte«: Die Pläne des Leiters der Basler Kunsthalle, Harry Szemann, seien zu berücksichtigen. Danach soll ein Gebäudekomplex in Form eines Judensterns errichtet werden. Weil die Nazis die Juden aus 17 Ländern ermordeten, sollten in 17 Räumen exemplarische Einzelschicksale aus diesen Nationen dokumentiert werden. aku/usche
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen