piwik no script img

Eilantrag gescheitertAuch Alice muss Daten speichern

Hansenet scheitert mit einem Eil-Antrag gegen Vorratsdatenspeicherung beim Verwaltungsgericht Köln. Jetzt muss das Telekom-Unternehmen die Verbindungen seiner Kunden aufzeichnen.

Überwacht ungewollt die eigenen Kunden: Telekom-Unternehmen Hansenet. Bild: dpa

FREIBURG taz | Das Hamburger Telekom-Unternehmen Hansenet (Markenname "Alice") muss bei der Vorratsdatenspeicherung mitmachen. Ein Antrag auf Eilrechtsschutz wurde jetzt vom Verwaltungsgericht Köln abgelehnt. Hansenet kann aber noch Berufung einlegen.

Die Vorratsdatenspeicherung wurde in Deutschland von der großen Koalition 2008 eingeführt - auf Vorgabe der EU. Seitdem wird sechs Monate lang gespeichert, wer mit wem wie lange telefoniert hat. Auch die Standortdaten von Mobiltelefonen werden festgehalten. Seit Anfang 2009 wird zudem registriert, wer sich wann ins Internet eingeloggt hat und wer wem gemailt hat. Inhalte werden dabei nicht erfasst. Die Daten werden bei den Telefon- und Internetfirmen gespeichert. Die Polizei kann nur im Verdachtsfall darauf zugreifen.

Gegen das Gesetz haben rund 34.000 Bürger Verfassungsbeschwerde eingereicht. Per Eilbeschluss hat das Verfassungsgericht daraufhin im März 2008 angeordnet, dass die Vorratsdaten von der Polizei bis zur endgültigen Entscheidung nur zur Aufklärung schwerer Straftaten benutzt werden dürfen.

Auch viele Telekomfirmen sind gegen die Vorratsdatenspeicherung, weil sie ihnen hohe Kosten für Hard- und Software verursacht. Der Staat zahlt nur für einzelne Auskünfte eine Entschädigung, nicht aber für die Investitionskosten. Dies benachteiligt Firmen, bei denen die Polizei selten oder nie nach den gespeicherten Daten fragt.

Einige Firmen wie die British Telecom hatten deshalb beim Verwaltungsgericht Berlin Eilrechtsschutz gegen das Gesetz beantragt und auch erhalten. Sie müssen deshalb keine Vorratsdatenspeicherung durchführen. Bei Hansenet war das Berliner Gericht aber zu langsam. Hier hatte schon die Bundesnetzagentur in Bonn das Verfahren an sich gezogen. Die Netzagentur ist die Aufsichtsbehörde und forderte Hansenet auf, seine gesetzlichen Pflichten zu erfüllen. Zuständig für Klagen gegen die Netzagentur ist das Verwaltungsgericht Köln.

Im ersten Anlauf hatte Hansenet im Mai mit seiner Klage Erfolg, allerdings nur aus formalen Gründen. Einer erneuten Verfügung der Netzagentur muss Hansenet jetzt aber folgen, urteilten die Kölner Verwaltungsrichter.

Das öffentliche Interesse an effektiver Gefahrenabwehr und Strafverfolgung überwiege die Interessen der Firma, Kosten zu sparen. Auch das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Eilbeschluss die Speicherung der Daten nicht ausgesetzt, sondern nur deren Verwendung eingeschränkt. (Az.: 21 K 1107/09)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • I
    ich

    ich sehe das genauso wie drac.

    und da wundern sich manche, warum immer mehr leute mit der demokratie in unserem lande unzufrieden sind...

     

    echt, ich bekomm da richtig wut!

    ich würd die abeordneten mal richtig eine in die fre..e haun' - das mal wieder aufwachen - aus ihrem überwachungswahn!

  • D
    drac

    Einfach nur eine Schweinerei, was hier gemacht, wird. Alle Einwohner Deutschlands unter Generalverdacht stellen, ich hätte nie gedacht das es soweit kommen würde. Und dann auch noch EMail, Instant Messenger, Festnetz, Handy, Internet überwachen, daß ist der richtige Weg zum kompletten Überwachungsstaat, da wird man nicht mehr in Ruhe und unbeobachtet, ungehört einen fahren lassen können ohne daß es irgendeiner nicht auf Vorrat aufgezeichnet hat. Da scheint jemand ja richtig neugierig zu sein. Und natürlich wird das auch bestimmt nichts bringen um irgendwelchen Terror von irgendwelchen Terroristen zu verhindern, aber anstattdessen verhält sich der Staat selbst wie ein Terrorist und übt mit dieser Spionage selbst Terror auf seine Einwohner aus. Das ist nur der Anfang, in ein paar Jahren wird jeder cm³ in good old Germany überwacht mit Video und Ton und dann wird sich niemand mehr natürlich verhalten, sondern alle mit einer berechtigten Paranoia rumlaufen. Fortschritt ist nicht immer Fortschritt, in diesem Fall ist es ein Rückschritt für die Freiheit und Menschlichkeit.