: Eigenblutspende sollte Routine werden
■ Kein Infektionsrisiko, aber zusätzlicher Aufwand für Krankenhäuser und schlechtere Geschäfte für Bluthändler
Berlin (taz) – Ein Gutes hat der Aids-Blut-Skandal. Er dürfte einem Verfahren zum Durchbruch verhelfen, das ein Infektionsrisiko für PatientInnen völlig ausschließt, bislang aber von den Krankenhäusern noch nicht in großem Rahmen durchgeführt wird: der Eigenblutspende. PatientInnen können vor planbaren Operationen, bei denen eine Bluttransfusion absehbar ist, für sich selbst Blut spenden. Dies gilt zum Beispiel für Hüftoperationen.
Diese Methode, die zudem den Vorteil bietet, daß Eigenblut für den Körper im Vergleich zu Fremdblut weniger „Streß“ verursacht, ist bislang aus zwei Gründen wenig zum Zuge gekommen. Zum einen entsteht den Krankenhäusern ein etwas größerer Aufwand bei der Organisation, zum anderen steht sie den Interessen der Pharmaunternehmen entgegen, die mit Blut Geld verdienen.
Doch der öffentliche Druck, der durch den Aids-Blut-Skandal entstanden ist, könnte nun dafür sorgen, daß die Eigenblutspende zum Routineverfahren wird. Dies fordert jedenfalls die Berliner Ärztekammer.
Allerdings kommt die Eigenblutspende nicht für alle PatientInnen in Frage. Wer an Leukämie erkrankt ist oder wer durch eine Infektion geschwächt ist, sollte davon absehen. Grundsätzlich hängt die Möglichkeit einer Eigenblutspende davon ab, ob ausreichend rote Blutkörperchen vorhanden sind. Dies läßt sich durch eine kleine Blutprobe feststellen.
PatientInnen, die an schweren Durchblutungsstörungen des Herzmuskels oder des Gehirns leiden, sollten aus einem anderen Grund auf die Eigenblutspende verzichten. Für sie könnte der vorübergehende Blutdruckabfall, der mit einer Blutspende verbunden ist und den Gesunde in der Regel ohne Probleme verkraften, gefährlich werden. Insgesamt wird etwa ein halber Liter Blut entnommen. „Wichtig ist, daß der Patient keine Angst vor einer Eigenblutspende hat“, schreibt die Berliner Ärztekammer. Denn der Blutdruckabfall wird auch von der psychischen Reaktion des Patienten beeinflußt.
Bei einer normalen Schwangerschaft gibt es keine Einschränkungen für eine Eigenblutspende. Wer jedoch zu vorzeitigen Wehen neigt, sollte darauf verzichten.
Wer eine Eigenblutspende in Betracht zieht, sollte diesen Wunsch gegenüber seinem Hausarzt oder dem Krankenhausarzt äußern und sich beraten lassen. Stellt sich bei der Voranmeldung zur Operation heraus, daß das gewählte Krankenhaus keine Eigenblutspende durchführt, sollte der Patient darauf bestehen und sich gegebenenfalls ein anderes Krankenhaus suchen. Wegen der geringen Haltbarkeitsdauer von Blut sollte eine Eigenblutspende nicht früher als zwei bis drei Wochen vor der Operation erfolgen. Sie ist aber auch noch zwei bis drei Tage vor der Operation möglich, unter Umständen sogar noch am Vortag des Eingriffs.
Wie sagte doch der Präsident der Berliner Ärztekammer, Ellis Huber: „Ich bin davon überzeugt, wir kommen aus dieser Krise mit einem besseren Gesundheitswesen heraus.“ win
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