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Eifrig in die eigene Tasche entsorgt

■ Sondermüllgesellschaft-Betrüger in Koblenz vor Gericht

Koblenz (AP) – Vor dem Landgericht Koblenz hat gestern der Prozeß um die rheinland-pfälzische Gesellschaft zur Beseitigung von Sonderabfällen (GBS) begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den fünf Angeklagten Betrug, Untreue und Erpressung zum Nachteil des halbstaatlichen Unternehmens vor. Die GBS soll um rund 30 Mio. Mark geschädigt worden sein.

Die Last der Beweismittel erscheint schier erdrückend: Für den Prozeß haben die Ermittler rund 6.000 Aktenordner herangeschafft. Auf der Anklagebank werden der langjährige GBS-Geschäftsführer Ehresmann sowie die Unternehmer Muammer Akkoyun, Hans-Günter Görlitz und Baldur Oebel Platz nehmen. Sie sollen in den 80er Jahren ein undurchsichtiges Firmengeflecht aufgebaut haben, um die Sondermüllgesellschaft zu betrügen.

Wie die Anklagebehörde ausführt, hat der unter dem Dach einer Frankfurter Briefkastenfirma zusammengefaßte Unternehmenskomplex von der Sondermüllgesellschaft zwischen 1985 und 1992 Aufträge bekommen und dafür überhöhte Rechnungen geschrieben. Bei der Sanierung der landesweit einzigen Sondermülldeponie im pfälzischen Gerolsheim sowie bei der Entsorgung von Sonderabfällen sollen die Beschuldigten abkassiert haben. Zum Teil seien Leistungen, die gar nicht erbracht wurden, abgerechnet worden.

Fünfter Angeklagter ist der Geschäftsführer mehrerer Firmen aus der Unternehmensgruppe Willersinn im pfälzischen Frankenthal, Gerhard Schoder. Ihm werfen die Ermittler neben Betrug bei der Ausschreibung von Aufträgen und dem Schreiben überhöhter Rechnungen zudem Erpressung vor. So soll der Geschäftsführer 1989 die Sondermüllgesellschaft zur Zahlung von acht Mio. Mark gezwungen haben. Schoder habe gedroht, 50.000 Tonnen Hausmüll, die unberechtigt auf dem Gelände der Sondermülldeponie Gerolsheim lagerten, nicht auf die zur Willersinn-Gruppe gehörende Hausmülldeponie Heßheim zu übernehmen. Damit habe die Schließung der Sondermülldeponie und auch das Ende der GBS gedroht.

Die Geschäfte der GBS hatten im Land Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre immer wieder für Wirbel gesorgt. Die Verschuldung des ursprünglich mit 750.000 Mark Eigenkapital ausgestatteten Unternehmens kletterte bis 1990 nach Angaben des Mainzer Umweltministeriums auf 37,5 Millionen. Nur durch mehrere Landesbürgschaften konnte der Konkurs der GBS abgewendet werden.

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