: Eichbergs Erbe
Berlin (taz) – Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es nur ein Ziel für Günter Eichberg: „Die Silberschale muß nach Schalke.“ So sprach's der Noch-Präsident noch auf der Jahres-Hauptversammlung von Schalke 04 Ende 1992. Doch seinem Rücktritt Anfang letzter Woche aus geschäftlichen Gründen, die ihm keine Zeit mehr für den Verein ließen, folgt nun wohl die Aufdeckung der tatsächlichen „geschäftlichen Gründe“. Im heute erscheinenden Spiegel wird behauptet, der 46jährige hätte „insgesamt knapp 100 Millionen Mark Miese aufgetürmt“. Zusätzlich soll der Besitzer von sieben Privatkliniken (Spezilität: Venenbehandlungen, „zu deutsch: Krampfadern“, so Eichberg) einen Schiedsrichter und einen Prüfer seiner Kliniken bestochen, Steuerbetrug versucht und seine Kreditvolumen unlauter erweitert haben. So soll Eichberg zum Beispiel Schalker Spieler mehreren Banken gleichzeitig als Sicherheit für Kredite angeboten haben.
Immerhin der Vorwurf der Schiedsrichterbestechung scheint unbegründet zu sein. Manfred Neuner, dem zu seinem 100. Spiel von Schalke ein Jagdgewehr verehrt worden war, reduzierte den Wert von angeblichen 30.000 Mark auf 3.000 und erklärte, solche Geschenke seien bei Jubiläen üblich und dieses außerdem beim DFB angemeldet gewesen.
Eichberg war erst kürzlich nach einer flammenden Rede in seinem Amt bestätigt worden, vor allem weil er – so schien es – den Verein in den letzten vier Jahren finanziell und sportlich konsolidiert hatte. Die vorgelegten Zahlen waren wohl gefälscht und aus dem Versprechen, notfalls einfach die Kliniken zu verkaufen, „dann bin ich wieder flüssig“, wird bei den Massen von Gläubigern wohl auch nichts. Glaubt man dem Spiegel, ist der FC Schalke 04 kaum noch vom Zwangsabstieg und dem Durchmarsch ins Amateurlager zu retten, denn so gut wie alle zu erwartenden Einnahmen bis zum Ende der Saison sollen bereits vorab verpfändet sein.
Eichberg hat sich nach Übersee verzogen. Im Moment befindet er sich in Florida in einer seiner Immobilien, hinter der die Banken auf der Suche nach ihrem Geld her sind. Sat.1 erreichte ihn zwar telefonisch, aber der Flüchtige wollte erst mal „eine Nacht drüber schlafen“.
Die düpierten Rest-Verantwortlichen des Vereins hielten sich vorerst noch bedeckt. Ex-Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann wollte als Vorsitzender des Verwaltungsrates von Schalke solange keine Stellungnahme abgeben, bis „die Tatsachen auf dem Tisch liegen“. Das kann bei den verzwickten Eichbergschen Firmenverbindungen aber noch länger dauern. Vielleicht bis die Silberschale tatsächlich mal wieder nach Gelsenkirchen geht.to
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