Standbild: Ehrenworte ohne Verfallsdatum
■ Wilder Reiter GmbH
Wilder Reiter GmbH, Mittwoch, Nordkette, 21 Uhr Nach kurzen Augenblicken des Wunderns über die Skurrilität der sechziger Jahre, die Autos, Kleidung, findet man sich in der Gesellschaft sofort wieder zurecht. Die Wilde Reiter GmbH ist ein Film ohne Verfallsdatum aus dem Urschlamm der kapitalistischen bundesrepublikanischen Sklavenhaltergesellschaft. Sie sind alle vorhanden, die Klischees, auf denen unsere Bananenrepublik aufgebaut ist. Intrigante, machtgeile Geschäftemacher, die begriffen haben, daß man sich medienwirksam ins Gespräch bringen muß.
Herbert Fux, der Darsteller des genialen Vorreiters der publizitätsträchtigen Vermarktungsstrategien führt seine Crew nicht nur durch sämtliche damaligen Tabuzonen kirchlicher Moral, Geschäftemacherei in Puffs, Mord und Totschlag unter besonderer Berücksichtigung der Totschweigementalität mittels Ehrenwort. Für jedes Klischee findet sich auch die richtige Erklärung: Eine Prostituierte erklärt, wie sie durch ein Erdnußbutterbrot zu ihrem Beruf kam. Es mag damals Satire genannt worden sein, die Übertreibung des unbedarften, idiotischen Public-Relations -Managers aus einer Kleinstadt, der ausgerechnet in München an diesen Wilden Reiter gerät. Es scheint hanebüchen, die Aneinanderreihung der Klischees von Saufkumpanei, Sprüchemacherei und der Demonstration vom Fangen eines Eierdiebes anstatt des Totschlägers ist realistisch wie die Wirklichkeit.
Wilder Reiter GmbH gehört in die Kategorie von Filmen, die die Mentalität einer Zeit widerspiegeln, ohne an Unterhaltungswert zu verlieren, so kennt man es von frühen James-Bond-Filmen. Sie erzählen eine Geschichte, der man bedingungslos folgen kann, weil sie mit filmischer Dramaturgie den Zuschauer an der Nase herumführt, er zeigt zwischenmenschliche Beziehungen, die aufgebaut sind auf Dummheit, Eigennutz und Selbstdarstellung aus Gewinnstreben. Man kann darüber lachen und weinen, man kann die Nase rümpfen oder den Kopf schütteln, und wird zum Schluß mit einer Pointe überrascht, die zeigt, daß der oder das Böse auf jeden Fall überlebt, wenn auch frisch rasiert. Im modernen Automobil, das damals noch ein Jaguar E war. Wir können unserer Wilden Reiter GmbH nicht entkommen.
Qpferdach
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