Ehrensenf: Senf als Sprungbrett
Am Freitag hat Katrin Bauerfeind zum letzten Mal "Ehrensenf" moderiert. Sie wechselt vom Internet ins Fernsehen. Und was wird aus "Ehrensenf"?
![](https://taz.de/picture/424011/14/ehrensenf.jpg)
Am Freitag war es so weit: Nach zwei Wochen Betriebsausflug nach Kanada, den ihr die Produzenten zum Abschied geschenkt hatten, sagte Katrin Bauerfeind ein letztes Mal: "Das war Ehrensenf. Ich bin Katrin. Tschüss." In dieser Woche wird wohl eine der zahlreichen Vertretungen die populäre Internet-Fernsehsendung moderieren. Am 2. Juli wollen die Produzenten verraten, wer Bauerfeind nachfolgt.
In der Sendung vom 11. Mai hatte sie ihren Ausstieg beiläufig bekannt gegeben - nachdem sie allerlei nutzlose Muttertagsgeschenke vorgestellt hatte wie Bienenwachsvasen und Mundexpander gegen Falten. Sie wolle "kurz vor Tony Blair" abdanken, sagte sie. Nach ihrer immer gleichen Verabschiedung fragte sie in die Kulisse: Ja, wie solls jetzt weitergehen - ohne den Blair?"
Blair beiseite: Um Bauerfeind muss man sich keine Sorgen machen. Zwar reagiert ihr Manager Ralf Helle, der auch Charlotte Roche vertritt, einsilbig auf die Frage nach der beruflichen Zukunft der 24-Jährigen, versichert jedoch: "Momentan laufen konkrete Gespräche."
Zu Weihnachten hatte Bauerfeind, die mittlerweile ihr Technikjournalismus-Studium abgeschlossen hat, im taz-Interview gesagt: "Ich plane noch kein Ende, glaube aber, dass es wirklich wichtig ist, 'Ehrensenf' nur so lange zu machen, wie ich Spaß daran habe."
Ausschlaggebend für ihren Ausstieg ist jedoch letztlich wohl kaum mangelnder Spaß gewesen, sondern Bauerfeinds Ehrgeiz, den sie im taz-Interview hinter einer Überdosis Gelassenheit zu verstecken versuchte. Durch den Grimme-Online-Preis und diverse Gastmoderationen, unter anderem beim 3Sat-"Berlinale Journal", ist ihr Selbstbewusstsein gestiegen - und ihr Marktwert: Bauerfeind ist zu groß geworden für das kleine Bildschirmfenster, aus dem heraus sie uns bislang fünf Tage die Woche skurrile Fundstücke aus dem Internet vorstellte.
Dass sie das große Fenster, den Fernsehbildschirm, auch über längere Strecken auszufüllen vermag, muss sie allerdings erst noch beweisen. Denn "Ehrensenf" lebt von seiner Kürze und den originellen Moderationen - die allerdings nicht Bauerfeind schreibt, sondern die Produzenten Carola Haase-Sayer und Rainer Bender. Katrin Bauerfeind ist das Gesicht von Ehrensenf - das ist ihr Glück, für die Produzenten jedoch könnte es zum Problem werden - was diese weit von sich weisen. "Nein", ist Rainer Benders kategorische Antwort auf die Frage, ob das Projekt "Ehrensenf" durch den Weggang von Katrin Bauerfeind gefährdet ist. Um dies jedoch mit Sicherheit ausschließen zu können, müsste Bender jetzt schon wissen, dass die User das laut Website derzeit noch gesuchte "Moderationstalent (m/w) mit Sinn für Humor und Überstunden" genauso ins Herz schließen werden wie Bauerfeind. Abzuwarten bleibt auch, ob das Konzept nach eineinhalb Jahren nicht allmählich ausgereizt ist.
Kürzlich ist das Taschenbuch "Die täuschend unechte eckige Erde" erschienen, das trotz des neunmonatigen Vorlaufs wie ein weiteres Abschiedsgeschenk wirkt. Der Titel klingt nach Sarah Kuttner, auf dem Cover posiert jedoch Bauerfeind, die das Buch "präsentiert" - was auch immer das heißen mag. Sie hat davon keine Zeile geschrieben.
Wer darin "Das Beste aus 'Ehrensenf'" erwartet, wie es der Untertitel verspricht, wird jedoch enttäuscht sein über die fade Zweitverwertung der Zweitverwertungsshow. Es fehlt Bauerfeind, es fehlen die Links zum Anklicken, es fehlt eigentlich alles. "Das Beste aus 'Ehrensenf'" ist leblos und leer, weil das Beste an "Ehrensenf" in kein Buch der Welt passt. Das Beste an "Ehrensenf" ist und bleibt: das Internet.
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