Ehrenamtliches Engagement: Robinson allein zu Haus
Spielplätze, um die sich Elternvereine kümmern, sind besonders beliebt. Weil sie sauber sind und Spielzeug da ist. Doch kümmern will sich kaum jemand mehr.
Wer ist eigentlich der Mann, der den Robinson-Spielplatz, einen der bekanntesten und beliebtesten Spielplätze Bremens gegenüber des Goethe-Theaters, sauber hält? Den Asphalt fegt, die Sandkiste von Blättern und Dreck befreit, Mülleimer leert, Spielzeug ausgibt, Wickel- und Toilettenraum putzt und im Gebüsch nachsieht, ob dort jemand einen Haufen hinterlassen hat? Und diesen dann auch weg macht? "Ein Angestellter der Stadt", vermutet eine Mutter, deren Sohn im Sand buddelt. "Nee, das ist ein Opa, der sich mit einer Gruppe um den Spielplatz kümmert", glaubt eine andere.
Sie liegen beide falsch. Franz Schnelles Enkel sind längst erwachsen und außer ihm gibt es niemanden mehr, der sich um den "Robi" kümmert. Bis letztes Jahr, als der Spielplatz sein 40-jähriges Bestehen feierte, hat seine Frau Helga den Robi ehrenamtlich betreut, aber nach 25 Jahren hatte sie keine Lust mehr. Immer wieder, sagt die 74-Jährige, habe sie Mütter angesprochen, ob sie nicht ein paar Dienste übernehmen wollten. "Viele verbringen ja eh den ganzen Tag hier", sagt sie. Doch spätestens, wenn die Angesprochenen hörten, dass es nur eine Aufwandsentschädigung von fünf Euro pro Vor- oder Nachmittag gibt, hätten sie abgewunken. "Die wollen ihre Ruhe", sagt Schnelle.
Der Robinson ist kein Einzelfall, bestätigt Wolfgang Bulling vom Amt für Soziale Dienste. "Es ist schwierig geworden, Leute zu finden, die sich langfristig und kontinuierlich an eine solche Aufgabe binden", sagt er. Seit 15 Jahren berät Bulling Elterninitiativen, die öffentliche Spielplätze unter ihre Fittiche nehmen und für den Unterhalt der Anlage 2.000 bis 4.000 Euro bekommen können. Etwa zwölf solcher Initiativen gebe es in seinem Bereich - Mitte, Findorff, östliche Vorstadt und Walle - noch. Zwar habe noch niemand wie in anderen Stadtteilen ganz aufgegeben, aber für die meisten werde es zunehmend eine "Quälerei". Vor allem dann, wenn die eigenen Kinder für Spielplätze zu alt seien.
Ähnliches berichtet Jürgen Brodbeck vom Verein Spiellandschaftstadt, der Familien unterstützt, wenn diese in der Nähe ihres Wohnortes einen Grünstreifen oder eine Brache für Kinder nutzbar machen wollen. Oder wenn MieterInnen ihr Recht auf eine Spielfläche durchsetzen wollen: Seit 1973 müssen Eigentümer ab drei Wohnungen eine solche zur Verfügung stellen. Manchmal würden diese zum Teil hart erkämpften Spielplätze aufgegeben, weil der Generationenwechsel nicht glücke, so Brodbeck. Das könne daran liegen, dass die Ansprüche, die Schule und Kindergarten heute an Eltern stellen, gestiegen seien und damit Zeit und Energie für anderes fehlen. "Ich merke das selbst als Vater."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid