Ehezulage in Ostdeutschland: Thüringer können doch nicht abkindern
Die Pläne von Thüringens CDU für Familienkredite nach DDR-Vorbild liegen auf Eis. Die Partei hat die Hartz-IV-Verrechnungspflicht übersehen.
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DRESDEN taz Nein, das geplante Familiendarlehen in Thüringen sei noch nicht beerdigt, widerspricht Thomas Schulz, Sprecher des Sozialministeriums in Erfurt. Klar ist aber auch, dass es bis zur Landtagswahl in Thüringen am 30. August 2009, auf die das Ministerium eigentlich schielte, nicht mehr eingeführt werden kann. "Wir sind nicht mehr Herr des Verfahrens", sagt Schulz und verweist auf eine im August eingereichte Bundesratsinitiative Thüringens. Darin geht es um die Verrechnungspflicht zusätzlicher Einkünfte mit Sozialleistungen. Nach gegenwärtigem Stand liefe das Familiendarlehen gerade für die eigentlich bedürftigen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen auf ein Nullsummenspiel hinaus.
Ursprünglich wollte die CDU-Alleinregierung in Thüringen das Familiendarlehen schon zum 1. Juli 2008 einführen. Im Landeshaushalt sind für das kommende Jahr 3,5 Millionen Euro eingestellt worden. Das Familiendarlehen erinnert stark an den sogenannten Ehekredit in der DDR, der jungen Paaren die Familiengründung erleichterte. Eltern sollten bei der Geburt des ersten Kindes einen zinsverbilligten Kredit von 5.000 Euro erhalten, dessen Tilgung bei einer zehnjährigen Laufzeit erst nach fünf Jahren beginnen müsste. Entscheidend aber wäre wie in der DDR die Möglichkeit des "Abkinderns" gewesen. Von der Rückzahlungssumme sollten beim ersten Kind 1.000 Euro, bei weiteren Kindern je 1.500 Euro erlassen werden.
Das Familiendarlehen ist Teil der sogenannten Familienoffensive, mit der die Thüringer CDU ihr sozialpolitisches Profil schärfen wollte. Eine Bonitätsprüfung durch die beauftragte Bank hätte sehr arme Familien aber von vornherein von der Förderung ausgeschlossen. Diese sollten mit einer einmaligen Zahlung von 500 Euro bei Geburt eines Kindes bedacht werden. Die Linke im Landtag hatte jedoch schon vor einem Jahr auf den Pferdefuß der Anrechnungspflicht solcher Einkünfte nach den Hartz-IV-Regelungen hingewiesen, den die Landesregierung offenbar übersehen hatte. Mit einer Bundesratsinitiative hat diese daraufhin eine Korrektur der Bundesgesetze versucht. "Wir können Eltern nicht in die eine Tasche etwas auszahlen, was ihnen aus der anderen wieder weggenommen wird", sagt Ministeriumssprecher Schulz.
Doch eine Korrektur der Verrechnungspflichten hätte weitreichende Folgen - denn dann müssten Hartz-IV-Familien etwa auch von einer Erhöhung des Kindergeldes profitieren. Eine Mehrheit für familienfördernde Ausnahmen von der Anrechnungspflicht ist aber nicht in Sicht. Derzeit wird im Bundesrat nicht einmal über das Thema diskutiert. Weshalb man im Thüringer Sozialministerium auf eine nicht näher beschriebene Änderungen der Mehrheitsverhältnisse im Superwahljahr 2009 hofft, um nicht länger "ausgebremst" zu werden.
Die Thüringer Linke, die sich auf dem besten Weg zu einem Wahlsieg im kommenden August sieht, reibt sich bereits die Hände. "Ein weiteres Fundament der Thüringer Familienoffensive ist wie ein Kartenhaus zusammengebrochen", kommentierte Sozialpolitiker Jörg Kubitzki.
Doch die Thüringer CDU ist entschlossen, auf diesem Feld weiter zu punkten. Der Auszahlungsbeginn des Landeserziehungsgeldes soll um ein Jahr auf den ersten Geburtstag vorverlegt werden. Und: Für sozial Schwache wird eine landesweite Kinder-Card eingeführt, die den Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen erleichtert.
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