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Ehec-Erreger auf Sprossen nachgewiesenGurke, Salat, Tomate freigesprochen

Erstmals wurde der Erreger auf Sprossen aus einem niedersächsischen Biobetrieb gefunden. Die Bundesbehörden warnen.

Keim des Übels: Zum ersten Mal wurde der Ehec-Erreger auf Sprossen nachgewiesen. Bild: dapd

Die Menschen in Deutschland können den Behörden zufolge trotz der Ehec-Welle wieder unbesorgt rohe Tomaten, Blattsalate und Gurken essen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zog am Freitag seinen Verzehrhinweis zurück, den es vor zwei Wochen wegen des aktuellen Darmkeim-Ausbruchs gegeben hatte. Sprossen dagegen sollten "vorsorglich bis auf Weiteres nicht roh" konsumiert werden, sagte BfR-Chef Andreas Hensel in Berlin.

Wenige Stunden später wies Nordrhein-Westfalen erstmals den lebensgefährlichen Ehec-Erregertyp O104 auf Sprossen eines bereits seit Tagen verdächtigten Biobetriebs aus Niedersachsen nach. Da die geöffnete Packung in der Mülltonne einer infizierten Familie gefunden wurde, war aber unklar, ob tatsächlich die Sprossen den Keim übertragen haben. Möglich ist auch, dass die Erkrankten oder andere Lebensmittel die Sprossen kontaminiert hatten. Bisher sind nachweislich 30 Menschen an Ehec oder dem ebenfalls von diesem Bakterium ausgelösten hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) gestorben.

Auch neue Indizien sprechen laut BfR, Robert-Koch-Institut (RKI) und Bundesamt für Verbraucherschutz dafür, dass der Ehec-Ausbruch mit Sprossen und in dem niedersächsischen Betrieb begonnen hat. Wichtigstes Indiz ist laut RKI-Präsident Reinhard Burger eine Rekonstruktion der Speisepläne von fünf Gruppen mit insgesamt 112 Restaurantbesuchern, von denen 19 erkrankt sind.

Fotos von Reisegruppen ausgewertet

Anders als bei früheren Erhebungen fragten die Ermittler nicht nur, was die Gäste zu sich genommen hatten - nicht jeder kann sich daran genau erinnern. Stattdessen werteten die Behörden zusätzlich die Bestelllisten der Restaurants und Fotos der Reisegruppen aus, auf denen Gerichte zu sehen waren. Außerdem berichteten die Köche, welche Mengen welcher Zutat in den Menüs enthalten waren. Burger: "Das Ergebnis dieser Analyse war, dass Kunden, die Sprossen verzehrt hatten, ein fast neunfach höheres Risiko hatten, an blutigem Durchfall oder an Ehec beziehungsweise HUS zu erkranken". Alle in dieser Studie erfassten Erkrankten hätten Sprossen gegessen.

Die Forscher konnten die Analyse dem Institutschef zufolge erst jetzt durchführen, weil es gedauert habe, genügend Restaurantgäste zu finden und zu befragen. Burger wies darauf hin, dass die Ermittler auch bei den ersten Untersuchungen Sprossen berücksichtigt hätten. Bei diesen Befragungen hätten jedoch nur wenige Patienten dieses Lebensmittel genannt, das oft nur ein kleiner Bestandteil etwa eines Salats ist.

Auf den niedersächsischen Hof deutet laut Bundesamt für Verbraucherschutz vor allem die Tatsache, dass seine Sprossen an 26 der etwa 50 Orte geliefert wurden, an denen der Keim ausgebrochen ist. Der Anteil könnte noch steigen, wenn alle Lieferwege in den fünf betroffenen Bundesländern untersucht seien.

Möglicherweise sind noch verseuchte Sprossen im Umlauf

Dass die Sprossen zum Beispiel auf dem Hamburger Großmarkt und nicht auf dem Hof kontaminiert wurden, halten die Behörden für unwahrscheinlich. Schließlich habe der Betrieb Sprossen auch ohne Zwischenhändler direkt an Ausbruchsorte geliefert, sagte BfR-Präsident Hensel.

Da sich aber nicht völlig ausschließen lasse, dass noch verseuchte Sprossen im Umlauf sind, solle man dieses Lebensmittel derzeit meiden, erklärte Hensel. Das gelte auch für Sprossen anderer Betriebe, weil der Keim möglicherweise über Saatgut übertragen wurde, das die anderen Firmen ebenfalls benutzen.

"Die Daten sind absolut überzeugend", urteilte der Direktor des Instituts für Mikrobiologie und Tierseuchen an der Freien Universität Berlin, Lothar Wieler. Auch Bärbel Höhn, Vizefraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, sagte, sie halte die Verzehrempfehlung für richtig. Russland kündigte an, sein mit dem Ehec-Ausbruch begründetes Einfuhrverbot für Gemüse aus der EU bald aufzuheben.

Salat war der Weg zu den Sprossen

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) verteidigte die jetzt zurück gezogene Empfehlung, auf rohe Gurken, Tomaten und Salat zu verzichten: "Die Warnung war richtig." Diese Lebensmittel hatten Erkrankte einer Befragung zufolge deutlich häufiger gegessen als gesunde Vergleichspersonen. Gesundheit habe immer oberste Priorität, erklärte Bahr.

Zudem habe ohne die Warnung der "Weg zu den Sprossen" möglicherweise nicht gefunden werden können. Viele Befragte hätten sich nicht erinnert, Sprossen gegessen zu haben, wohl aber an den Salat, auf dem die Sprossen lagen. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) ergänzte: "Vielleicht hat der Verzicht geholfen, einige Erkrankungen zu vermeiden."

Die Kritik der Opposition an den behördlichen Meldewegen soll Thema der nächsten Ministerkonferenz werden, sagte Bahr. "Wir müssen gucken, was wir da verbessern können." Heute sei es allerdings zu früh, sich auf etwaige Veränderungen festzulegen.

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3 Kommentare

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  • S
    spiritofbee

    Ausgerechnet Sprossen, mit das beste und hochwertigste was die Natur uns an Nahrungsmitteln schenkt, bleiben jetzt als Verurscher im Bewußtsein der Verbraucher hängen.

    Sie sind eine zu vernachlässigende wirtschaftliche Größe, im Gegensatz zu Tomate Gurke & Co!

    Und auch noch ein BioBetrieb. Mit Bekanngabe der Adresse.

     

    Mir sind diverse Gammelfleisch Skandale in Erinnerung, wo die Behörden aufgrund des Datenschutzes keinerlei Informationen zu den Firmennamen herausgaben. Ausnahmslos.

    Warum wird hier mit zweierlei Maß gemssen?

    Darüber sollte sich jeder Verbraucher seine Gedanken machen.

  • G
    Gemüsegericht

    +++ Freispruch 2. Klasse +++

     

    Das angeklagte junge Gemüse wurde freigesprochen, weil die Ankläger der deutschen Behörden es versäumt haben, konkrete Beweise für die Schuld der angeklagten Gurken, Tomaten und Blattsalate vorzulegen. Da für Frischgemüse "in duibo pro holeris" gelten muß, war das Gemüsegericht gezwungen sie aus dem Untersuchungstopf zu entlassen.

     

    Der Ankläger der Fleischindustrie war aber keineswegs von der völligen Unschuld überzeugt, da einige Beschuldigte sich im nahegelegenden Supermarkt aufhielten und kein fleischiges Alibi für die Tatzeit vorweisen konnten.

  • R
    Renegade

    Die Frage, ob "einige Erkrankungen", die weniger fatal ist als eine Grippewelle, die über 200 Milliarden Euro Entschädigung rechtfertigen...