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Eduscho feuert 67 Streikende

■ Betriebsratsmehrheit segnet Kündigungen ab: Einstündiger Warnstreik für Tarifverhandlungen war „Arbeitsverweigerung“ / Solidaritätsaktionen: Kein Eduscho–Kaffee mehr in Bremer Werkskantinen

Aus Bremen Klaus Schloesser

Als 67 Mitarbeiter der Bremer Kaffeefirma Eduscho sich am Freitag letzter Woche für eine Stunde vor den Werkstoren versammelten, hatten sie noch keine Ahnung, welche Konsequenzen ihr Warnstreik - der erste gegen einen Kaffeeröster in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt - haben würde: Drei Tage später überreichte Personalchef Trümpener sämtlichen Beteiligten ein Schreiben der Geschäftsleitung, in dem es heißt: „Am 16.10. haben Sie durch Ihre Teilnahme an einem wilden Warnstreik den Arbeitsablauf empfindlich gestört und die betriebliche Ordnung erheblich gefährdet. Wir werden noch heute das Anhörungsverfahren zur Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses beim Betriebsrat einleiten und beurlauben Sie ab sofort. Die Lohnzahlung endet mit dem Erhalt dieses Schreibens.“ Inzwischen ist aus ihrer Beurlaubung Kündigung geworden: Am Mittwoch stimmte die unorganisierte Eduscho–Betriebsratsmehrheit der Kündigung der 67 Mitarbeiter, darunter eines Betriebsratsmitglieds und eines Schwerbehinderten, zu: Der Warnstreik „habe den Tatbestand der Arbeitsverweigerung erfüllt“. Daß die Betriebsratsmehrheit von Forderungen nach einem bindenden Tarif–Vertrag wenig hält, hätten Gewerkschaft und Strei kende eigentlich wissen können. In einem Brief an Unternehmenschef Schopf kommentieren die Betriebsratsvorsitzenden Mohnke und Kreutzgrabe die DAG–Forderungen folgendermaßen: „Sehr geehrter Herr Schopf, wenn es dem Unternehmen heute gut geht, dann ist dies nicht Verdienst der DAG, sondern Ihres Unternehmenskonzeptes. Die DAG zielt nach der Meinung der Mehrheit im Betriebsrat mit unverschämten Beleidigungen gegen Ihre Person voll unter die Gürtellinie.“ Inzwischen vermittelt der Bremer Arbeitssenator Kunick zwischen den Gefeuerten und dem „traditionsreichen und wirtschaftlich aktiven Unternehmen“. Die DAG hat beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung gegen die Kündigungen beantragt. In den Bremer Kantinen von Daimler–Benz, MBB und Klöckner wird seit gestern kein Eduscho–Kaffee mehr getrunken.

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