: Edi Rama kann jetzt durchregieren
AlbanienDie Sozialisten kommen bei den Parlamentswahlen auf die absolute Mehrheit der Stimmen.
Die Sozialisten gewannen nach dem bisherigen Stand der Auszählung fast 50 Prozent der Stimmen und liegen damit weit vor den 28 Prozent für die größte Oppositionspartei, die Demokratische Partei. In Sitzen ausgedrückt: Die Sozialisten erhalten 77 bis 79 Sitze im 140-köpfigen Parlament, die Demokratische Partei hat 35 bis 38 Mandate. Die Sozialistische Bewegung für Integration, die Juniorpartner Ramas in der Regierung war, wurde mit wahrscheinlich 20 Abgeordneten Dritter.
Damit hat Edi Rama sein Wahlziel erreicht. Auch wenn die Wahlbeteiligung mit 47 Prozent relativ niedrig blieb, kann die sozialistische Regierung nun durchregieren. Sie braucht die Sozialistische Bewegung für Integration als Koalitionspartner nicht mehr. Sie kann jetzt ihr Versprechen wahr machen und die von der EU geforderten Reformen durchsetzen.
Von der neuen Regierung wird in Brüssel eine umfassende Justizreform erwartet. In Albanien ist die Justiz nach wie vor Hemmschuh für eine weitergehende Demokratisierung des Landes. Für Ende des Jahres hat Edi Rama eine Justizreform angekündigt. Mit strukturellen Veränderungen soll die weit verbreitete Korruption in der Justiz eingedämmt werden. Anders ausgedrückt: Die Richter sollen in Zukunft wirklich Recht sprechen und nicht das Recht für jene beugen, die am meisten zahlen.
Die Nagelprobe dafür wird sein, wie mit jenen umgegangen wird, die als Staatsanwälte gegen die Korruption im eigenen Umfeld vorgegangen sind. Der Staatsanwalt Arben Jorgaqi wurde kürzlich seines Postens enthoben, weil er ein mit der Baumafia verbundenes Netzwerk in Justiz und Politik aufgedeckt hatte. Dieses Netzwerk hat offenbar nicht gezögert, bei Behörden Akten zu fälschen, um dann „legal“ Sahnegrundstücke an der Mittelmeerküste zu erwerben. Das Netzwerk konnte nur erfolgreich sein, weil es bis in die höchsten Stellen der Justiz reichte.
Auch die Wirtschaft muss angekurbelt werden. Seit Rama 2013 den Posten des Premiers übernommen hat, ist die Wirtschaft zwar stetig gewachsen und erreichte im letzten Jahr einen Zuwachs von immerhin 3,4 Prozent. Doch auf dem Arbeitsmarkt wurden bisher keine wesentlichen Effekte erzielt. Trotz des sich abzeichnenden Touristenbooms sind mehr als 30 Prozent der Bevölkerung arbeitslos. Für die Jugend gibt es kaum eine Chance, ins Berufsleben einzusteigen. Deshalb wollen Hunderttausende das Land so schnell wie möglich verlassen. Schon arbeiten über eine Million Albaner im Ausland – im Land leben nur noch 2,9 Millionen Menschen. Erich Rathfelder
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