: EU/Kanada einigen sich auf Freihandel
WIRTSCHAFT Vertrag ist Modell für geplantes Abkommen mit USA
BRÜSSEL/EDMONTON afp/taz | Nach mehr als vierjährigen Verhandlungen haben sich die Europäische Union und Kanada auf den Abschluss eines Freihandelsabkommens geeinigt. „Wir haben heute den Durchbruch in den Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen erreicht“, sagte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso am Freitag in Brüssel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem kanadischen Regierungschef Stephen Harper. Die Europäer sehen darin eine Art Testlauf für den geplanten Freihandelspakt mit den USA.
Die beiden Parteien wollen die Zölle für Güter und Dienstleistungen schrittweise abbauen und die Exportquoten für Agrarprodukte erhöhen. Unternehmen der jeweils anderen Seite sollen sich leichter um öffentliche Aufträge bewerben können. Außerdem werden technische Standards und Zulassungsverfahren vereinheitlicht.
EU-Unternehmen können ihre technischen Produkte leichter an die in Kanada dominierende Rohstoffindustrie verkaufen. Für die EU ist das Land bereits heute der zwölftgrößte Handelspartner, und der Abschluss spült nach Schätzungen in Ottawa etwa 11 Milliarden Euro im Jahr in die europäische Wirtschaft.
Kanada kann im Gegenzug seine Agrarprodukte leichter in Europa vermarkten. Die Kanadier erklärten sich bereit, doppelt so viele Milchprodukte wie Feta-Käse aus der EU zuzulassen wie bislang. Außerdem akzeptieren sie längere Patentfristen für europäische Medikamente, was der europäischen Pharmaindustrie entgegenkommt. Die Zölle für europäische Autos sinken.
Im Gegenzug dürfen die kanadischen Farmer zukünftig deutlich mehr Rind- und Schweinefleisch in Europa verkaufen, und zwar im im Umfang von bis zu 700 Millionen Euro im Jahr.
Manche EU-Abgeordnete befürchten, dass Umweltschutzregeln aufgeweicht werden. Unter anderem sieht das Abkommen vor, dass Unternehmen bei Streitfragen, etwa über Öko-Auflagen, die nationale Gerichte umgehen und sich direkt an die internationalen Gerichte wenden können. JÖRG MICHEL