EU verhängt Importverbot ab 2010: Kanada will weiter Robben schlachten
Der EU-Rat verhängt ein Importverbot gegen alle Produkte aus Robben. Kanada ist empört – und will dagegen bei der WTO protestieren. Es geht um rund 4 Millionen Euro allein an Fellexporten.
OTTAWA/BRÜSSEL afp/dpa | Kanada will das von der Europäischen Union beschlossene Importverbot für Robbenprodukte nicht hinnehmen. Sein Land werde vor der Welthandelsorganisation (WTO) Widerspruch gegen den EU-Beschluss einlegen, kündigte am Montag (Ortszeit) Kanadas Handelsminister Stockwell Day an.
"Wir sind sehr unzufrieden über diesen Beschluss." Die EU verstoße damit gegen die WTO-Richtlinien. Die Robbenjagd sei keineswegs grausam, sagte Day.
Nach dem Europaparlament hatte am Montag in Brüssel der EU-Ministerrat ein Gesetz besiegelt, wonach der Handel mit Robbenprodukten ab 2010 EU-weit verboten ist. Die Verordnung soll dem Abschlachten von Robben mit Spitzhacken durch kommerzielle kanadische Jäger die Geschäftsgrundlage entziehen.
Nach Angaben der EU-Kommission werden jährlich rund 900.000 Robben getötet, davon 60 Prozent in Kanada, Grönland und Namibia. Den wehrlosen und wenig scheuen Tieren wird häufig mit einem speziellen hakenbewehrten Stock der Schädel eingeschlagen. Nach Beobachtung von Tierschützern gelingt dies jedoch oft nicht, und den Robben wird bei lebendigem Leib das Fell abgezogen.
Robbenfelle werden unter anderem zu Hüten sowie zu Motorrad- und Boxhandschuhen verarbeitet. Vom neuen EU-Importverbot sind aber auch Fleisch oder Fett von Robben betroffen. Letzteres wird beispielsweise für die Herstellung von Omega-3-Kapseln verwendet.
Der Internationale Tierschutzfonds IFAW feierte die Entscheidung der 27 EU-Außenminister als "bedeutenden Sieg" im Kampf gegen die kommerzielle Robbenjagd in Kanada, das besonders Jagd auf die Tiere macht. Allein die Androhung eines Handelsverbotes habe bereits das Leben Tausender Robben gerettet. Das tatsächliche Verbot werde dazu beitragen, das blutige Treiben für immer zu beenden.
Die kanadischen Robbenfellexporte in die EU haben einen Wert von etwa 4,2 Millionen Euro pro Jahr, wobei 2006 die zwei wichtigsten Importländer Dänemark und Italien waren. In Deutschland schwankt nach Angaben des IFAW der Umsatz mit Robbenprodukten zwischen 200 000 und einer Million Euro pro Jahr.
Dänemark, Österreich und Rumänien hätten sich der Stimme enthalten, teilten EU-Diplomaten mit. Der IFAW bedauerte das ausdrücklich. Da mehrere EU-Staaten - darunter Deutschland - ähnliche Verbote auf den Weg gebracht oder bereits beschlossen hätten, sollten die einheitlichen EU-Regeln Verzerrungen im Binnenmarkt vermeiden, hieß es in Verhandlungskreisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier