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EU erhöht Druck auf ukrainische RegierungJanukowitsch unerwünscht

Nach der Verurteilung der ukrainischen Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko hat die EU-Kommission ein für Donnerstag geplantes Treffen mit Staatschef Viktor Janukowitsch verschoben.

Braucht gar nicht so überrascht zu gucken: Viktor Janukowitsch. Bild: dpa

BRÜSSEL afp/rtr/dpa | Nach der Verurteilung der ukrainischen Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko erhöht die Europäische Union den Druck auf die Regierung des osteuropäischen Landes: Einen für Donnerstag geplanten Besuch von Staatschef Viktor Janukowitsch in Brüssel sagte die EU-Kommission ab, wie eine Sprecherin am Dienstag AFP sagte. Er solle stattfinden, wenn "die Bedingungen günstiger sind für einen Fortschritt in unseren Beziehungen".

Timoschenko wurde von einem ukrainischem Gericht für schuldig befunden, 2009 unrechtmäßig und zum Schaden des Landes einen Gasliefervertrag mit Russland durchgesetzt zu haben. Sie wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Daraufhin sprachen sich mehrere EU-Länder, darunter Deutschland, dafür aus, den Besuch Janukowitschs in Brüssel zu verschieben.

Es werde nun auf einen besseren Zeitpunkt für das Treffen gewartet, sagte die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. "Wir wollen Fortschritte sehen in Bereichen, die im Zentrum unserer östlichen Partnerschaft stehen, wie Rechtswesen, Anwendung von Recht und der Unabhängigkeit der Justiz."

Diese Fragen seien "grundlegend" für enge Beziehungen der EU mit ihren Partnern, mahnte die Sprecherin. Im Rahmen ihrer östlichen Partnerschaft will die EU ihre Beziehungen zur Ukraine und anderen Staaten der Region verbessern und die Länder bei wirtschaftlichen sowie politischen Reformen unterstützen.

Bei seinem Besuch in Brüssel hätte Janukowitsch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident Barroso treffen sollen. Der Barroso-Sprecherin zufolge steht die EU weiter mit den ukrainischen Behörden in Kontakt, um die nächsten Schritte auszuloten. Das Treffen mit Janukowitsch sei nicht komplett abgesagt, sondern verschoben worden, hob sie hervor.

Freihandelszone soll kommen

In den Gesprächen sollte es um die laufenden Verhandlungen über eine umfassende Freihandelszone im Rahmen eines sogenannten Assoziierungsabkommens gehen, das bis Jahresende geschlossen werden sollte. Die EU plane trotz der Verurteilung Timoschenkos derzeit nicht, ein für Dezember zur Unterzeichnung des Abkommens geplantes Gipfeltreffen abzusagen, hieß es aus EU-Diplomatenkreisen.

Erst am Montag hatte der ukrainische Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk für einen Besuch Janukowitschs in Brüssel plädiert, weil das Freihandelsabkommen von großer Bedeutung für sein Land sei. "Wir sind zuversichtlich und sicher, dass der Präsident und die Regierung einen Ausweg aus dieser Sackgasse finden werden. Timoschenko wird zweifellos freikommen", hatte Jazenjuk gesagt.

Die Ukraine hatte bislang eine Annäherung an die EU angestrebt, sich jedoch unbeeindruckt davon gezeigt, dass die EU-Länder den Prozess gegen Timoschenko wiederholt kritisierten. Nach dem Urteilsspruch in der vergangenen Woche drohte die EU-Kommission der Ukraine bereits "ernste Folgen" für die gegenseitigen Beziehungen an. Der Prozess habe nicht internationalen Justizstandards entsprochen.

Auch die Bundesregierung sah in der Verurteilung Timoschenkos eine Belastung der Beziehungen zur Ukraine. "Demokratische Rückschritte in der Ukraine werden Folgen in unseren Beziehungen haben", sagte Vizeregierungssprecher Georg Streiter in der vergangenen Woche.

Janukowitsch hatte Kritik an dem Prozess gegen seine Widersacherin am Montag zurückgewiesen. "Die Justiz ist unabhängig und trifft ihre Entscheidungen alleine", sagte der ukrainische Staatschef der "New York Times" zufolge. Janukowitsch verbat sich zudem Einflussnahme von außen: "Ich wiederhole, die Ukraine ist ein unabhängiges Land", sagte er.

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4 Kommentare

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  • HD
    Hajdy Do Bajdy

    Janukovych hat gelernt seinen Text abzulesen

     

    Nur dieser Text klingt nach europäischen Standards, wenn er öffentlich auftritt. Die Wirklichkeit wird von Oligarchen bestimmt, die ihr Monopol behalten wollen. Genau dies ist das „Verbrechen“ von Tymoschenko, da sie die ukrainische Wirtschaft öffnen wollte um Konkurrenzfähigkeit zu erlangen. Yanukovych ist hier in einer Zwickmühle, die er nicht aussprechen kann. Hier wird es wohl nur für das eigene Wonneleben reichen, wenn Putin versucht eine OPEC zu gründen, was ja hinter der Wiederbelebung der Sowjetunion steckt. Der Druck auf die russische Ökonomie wird keine inneren Gaspreise für die Ukraine zulassen. Da Yanukovych sich den Weg verbaut hat mit einem starken Partner in Brüssel gegen Gasprom aufzutreten. Um das Monopol der Oligarchen zu bewahren, wird es daher einen Konflikt geben, da die fehlende Konkurrenzfähigkeit mit billigem Gas ausgeglichen werden muss. Die Entkriminalisierung von Tymoschenko hängt also stark von der Öffnung der ukrainischen Wirtschaft ab.

    Die Orange Revolution hat gezeigt, dass die Oligarchen nachgeben können, wenn es an ihren Profit geht. Dies haben die USA mit der EU erreicht. Jedoch nach der erneuten Öffnung des freien Geldverkehrs mit der Ukraine wurde die Orange Revolution schnell zu den Akten gelegt. Es ist eigentlich unverständlich wie unter den Augen des IWF eine „Privatisierung“ durchgeführt worden ist, die dann zu der Erscheinung der Oligarchen führte. Es wurde überhaupt keine Infrastruktur geschaffen, die es erst ermöglichte eine richtige Privatisierung für die Bürger durchzuführen.

    Man kann jedoch noch zweifeln, ob die EU erfolgreich gegen Janukovych vorgehen wird, da ja solche Diktatoren wie Janukovych aus einem alten Muster des Kalten Krieges hervor gingen. Man ist nur gegen „Kommunisten“ vorgegangen und hat sich dadurch auch mit Diktatoren verbündet, die nicht das Kapital gelesen haben, jedoch zur Kirche gingen. Dies hat sich Putin und die Oligarchen zu Nutze gemacht. Diese sind einfach als Kapitalisten aufgetreten, da sie gemerkt haben, dass man gegen Menschenrechte verstoßen kann, wenn man, z. B., nicht den Krieg dem Bankensystem im Westen erklärt.

  • B
    Benz

    Seltsam- die EU betont doch immer wieder, wie wichtig eine unabhängige, nicht politisierte Justiz ist, und verlangt von allen Nachbarstaaten dieses Prinzip durchzusetzen.

     

    Und nun macht dieselbe EU ganz offen politischen Druck auf die ukrainische Republik um die dortige Justiz zu zwingen, ein Brüssel nicht genehmes Urteil zu revidieren.

  • B
    Bürger

    Jetzt kann ich auch verstehen warum man Herrn Berlusconi verurteilen will.

  • D
    Demokrat

    Traurig, da kommt endlich mal ein ganz großer Fisch vor Gericht und wird dann auch noch richtigerweise verurteilt und die EU hat nichts besseres zu als das zu verurteilen.