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EU-Wahlkampf in HamburgMobilisierung mit Meute

Die Hamburger Initiative „Klare Kante gegen Rechts“ will junge Menschen musikalisch dazu ermutigen, wählen zu gehen. Ob das funktioniert?

Macht Wahlkampf gegen Rechts: die Techno-Marching-Band Meute aus Hamburg Foto: Axel Heimken/dpa

Ist das da draußen Meute?“, fragt eine Frau, die mit der Buslinie X3 in Richtung Schenefeld unterwegs ist. „Die haben ja schon ohne uns angefangen“, sagt sie weiter und lacht. Der Bus hält: Haltestelle „Achtern Born (Kindermuseum)“, gegenüber vom Osdorfer Borncenter. Draußen steht eine große Menschentraube, sie ist bunt und tanzt. Aus der Menge ertönen Blasinstrumente, Trommeln und Bass.

Die Hamburger Initiative „Klare Kante gegen Rechts“ veranstaltet kurz vor der Europawahl mehrere Konzerte, um vor allem junge Menschen zum Wählen zu animieren und mit politischen Inhalten vertraut zu machen. Die Konzertreihe findet in Vierteln statt, die entweder kulturell wenig bespielt werden oder höhere Zustimmungswerte für die AfD aufweisen. Eines dieser Viertel ist der Osdorfer Born.

Während ihrer Entstehungszeit in den 1960er Jahren galt die Plattenbaugroßsiedlung auf der grünen Wiese im Westen Hamburgs als modernes Vorzeigeprojekt, das Menschen aus unterschiedlichen Schichten anziehen und den Wohnungsmangel entschärfen sollte. Die Realität vor Ort sah aber schnell anders aus: viele Sozialhilfeempfänger, hohe Arbeitslosigkeit, Kriminalität. Immer wieder kursierten stigmatisierende Schlagzeilen um den Osdorfer Born in den Medien.

Bis heute ist der Stadtteil vom Rest Hamburgs abgeschnitten – die anfangs versprochene U-Bahn wurde nie gebaut, schon zum nahe gelegenen Bahnhof Altona braucht es fast vierzig Minuten mit dem Bus. Viele der jüngeren Osdorfer sind frustriert und haben das Gefühl, dass sie übersehen werden. Es fehlt an Perspektiven.

Entlang der Hauptverkehrsstraße des Osdorfer Borns, der Bornheide, stehen auffallend große Bäume und Büsche, die blühen. Dahinter ragen die grauen Plattenbauten in den wolkenbedeckten Himmel. „Alarmstufe vote“ steht auf einem Plakat, das eine Frau in die Höhe hält. Ein paar Köpfe weiter weht ein herzförmiger Luftballon im Wind. Kleine Kinder rennen umher, sitzen auf den Schultern ihrer Eltern und wippen zu elektronischen Beats. Zwischen den Familien entdeckt man hin und wieder Jugendliche, die bei der Europawahl zum ersten Mal wählen könnten, aber sie sind in der Minderheit.

Warme Töne aus goldenen Blasinstrumenten

Zwischen all den Köpfen muss man nicht lange suchen, um die Musikquelle zu finden: Ganz vorne steht die elfköpfige Techno-Marching-Band Meute in roten Jacketts und schwarzen Hosen. Aus ihren goldenen Blasinstrumenten erklingen warme, jazzige Töne, die sich über die monotonen elektronischen Sounds der Boxen legen.

Kurze Zeit später formiert sich das Geschehen zu einer Parade: Die Hamburger Band läuft musizierend die Bornheide entlang, vorbei am Borncenter und den markanten Plattenbauten. Hinter ihnen geht ihr Gefolge wippend im Takt. Auf den Balkonen der Wohnhäuser, die sich entlang der Straße aufreihen, stehen An­woh­ne­r*in­nen und beobachten neugierig, was da passiert. Dann biegt die Parade in den Weg ein, der sie zum Bürgerhaus Bornheide führt.

Rechts steht ein riesiges Zelt des Circus Abrax Kadabrax. Ein Mädchen auf Stelzen und pink-glitzernden Zylinder kommt heraus und schlängelt sich durch die Menge, es riecht nach indischen und afghanischen Gewürzen. In einer anderen Ecke schlägt eine Gruppe ein Lagerfeuer auf und grillt Marshmallows. Am Ende des Weges, direkt neben dem Bürgerzentrum, steht die Konzertbühne, vor der die Parade jetzt hält und Meute ihr letztes Stück spielen.

„Unsere Gesellschaft ist stark genug, sie ist eine Gesellschaft der vielen“, ruft einer der Veranstalter*innen, Applaus und Jubel. Die Menge streckt ihre Hände in die Luft als sie gefragt wird, ob sie am Sonntag wählen gehen. „Geht auch für diejenigen wählen, die nicht wählen dürfen“, sagt eine andere Veranstalterin.

Später klettert eine Handvoll Kinder auf die Bühne, auf der jetzt die 16-jährige Künstlerin s.a.m steht, und tanzen zu ihrer Musik. In ihrem buntem Trainingsanzug rappt s.a.m über rassistische Polizeigewalt auf St. Pauli. Als die Musik erlischt, hört man aus dem Off einen kleinen Jungen rufen: „Du bist cool, und fuck Nazis!“

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