EU-Truppen nach Afrika: Grünes Licht für einjährigen Einsatz
Mit 3.700 Soldaten will die Europäische Union im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik für Sicherheit sorgen.
BERLIN taz Die EU-Außenminister haben gestern in Brüssel grünes Licht für den geplanten Einsatz einer EU-Truppe im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik gegeben. Für eine Dauer von zwölf Monaten ab Herstellung der Einsatzfähigkeit, die laut EU-Ministerbeschluss im März erwartet wird, soll die Mission "Eufor Tchad/RCA" im Osten der beiden Länder an der Grenze zu Sudan helfen, für Sicherheit zu sorgen.
Die Truppe soll rund 3.700 Soldaten umfassen, davon rund 2.000 aus Frankreich, je 400 aus Polen und Irland und kleinere Kontingente aus elf weiteren Ländern. Ihr Kommandeur im EU-Einsatzführungskommando Mont Valérien nahe Paris wird der irische Generaloberst Patrick Nash; vor Ort führt der französische General Jean-Philippe Ganascia die Truppe.
"Mit dieser Operation verstärkt die EU ihre Aktionen zur Unterstützung von Versuchen, die Krise in Darfur zu lösen und ihre regionalen Auswirkungen anzugehen", erklärte der EU-Ministerrat. Eigentlich sollte die Truppe schon letzten Oktober ihren Einsatz beginnen. Aber die Zurückhaltung der meisten EU-Staaten sorgte für Verzögerungen. So lehnt Deutschland eine Beteiligung ab. Frankreich musste Anfang Januar mit Zusagen von Hubschraubern und Flugzeugen einspringen, damit überhaupt eine beschlussfähige Mission auf dem Papier zustande kam. Die Zeit dränge, mahnte gestern EU-Chefaußenpolitiker Javier Solana. "Die Soldaten sollten vor der Regenzeit vor Ort sein", erklärte er - also vor Mai.
Die Truppe soll laut dem vom UN-Sicherheitsrat bereits erteilten Mandat humanitäre Hilfe für Flüchtlings- und Vertriebenenlager im Osten des Tschad absichern und "zum Schutz gefährdeter Zivilisten beitragen". Laut EU wird sie eng mit der gemeinsamen UN-AU-Mission im benachbarten sudanesischen Kriegsgebiet Darfur zusammenarbeiten. Der Tschad beherbergt 240.000 Flüchtlinge aus Darfur; weitere 180.000 Einheimische sind von Kämpfen im Osttschad zwischen Regierungstruppen und Rebellen vertrieben worden. Helfer weisen darauf hin, dass in den Heimatgebieten von Vertriebenen Angehörige anderer Ethnien versuchen könnten, Land zu besetzen. Das könnten internationale Truppen verhindern, hoffen sie.
Einfach wird das nicht. Ende November waren die Kämpfe im Osten des Tschad noch einmal besonders blutig gewesen, mit über 1.000 toten Regierungssoldaten. Die EU-Truppe könnte gegen Kampfhandlungen in dieser Größenordnung nichts tun. Sie könnte höchstens dafür sorgen, dass die Flüchtlings- und Vertriebenenlager sicher bleiben. Das wiederum wäre ein Anreiz dafür, dass sämtliche Bewohner der Region in die Lager ziehen. Rebellen des Tschad haben gewarnt, sie würden die EU-Truppe angreifen, sollte sie sich in ihren Krieg "einmischen". Die Mission wird stark auf die Infrastruktur der im Tschad zur Unterstützung der Regierung stationierten rund 1.100 französischen Soldaten angewiesen sein. Am Freitag erklärte Frankreichs Außenminister Kouchner während eines Besuchs im Kongo, die EU-Truppe sei nicht dazu da, den Präsidenten des Tschad, Idriss Déby, zu stützen, sondern "Sicherheit für Entwicklung zu schaffen".
In der Zentralafrikanischen Republik geht es eher noch um die Stabilisierung eines krisengeschüttelten Regimes. 2006 verhinderten nur französische Spezialtruppen, dass vom Sudan unterstützte zentralafrikanische Rebellen in Richtung Hauptstadt vorrückten. Nach UN-Angaben sind immer noch 200.000 Menschen im Norden des Landes auf der Flucht. Seit einem Monat befindet sich der öffentliche Dienst des Landes im Generalstreik, weil keine Gehälter gezahlt werden, und ein Ausweg aus dieser Krise ist nicht in Sicht.
DOMINIC JOHNSON
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