EU-Strafzölle wegen Dumpingpreisen: Sanktionen light gegen China
Chinesische Firmen müssen für Billigexporte in die EU kleine Strafzölle zahlen. Die deutsche Wirtschaft ist böse – und ihr Minister gleich mit.
BRÜSSEL taz | Deutschland hatte gewarnt, China gedroht. Doch die EU-Kommission ließ sich nicht einschüchtern: Am Dienstag verhängte Handelskommissar Karel De Gucht Strafzölle gegen chinesische Firmen, die den europäischen Markt mit billigen Solar-Paneelen überschwemmen.
Die Sanktionen sollen China an den Verhandlungstisch zwingen und das vermutete Preisdumping beenden. Zunächst sorgen sie aber für Spannungen zwischen Brüssel und Berlin.
Vor allem Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ist sauer. Schon vor zwei Wochen hatte er bei De Gucht interveniert, um die Strafzölle zu verhindern. Am Dienstag protestierte er, noch bevor die umstrittene Entscheidung offiziell verkündet war. „Die Bundesregierung lehnt die vorläufigen Anti-Dumping-Maßnahmen klar ab“, sagte Rösler. „Wir halten diesen Schritt für einen schweren Fehler“.
Deutschland schielt auf den Autoexport
Deutschland fürchtet einen Handelskrieg mit China, bei dem nicht nur die Solarbranche, sondern auch die Stahl- und die Autoindustrie in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Die Bundesregierung hatte daher bereits im Vorfeld nach Verbündeten gesucht. Neben dem neuen chinesischen Premier Li, der von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin empfangen wurde, führte sie auch 16 EU-Staaten ins Feld, die gegen Sanktionen seien.
Doch es half alles nichts. Denn die Handelspolitik fällt in die Zuständigkeit der EU-Kommission. De Gucht kann autonom entscheiden, ob er einen Verstoß gegen die Anti-Dumping-Regeln mit Sanktionen ahndet oder nicht. Der liberale Flame spricht im Namen der EU, nicht der deutsche Liberalen-Chef Rösler.
Wie reagiert China?
Die Strafzölle sollen sofort in Kraft treten und zunächst bei 11,8 Prozent liegen. Wird bis Juli keine Einigung mit Peking erreicht, sollen sie im August auf 47,8 Prozent ansteigen. Sollte nach sechs Monaten immer noch keine Einigung erzielt worden sein, können die EU-Staaten die Sanktionen mit qualifizierter Mehrheit stoppen. Allerdings zeichnet sich diese Blockade-Mehrheit bisher nicht ab – Frankreich und einige kleinere EU-Staaten stehen nämlich auf Seiten der EU-Kommission.
Die große Frage ist jetzt, wie China auf diese Sanktionen „light“ reagiert. Ministerpräsident Li Keqiang hatte die EU noch Anfang der Woche in einem Telefongespräch mit Kommissionschef José Manuel Barroso vor Strafzöllen gegen sein Land gewarnt. China lehne Protektionismus und den Missbrauch von Handelsinstrumenten ab und werde seine Wirtschaftsinteressen verteidigen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.
"Wir vehandeln mit geladener Pistole"
China hatte bereits mit Gegenmaßnahmen gedroht und Untersuchungen gegen die europäische Chemiebranche eingeleitet. Sollte Peking seine Drohung nun wahrmachen, könnte es tatsächlich zu einem Handelskrieg kommen.
In der EU-Kommission setzt man jedoch darauf, dass die chinesische Führung die Chance für Verhandlungen nutzt. Schließlich seien die Zölle viel niedriger als erwartet. „Wir verhandeln weiter mit den Chinesen, aber von jetzt an mit geladener Pistole“, sagte ein Mitarbeiter der Brüsseler Behörde.
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