EU-Referendum Großbritannien: Klatsche für Cameron
Dem britischen Premier David Cameron fallen die eigenen Leute in den Rücken: Parteifreunde kritisierten per Abstimmung seine Regierungserklärung.
LONDON rtr | Etwa ein Drittel der konservativen Abgeordneten haben im britischen Parlament aus Verärgerung über die Europa-Politik ihres Premierministers David Cameron gegen ihn gestimmt.
In einem höchst unüblichen Schritt kritisierten sie durch ihr Votum am Mittwochabend die traditionelle Regierungserklärung zu den politischen Zielen des Premiers. Zwar ist die Abstimmung nicht bindend. Für Camerons Autorität bedeutet es allerdings einen Rückschlag.
Insgesamt stimmten 130 Abgeordnete gegen Cameron. Nach ersten Angaben waren mehr als 100 von ihnen Konservative. Die Partei verfügt im Parlament in London über 305 Sitze.
Die Rebellen stoßen sich daran, dass Cameron in seiner Regierungserklärung eine Volksabstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union (EU) nicht klar thematisiert hat. Er hatte zuvor signalisiert, dass er sich ein solches Referendum bis 2017 vorstellen könnte, wenn er 2015 wiedergewählt werde. Den EU-Kritikern in seiner Partei ist dies zu vage. Einige wollen die Volksabstimmung gesetzlich festlegen lassen, andere sogar ein Referendum noch vor 2015.
Permier schlägt Gesetzentwurf vor
Am Dienstag versuchte Cameron, der sich zurzeit in den USA aufhält, seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er schlug einen Gesetzentwurf vor, um das Referendum bis 2017 rechtlich bindend zu machen. Diese Idee fand bei seinen innerparteilichen Kritikern nur wenig Widerhall.
Sie verwiesen darauf, dass die Konservativen mangels eigener Mehrheit im Parlament auf die Unterstützung ihres eher pro-europäischen Koalitionspartners Liberaldemokraten angewiesen sind. Die Verabschiedung des Gesetzes ist daher nicht sicher.
Die Konservativen sind in der Frage der EU-Mitgliedschaft des Landes gespalten. Viele wollen in der EU bleiben, verlangen aber Reformen. Andere plädieren für einen Austritt aus der EU und ein Referendum darüber möglichst noch vor den nächsten Parlamentswahlen.
Die EU-Gegner sehen sich von der wachsenden Popularität der britischen Unabhängigkeitspartei UKIP bestätigt, die eine Kampagne für einen Austritt aus der EU betreibt und nach den jüngsten Umfragen von 18 Prozent der Briten unterstützt wird. Für Cameron selbst besteht die Gefahr, in der Debatte zerrieben zu werden und damit seine Chancen für eine Wiederwahl zu verringern.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung