■ EU-Minister einig gegen verschärfte US-Sanktionspolitik: Selbstbewußt gegen Gutsherrenart
Der US-Kongreß hat mit seinem verschärften Wirtschaftsboykott gegenüber Kuba, Libyen und dem Iran sehr bewußt die Europäische Union provoziert. Die angedrohten Sanktionen gegen die Handelspartner dieser Länder sollte die EU zwingen, sich der amerikanischen Politik unterzuordnen. Daß es sich in diesem Fall um wahlkampftaktische Drohungen handelt, macht die Sache nicht legitimer.
Die Europäische Union hat die Herausforderung mit seltener Einmütigkeit angenommen. So haben die EU-Außenminister ausnahmsweise nicht nur protestiert, sondern zugleich handfeste Gegenmaßnahmen beschlossen. Dabei geht es ihnen gewiß nicht darum, den kubanischen Revolutionsführer oder die iranischen Mullahs in Schutz zu nehmen, sondern einzig darum, die eigenen Interessen zu verteidigen.
Trotzdem beten die EU-Mitgliedsländer inständig, daß ihre Gegenmaßnahmen nie zum Einsatz kommen. Ein Handelskrieg mit den USA liegt nicht im Interesse der freihändlerisch veranlagten EU. Im Gegenteil. Und wenn der US-Wahlkampf gelaufen ist, so die Hoffnung, werde auch die US-Regierung zu einer rationaleren Politik zurückfinden, und die umstrittenen Sanktionsdrohungen würden in beidseitigem Interesse weichgeredet.
Aus diesem Grund ist es dann für die EU nützlich, wenn sie sich nicht nur empört gibt, sondern auch etwas hat, was sie zur Milderung des Konflikts anbieten kann. Doch die Antiboykottverordnung ist auch ein Signal, das sich die EU selbst gegeben hat. Ein halbes Jahrhundert lang haben die USA die Regeln der Weltwirtschaft fast allein nach Gutsherrenart bestimmt. Erst in jüngster Vergangenheit ist in der EU das Bewußtsein gereift, daß ein gemeinsames Europa stark genug ist, gleichberechtigt mitzureden. Diese Erkenntnis in Politik umzusetzen, das allerdings haben die EU-Regierungen bisher nicht gewagt. Einige vorsichtige Anläufe bei den Gatt-Verhandlungen, ein paar Einfuhrbeschränkungen für US-Waren als Antwort auf die amerikanische Weigerung, italienische Spaghetti ins Land zu lassen – mehr war nicht drin.
Das scheint nun anders zu werden. Doch die Nagelprobe steht noch aus: Beim Streit um das europäische Einfuhrverbot von „Hormonfleisch“ aus den USA wird sich zeigen, ob das in Luxemburg gezeigte Selbstbewußtsein nur ein Strohfeuer war. Alois Berger
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