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EU-Kommission verurteilt Viktor OrbánSchöne Symbolpolitik

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Von der Leyen hat angekündigt, „mit aller Macht“ gegen die Diskriminierung von LGBTIQ in Ungarn vorzugehen. Orbán dürfte das wenig beeindrucken.

LGBT-Protest vor dem ungarischen Parlament im Juni dieses Jahres Foto: Bela Szandelszky/ap

W ährend die Fußball-Institutionen UEFA und DFB kneifen, zeigt wenigstens die EU Haltung: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat Ungarns umstrittene neue Gesetzgebung gegen sexuelle Minderheiten (LGBTQI) scharf verurteilt und angekündigt, „mit aller Macht“ gegen Diskriminierung vorzugehen. Vorher hatte sie das Brüsseler Kommissionsgebäude auch schon mal mit dem LGBTIQ-Regenbogen geschmückt.

Von der Leyen weiß eben, was Symbolpolitik ist. Auch gegen den Rassismus und die Benachteiligung von Frauen hat die CDU-Politikerin schon lautstark protestiert. Bei jeder Gelegenheit setzt sie sich als unerschrockene Vorkämpferin für die gute Sache ins Licht. Doch gehandelt hat von der Leyen noch nicht. Den schönen Worten sind allzu oft keine Taten gefolgt.

Ob es diesmal anders wird? Zweifel sind erlaubt. Die EU-Chefin hat verdächtig lange gezögert. Erst als mehrere EU-Staaten massiven Druck in Brüssel machten, trat sie vor die Presse. Und was sie ankündigte, klingt auch nicht sehr überzeugend: Sie forderte die zuständigen Kommissare auf, einen Brief nach Budapest zu schicken – um rechtliche Bedenken anzumelden.

Viktor Orbán dürfte das kaum beeindrucken. Er hat schon viele böse Briefe aus Brüssel bekommen; sein Verhalten hat er nicht geändert. Zudem vertraut er auf Kanzlerin Angela Merkel. Sie hatte beim EU-Gipfel im Dezember 2020 mit Orbán und von der Leyen eine Art Stillhalte-Abkommen im Dauerstreit um den Rechtsstaat ausgehandelt. Dieses Abkommen gilt auch heute noch.

Orbán müsste sich nur Sorgen machen, wenn Merkel diesen Deal aufkündigen würde. Beim EU-Gipfel dieser Woche hätte sie dazu theoretisch Gelegenheit. Sie könnte von der Leyen ermutigen, konsequent gegen Ungarn vorzugehen und sogar mit finanziellen Sanktionen drohen. Doch damit rechnet in Brüssel niemand. Schließlich ist es Merkels letzter EU-Gipfel. Da will sie keinen Streit.

Was bleibt, ist vor allem Symbolpolitik. Die ist zwar auch wichtig. Aber dass sie Orbán zum Einlenken bewegt, ist kaum zu erwarten.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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4 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich vermute, das wird scheitern. Für Polen und Tschechien ist das Wasser auf die Mühlen.



    Wenn nicht bestimmte Dinge durchgesetzt werden, und dazu muss man wahrscheinlich die EU-Verfassung ändern, wird dieses Europa zerfallen.

    Glaubt jemand ernsthaft, die Polen oder Griechen würden die EU sofort verlassen, wenn die Kommission endlich hart durchgreift, v.a. bei der Korruption.

    Im übrigen solle man auch Luxemburg mal unter die Finanzlupe nehmen. Was sich da mit den Briefkastenfirmen abspielt ist nichts anderes als staatlich abgesegnetes, organisiertes Finanzverbrechen.

  • Es ist doch schon lächerlich, dass totgeschwiegen wird, wem Von der Leyen ihre Wahl zu verdanken hat. Mindestens von Journalisten könnte man erwarten, dass dies erwähnt wird. Schon vor ihrer Wahl sollte Orban sanktioniert werden, da aber die EVP auf Ungarn angewiesen war um ihre Marionette zu bekommen, darf dieser weiter wüten.

    Einfach lächerlich, Konservatismus ist nur noch ein reines Fest der Dummheit.

  • Nein. Nach der Mehrheitsmeinung zu schließen lässt sich Orban grundsätzlich und ausschließlich nur von beleuchteten Stadien beeindrucken. Nicht?

  • In die EU dürfen keine homophobe, rassistische oder antisemitische Staaten aufgenommen werden. Und wenn sie sich dazu entwickeln, müssen sie raus aus der EU.