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EU-Kommission scheitertGenpflanzen dürfen verboten werden

Ungarn und Österreich müssen ihr Anbauverbot für Genmais nicht aufheben. Das wollte die EU-Kommission erreichen. Sie scheiterte aber am Widerstand der EU-Umweltminister.

Der EU-Umweltrat blieb hart: Umweltminister Ed Miliband (UK), Sigmar Gabriel und Connie Hedegaard (Dänemark) diskutieren vor der Sitzung. Bild: dpa

BRÜSSEL taz Zum Glück ist in Deutschland schon Wahlkampf. Da die meisten Wähler Genprodukte ablehnen, konnte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag in Brüssel punkten.

Gegen den Widerstand des CDU-geführten Forschungsministeriums unterstützte er Österreich und Ungarn, die den von Monsanto entwickelten Genmais MON 810 auf ihren Feldern nicht dulden wollen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel soll sich dafür ausgesprochen haben, die Anbauverbote zu kippen.

20 der 27 Mitgliedstaaten lehnten den Antrag der EU-Kommission ab, die Anbauerlaubnis für Genmais in den beiden Mitgliedstaaten zu erzwingen. Die erforderliche qualitative Mehrheit von ungefähr zwei Drittel der Mitgliedstaaten wurde damit erreicht.

"Ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass wir in Deutschland über gentechnikfreie Regionen sprechen, aber gentechnikfreie Mitgliedstaaten nicht zulassen", verteidigte Gabriel seine Entscheidung. Er verwies darauf, dass auch CSU-Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner der Gentechnik negativ gegenüberstehe. Sie hat vor Kurzem erklärt, ein Verbot von Genmais zu prüfen.

Der Monsanto-Mais nütze nicht dem Bauern oder dem Verbraucher, sondern nur dem US-Konzern selbst, meinte Gabriel. "Ich kann den gesellschaftlichen Mehrwert der Produkte von Monsanto nicht erkennen." Der Konzern zwinge die Landwirte in Abhängigkeit, da ihr Mais resistent gegen alle Pflanzenschutzmittel bis auf die der eigenen Firma sei.

Derzeit ist die Sorte MON 810, die ein Gift gegen den Schädling Maiszünsler entwickelt, die einzige Sorte Genmais in Europa, die auch wirklich angebaut wird. Der EU-Kommission sind Anbauverbote ein Dorn im Auge. Ihr sitzt die Welthandelsorganisation im Nacken, die für einen Anbaustopp Nachweise dafür verlangt, dass ein Produkt gesundheitsschädlich ist.

Eine österreichische Studie kam kürzlich zu dem Ergebnis, der Mais schränke die Fortpflanzungsfähigkeit von Mäusen ein. Der EU-Kommission schienen die Ergebnisse aber nicht aussagekräftig genug. Sie argumentiert, mit der Kennzeichnung sei die Sorgfaltspflicht gegenüber den Verbrauchern erfüllt. Die könnten dann ja selbst wählen, ob sie Genprodukte kaufen oder nicht.

Genau diese Wahlfreiheit könne beim Anbau von Genmais aber bald verschwinden, warnen indes Experten. Da sich Pollen aus Feldern mit Gensaatgut über große Entfernungen verbreiten können, drängen vor allem kleine Länder darauf, den Anbau ganz verbieten zu dürfen.

Marco Contiero von Greenpeace bezeichnete den Beschluss des Umweltrats als "Sieg für die Umwelt, für Landwirte und Verbraucher und als große Niederlage für die Kommission". Zum vierten Mal hätte der Rat es abgelehnt, ein nationales Anbauverbot zu stoppen. "Was ist so schwer zu verstehen an dem Wörtchen nein?", fragte der Gentechnikexperte der Umweltorganisation. Auch Deutschland müsse nun den Genmaisanbau verbieten, forderte Greenpeace.

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3 Kommentare

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  • A
    andreas

    zur marktstrategie von monsanto sei der film "Monsanto - Mit Gift und Genen" von Marie-Monique Robin dringend empfohlen. auch wenn man der gentechnologie neutral gegenüberstehen mag - was nach diesem film und den dort präsentierten erkenntnissen diverser internationaler forschungsinstitutionen nicht sein kann -, dann sind doch die markteroberungsstrategien monsantos ein excellentes beispiel für die kriminelle energie multinationaler konzerne. monsanto strebt eine monopolstellung im globalen saatgutmarkt an, egal ob es nun sinnvoll ist oder nicht. wichtig ist die profitmaximierung. und die wird mit systematischem lobbying in der nationalen und internationalen politik durchgesetzt. die wissenschaftlichen argumente, die gentechnologisch veränderte organismus als ökologisch und gesundheitlich harmlos und notwendig zur lösung der hungerproblematik im 3. jahrtausend propagieren, sind eben primär propaganda in eigener sache. man informiere sich über die situation der baumwollbauern in indien und teilen afrikas, die von monsantos saatgut und seinen chemikalien abhängig gemacht wurden. und man schaue sich genau an, wie die scientific community manipuliert wird, um erkenntnisse zu produzieren, die im sinn der gentechnischen industrie sind. seriöses material hierzu findet zuhauf in dem oben erwähnten film.

  • KK
    Karl Kraus

    @Stefan

    In dem Moment, in dem ein Bauer Monsanto-"Produkte" anbaut, fallen mit jeder Aussaat neue Lizenzgebühren an, die an Monsanto gehen. Eine Neuaussaat dieser Pflanzen ohne Genehmigung durch den Konzern ist dann illgal. Nachdem man sein Feld mit diesen Pflanzen bestellt hat, ist es praktisch unmöglich, Pfanzenreste und damit die genveränderten Organismen vollständig aus dem Boden zu bekommen, wenn man ihn nicht tief ausgräbt und das Feld abträgt. Aus der Praxis: Bei dem Versuch, sich wieder aus dem Lizenzproblem zu befreien, geraten dennoch immer wieder nachweisbare Bestandteile der genveränderten Pflanzen in die Ernte. Da Monsanto weiß, wer wann wo ihr Zeug angebaut hat, ist es ihnen auch möglich und vor allem erlaubt, Proben zu nehmen. Entdecken sie auch nur kleine Mengen ihrer Organismen (Zellen reichen da schon), ist der Bauer wegen Patentverletzung dran.

    Zur Resistenz (ein etwas unglücklich gewählter Begriff): Langzeitstudien haben gezeigt, dass die Menge an eingesetzten Schutzmitteln gegen verschiedene Pflanzenschäden bei genveränderten Nahrungspflanzen zunächst leicht sinkt, aber dann wieder ansteigt, teils sogar über das Niveau von vorher. Es gibt nicht eine seriöse wissenschaftliche Untersuchung, die einen gesellschaftlichen Mehrwert bestätigen würde. Dazu kommt dann eben noch die Beherrschung der Landwirtschaft durch die entsprechenden Konzerne. In einigen Entwicklungsländern, aber auch in den USA, haben die Jungs von Monsanto schon so viele Bauern bequatscht, dass große Teile der Landwirtschaft bereits ausweglos in die Lizenzpflichten verstrickt ist. Geil, oder?

    Das Ziel aller Großkonzerne, den Kunden als Kunden abzuschaffen und durch einen Gebührenzahler zu ersetzen, der keine besondere Leistung mehr erhält, ist hier erstmals realisiert.

    Nicht die "Genpflanzen" sind das Gefährlichste. Es ist das sogenannte geistige Eigentum, das sich nun auf Nahrung erstrecken soll. Ist übrigens erklärtes Ziel von Monsanto, Syngenta und anderen.

  • S
    Stefan

    "Ich kann den gesellschaftlichen Mehrwert der Produkte von Monsanto nicht erkennen." Der Konzern zwinge die Landwirte in Abhängigkeit, da ihr Mais resistent gegen alle Pflanzenschutzmittel bis auf die der eigenen Firma sei."

     

    Dieses Zitat ist schlicht eine unzulässige Vermischung von Tatsachen. Die Sorte MON810 ist eine Bt-Sorte, das heisst sie ist durch genetische Manipulation resistenter gegen Frassschäden (ja 3 s) durch Maiszünsler. Mit Herbiziden hat das garnichts zu tun.