EU-Klimapolitik: Schonfrist für Kleinlaster
Die Autolobby will die geplante Abgasverordnung abschwächen und verschieben. Doch die Umweltabteilung der EU-Kommission besteht auf einer Entscheidung Ende Oktober.
Der Verordnungsentwurf für CO2-Obergrenzen bei Kleinlastern soll noch in diesem Monat auf den Tisch kommen. Davon geht man jedenfalls in der Abteilung von Umweltkommissar Stavros Dimas aus. Diplomaten der EU-Regierungen hingegen streuen in Brüssel, das Gesetz sei auf unbestimmte Zeit verschoben. Die deutsche, italienische und französische Regierung hatten einen Brief an die Kommission geschickt, in dem sie auf die Krise in der Autoindustrie hinweisen. Weitere Belastungen seien ihr derzeit nicht zuzumuten.
Kleinlaster und Minivans, die nach Angaben des Auto- und Reiseclubs Deutschland rund 13 Prozent der Fahrzeuge auf europäischen Straßen ausmachen, sind die einzigen Fahrzeuge, für die noch keine EU-weiten Emissionsgrenzwerte gelten. Nach bisherigen Plänen soll diese Lücke bis 2013 geschlossen werden.
Der Brief der drei Regierungen sei im Ton deutlich defensiver als die Versuche der letzten Jahre, als die CO2-Verordnung für Personenwagen gestoppt werden sollte, heißt es aus Kommissionskreisen. Damals erzielte die Autolobby eine Fristverlängerung und eine leichte Aufweichung der Grenzwerte.
Dieses Mal stelle die Industrie die Obergrenzen im Prinzip nicht mehr infrage. Es gehe um Details und den Zeitplan. Auch wenn die Generaldirektion Industrie versuche, das Gesetz abzuschwächen, werde es keine Verordnung geben, die hinter die Pkw-Grenzwerte zurückfalle. Kommissionspräsident José Manuel Barroso vermittle zwischen den Abteilungen.
Nach dem ursprünglichen Entwurf, der schon vor Wochen angekündigt war, dürften Vans und leichte Lkws bis 2,6 Tonnen ab Juli 2013 nicht mehr als 175 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Derzeit emittieren neue Transporter im Schnitt 203 Gramm. Ab 2020 wäre der Grenzwert auf 135 Gramm gesenkt worden. Für säumige Konzerne hätten Bußgelder von 120 Euro je überzähligem Gramm CO2 fällig werden sollen - multipliziert mit der Zahl der hergestellten Neuwagen.
Die Lkw-Hersteller Daimler, MAN, Scania und Volvo setzen nun darauf, dass die noch amtierende Kommission keinen Konflikt mehr mit den Mitgliedstaaten riskiert. Zwar ist Barroso bereits für eine weitere Amtszeit bestätigt, sein Kollegium aber ist vom 1. November an nur noch kommissarisch im Amt, bis geklärt ist, welcher EU-Vertrag in den kommenden Jahren gelten wird. Tschechien blockiert derzeit die Umsetzung des neuen Vertrags von Lissabon.
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