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EU-Kartellverfahren gegen Microsoft„Wir nehmen das sehr ernst“

Mit einem Update für Windows 7 verschwand auf einmal das Auswahlfenster für andere Browser. Der EU-Wettbewerbskommissar findet das gar nicht lustig.

Erträgt offenbar keine Konkurrenz: der Microsoft Internet Explorer. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Softwarerhersteller Microsoft ist erneut in das Visier der europäischen Wettbewerbshüter geraten. Der zuständige EU-Kommissar Joaquín Almunia sagte am Dienstag in Brüssel, Microsoft halte sich nicht an die vor drei Jahren getroffene Absprache, den Nutzern seines Betriebssystems Windows die freie Auswahl bei den Web-Programmen zu lassen.

Eigentlich gilt diese Verpflichtung bis ins Jahr 2014. Sie sieht vor, dass Nutzer bei der Installation die Möglichkeit haben, neben Microsofts hauseigenen Internet Explorer (IE) einen von elf weiteren Browsern zu wählen. Die EU-Kommission wollte Microsoft damit zwingen, sein Monopol im wichtigen Markt der Web-Programme aufzugeben – zuvor hatte der Marktanteil des IE bei über 90 Prozent gelegen.

Seit Frühjahr 2011 scheint sich Microsoft nicht mehr an die Vorgaben zu halten. Mit einem Update-Paket für Windows 7 verschwand die freie Browserwahl plötzlich. „Im Ergebnis konnten 28 Millionen User dieses Auswahlfenster nicht mehr sehen“, so Wettbewerbskommissar Almunia. Er halte es für einen einmaligen Vorgang, dass sich ein Unternehmen so deutlich den Vorgaben der Kartellwächter widersetze. „Wir nehmen das sehr ernst.“

Sollte Microsoft in dem neuen Kartellverfahren erneut den Kürzeren ziehen, drohen dem Unternehmen hohe Strafzahlungen – potenziell 10 Prozent des Jahresumsatzes. Zuvor hatte das US-Unternehmen in verschiedenen Kartellverfahren bereits Strafen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro akzeptieren müssen. Der Browser-Streit zieht sich international seit 1998 hin.

Damals war die US-Regierung erstmals gegen Microsoft vorgegangen. Vonseiten des Konzerns hieß es gegenüber der EU-Kommission, bei dem fehlenden Auswahlfenster handle es sich lediglich „um ein technisches Versehen“.

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4 Kommentare

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  • F
    friedbert

    Das Wettbewerbsrecht der EU ist dermaßen

    industriezerstörerisch, das es verboten gehört.

    Der Niedrigstpreiszwang auch bei öffentlichen

    Ausschreibungen muss zu Gunsten der nachhaltigen

    Qualität von Arbeit, Beschäftigung und Entwicklung

    beschnitten werden.

     

    Der Preis des Endproduktes ist NICHT entscheidend,

    sondern die Gesamtkostenbilanz,

    der Preis der Konkurrenzprodukte und

    die Einnahmesituation der Verbraucher!

    Der Endproduktpreis ist völlig unzureichend!

    Es sind u.a. diese dämlichen Regeln, die

    ein Abwandern der Industrie aus Europa begünstigt

    haben. Um die notwenidigen Steuern

    zur Bekämpfung der Staatsschulden zahlen zu können,

    müssen die Unternehmen erst einmal solche

    Gewinne einfahren können und Rücklagen auch

    für zukünftige Managementfehler haben.

    Der Terror der ständigen Gewinnminimierung durch

    globalisierten Wettbewerb mit letzlich nur noch

    einen geostrategischen Gewinner muss Einhalt

    geboten werden. Das haben selbst die Industrieunternehmen eingesehen! Es wird

    Zeit, dass dies auch endlich die Politik begreift.

    Viele Fernseherhersteller(z.B. 50) sind besser als 6 Globalunternehmen, wovon nur noch 3 und später nur

    noch eins überleben würde!

     

    Wenn in Zukunft nicht mehr in Kapitalvermehrung

    durch Zocken(Rohstoffe, Derivate, Währungen) das Kapital abwandern soll, dann

    muss die Realwirtschaft rentabler werden dürfen

    oder illegale Preisabsprachen werden gefälligst

    auch im Schattenbankenbereich und bei Versicherungen,

    Banken extrem rigide gemessen an ihren Dividendenausschüttungen bestraft.

    Leider werden die Arbeiter in vielen

    Fernseherwerken von den eingeheimsten Gewinnen

    nicht allzuviel gesehen haben.

  • MG
    Maik G

    Wie sieht es denn bei Apple aus? Da wird doch auch Safari vorinstalliert. Wieso schlägt da das Kartellamt nicht mal auf? Bei denen gibts sicher auch mehr zu holen, so wie die das Geld aus ihren Kunden heraus pressen..

     

    Ich finde es lächerlich, wie Microsoft permanent wegen Wettbewerbswidrigkeiten angeklagt wird, die sich die Konkurrenz genauso begeht.

     

    Zumal dieses Browserauswahlfenster ungefähr genauso wettbewerbswidrig ist, wie einen bestimmten Browser vorzuinstallieren. Es gibt weit mehr als 8 Browser, was ist mit all denjenigen, die MS nicht anzeigen muss? Um eine ernsthafte Fairness zu gewährleisten, müssten ALLE Browser aufgelistet werden - ein Ding der Unmöglichkeit.

     

    Ist doch alles lächerlich..

  • NK
    Nur Kopfschütteln...

    Grundsätzlich sollte unterbunden werden wenn Firmen ihren Status als Monopolist ausnutzen (wollen).

    In diesem Fall für mich allerdings nicht nachvollziehbar.

     

    Im letzten Monat musste ich drei Rechner mit Windows 7 bespielen, und bei jeder der drei Installationen war im Updatebundle die Funktion den optionalen Browser zu installieren enthalten.

     

    Abgesehen davon, was ist so schlimm daran nach einer sauberen Neuinstallation über den IE einen alternativen Browser zu installieren? Das mache ich schon seit Windwos 95 so & es hat nie gestört.

    Microsoft zu zwingen alternative Browser direkt in Windows zu integrieren ist so als würde ich einem Automobilhersteller aufzwingen bei der Bestellung eines Wagens eine Auswahl an verschiedenen Reifenmarken anzubieten, ansonsten müsste das Kartellamt klagen.

     

    Es gäbe wirklich wichtigere Aspekte um die sich die Kartellämter kümmern könnten...

  • R
    RudiRatlos

    Ich sehe gerade auf meinem Desktop das Icon der Browserwahl und habe es mal getestet - es funktioniert sogar noch. Und Windows7-Updates gibt es ja wirklich oft genug. Da ich standardmäßig den IE nicht nutze und unter den Internetoptionen meinen favorisierten Browser gespeichert habe - gibt es echt keinerlei Problem.