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EU-Handelskommissar in der KritikJuden sind für De Gucht Rechthaber

Ein Interview-Zitat von EU-Handelskommissar Karel De Gucht hat Entrüstung hervorgerufen: Die "meisten Juden" seien im Glauben, "dass sie recht haben", sagte er. Die Kommission geht auf Distanz.

Für seine undiplomatische Sprache berüchtigt: EU-Handelskommissar Karel De Gucht. Bild: dpa

BRÜSSEL dpa | Nach umstrittenen Äußerungen über Juden hat sich die EU-Kommission vorsichtig von ihrem Handelskommissar Karel De Gucht distanziert: "Das sind persönliche Sichtweisen", sagte ein Sprecher der Behörde am Freitag in Brüssel. De Gucht, der früher

Außenminister Belgiens war, hatte am Donnerstag im niederländischsprachigen Rundfunk seines Landes zum Nahostkonflikt geäußert. "Es gibt einen Glauben bei den meisten Juden, man kann es kaum anders beschreiben, dass sie recht haben", sagte er dem Sender.

"Es ist nicht einfach, selbst mit gemäßigten Juden, eine rationale Diskussion über die aktuellen Vorgänge im Nahen Osten zu führen." De Gucht sprach auch über eine "jüdische Lobby" in den USA. US-Präsident Barack Obama habe diese gegen sich im Hinblick auf die Siedlungspolitik.

Der Jüdische Europakongress (EJC) kritisierte die Äußerungen scharf. Sie müssten zurückgenommen werden, außerdem sei eine Entschuldigung nötig, forderte die Dachorganisation. De Gucht bedauerte, dass seine Äußerungen in einer Weise interpretiert worden seien, die er nicht beabsichtigt habe. "Ich möchte deutlich machen, dass Anti-Semitismus in der heutigen Welt keinen Platz hat und grundlegend gegen unsere europäischen Werte ist." Er habe die jüdische Gemeinschaft nicht beleidigen wollen.

De Gucht ist in seinem Heimatland für seine undiplomatische Sprache bekannt. Vor einigen Jahren, als er noch Außenminister war, lösten Bemerkungen über Kongo eine diplomatische Krise mit der ehemaligen belgischen Kolonie aus.

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14 Kommentare

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  • GL
    Gerhard Lange

    De Gucht sprach auch über eine "jüdische Lobby" in den USA. US-Präsident Barack Obama habe diese gegen sich im Hinblick auf die Siedlungspolitik...

     

    Diese Aussage hat nichts mit Hetze gegen Juden zu

    tun. Sie spiegelt schlicht und einfach die Realität in den USA wieder. Ähnliche Offenheit würde ich mir

    auch von deutschen Politikern wünschen. Aber in

    Deutschland scheint dieses Thema ein Tabu zu sein.

     

    Die Israel-Lobby ist eine der mächtigsten

    Lobbygruppen in den USA. Zu AIPAC meinen Maersheimer

    und Walt: "Ein Politiker, gleichgültig welcher Partei, könne in den USA in Washington nur etwas

    werden, wenn er die Israel-Lobby hinter sich hat."

     

    Wie diese Lobby in den USA arbeitet, kann man in

    der Studie von John J. Mearsheimer und Stephen M.

    Walt aus dem Jahre 2006 nachlesen.

     

    DIE ISRAEL-LOBBY UND DIE US-AUSSENPOLITIK

    http://www.dpg-netz.de/downloads/Israel_Lobby.pdf

     

    Dieser Einfluß hat bis heute dazu geführt, daß es

    immer noch kein Friedensabkommen im Nahen Osten gibt. Die USA sind nie als neutraler Vermittler in

    diesem Konflikt aufgetreten. Eher ist das Gegenteil

    der Fall. Sie sponsern Israels völkerrechtswidrige

    Politik gegenüber den Palästinensern mit jährlich

    ca. 3 Milliarden Dollar.Dank der USA hat Israel auch

    keine Sanktionen von der UNO zu befürchten, obwohl

    dieses Land einschlägige UN-Resolutionen mißachtet.

  • V
    vantast

    Der Mann hat Recht. Auch meine Vorschläge, das Palästinaproblem ohne Blutvergießen zu lösen, sind immer nur mit Beschimpfungen beantwortet worden.

    Ein ehemaliger Botschafter Israels sagte auf die Frage, ob man Israel Kritisieren dürfe: Natürlich darf man das.Aber Israel ist auch die Heimat der Juden.

  • E
    Erich

    Da ist der Kommissar doch in guter Gesellschaft.

    Ich habe gerade auf der Homepage unseres Intelligenzgen bevorzugenden Bundesbankers Sarrazin seine Begründung nachlesen dürfen - "unverfälscht von der böswilligen Berichterstattung" (Ob er da die taz meint?): http://thilosarrazin.blogspot.com

     

    Allmählich frage ich mich, ob das alles nur ein böser Traum ist oder ob wir jetzt von den NS-Zombies aus der Vergangenheit erneut heimgesucht werden.

     

    Da gewinnt das Wort "Schläfer" ja eine ganz neue gruselige Bedeutung ...

  • EP
    Ewald Pankratz

    EC halts proposed data deal with Israel.

     

    Meinen Dank an die Iren! EU Daten an die USA/Israel?

     

    Wozu?

  • T
    tarkhan9

    Es ist schon unglaublich wofür sich ein EU-Diplomat entschuldigen soll.

     

    Er sagt ja nicht mehr und nicht weniger als das die meisten Israelis nicht rational sind in Ihrem handeln und denken was die Palästina-Frage angeht.

     

    Was bitteschön ist denn daran nun falsch?

    Die Israelis wählen doch Ihre Politiker und deren Politik und diese findet ja tagtäglich auch in unseren Wohnzimmern per TV statt.

     

    Ich habe noch nirgends gelesen das Israel sich für irgendetwas enschuldigt hätte und damit meine ich nicht irgendwelche Statements die von Ihr abgegeben wurden sondern Kriegsverbrechen und Ermordung der Zivilbevölkerung.

     

    Wenn man, wie ich finde, nicht einmal eine solche harmlose Kritik eines Diplomaten zulassen will, geht es hier um die Taktik mit der Antisemitismus-Keule anderen evtl. Kritikern zu drohen.

    Was leider auch sehr oft gelingt, vor allem in Deutschland und in den USA.

  • F
    Fritz

    Bekannte Trivialitaet. Jeder ist so, bis es nicht mehr geht.

  • P
    pebbles

    ..."Es ist nicht einfach, selbst mit gemäßigten Juden, eine rationale Diskussion über die aktuellen Vorgänge im Nahen Osten zu führen." De Gucht sprach auch über eine "jüdische Lobby" in den USA...

     

    Verzeihung, aber wo bitte hat der Mann hier Unrecht? Und was ist daran antisemitisch?

     

    In meinen Augen mal wieder große Aufregung um nix.

  • L
    lvm

    besser sollte es doch der spruch doch lauten:

     

    "Es gibt einen Glauben bei den meisten Menschen, man kann es kaum anders beschreiben, dass nur sie recht haben."

     

    ich bin da leider auch keine Ausnahme, aber wer ist das denn auch schon

     

     

    mfg

    lvm

  • V
    Verhältnismäßigkeit

    Wenn ich wegen allem was ich in meinem Leben an Kopf geworfen bekommen hab sonen Aufstand machen würde hät müsst ich 24/7 bis ich Rentner bin "scharf kritisieren".

  • CV
    Christian Völker

    Anders als die Sarrazinschen Äußerungen ist das hier doch immerhin nachvollziehbar. Fraglich ist nur, ob es hilfreich ist.

  • A
    anonüm

    Da hat er leider Gottes nicht unrecht aber das darf man ja nicht sagen....

  • H
    Herbert

    "Die meisten Juden" sind im Glauben, "dass sie recht haben"?

    Eine, meiner Meinung nach, völlig richtige Aussage.

    Ebenso glauben das aber die meisten Christen, Moslems, "Andersgläubige", wie auch Konfesionslose, kurzum die meisten Menschen.

    Vielleicht sollte De Gucht seine Aussage erweitern.

  • M
    minimax

    Also was darf man denn heute noch sagen?

    Darf man Juden noch als Juden benennen, ohne schief angekuckt zu werden?

    Wenn er das wortwörtlich so gesagt hat, dann verstehe ich echt nicht, wo das Problem liegt, zumal er gewisse Äußerungen auch eindeutig relativiert hat ("...sogar mit gemäßigten....").

     

    Die israelische Regierung GILT als gemäßigt, ....aber gibt/gab und es wird keine Fortschritte geben. Warum?

    Weil sie keinen Frieden brauchen. Sie haben ALLES, außer Moral.

  • L
    Lateinamerikaner

    Liebe, gute Europeos: Lasst euch nicht verrueckt machen - das sind nicht eure Probleme. Das ist die Achilles-Ferse der USA...