EU-Entwicklungshilfe auch für das Militär: Hilfsgelder für Uniformen

Die EU-Kommission will ein Programm so ändern, dass Entwicklungshilfe auch für Militär in Partnerländern ausgegeben werden kann.

Flüchtlinge in einem Schlauchboot

Flüchtlingsboot bei der Ankunft auf Lesbos: Die türkische Küstenwache sperrt die Route über die Türkei schon jetzt mit EU-Mitteln Foto: dpa

BERLIN taz | Dicke grüne Punkte verteilen sich über die interaktive Weltkarte. Sie stehen für die Projekte des EU-Instruments für Stabilität und Frieden: Vorzeigeprojekte etwa wie das, in denen Kolumbiens Berggemeinden von Minen befreit werden. Krisenreaktion und Konfliktverhütung hat sich das Programm auf die Fahnen geschrieben.

Doch derzeit tobt eine heftige Diskussion über das Ins­trument. Geht es nach der EU-Kommission, sollen die Gelder des Programms künftig auch für militärische Zwecke ausgegeben werden können. Sie schließt zwar aus, Waffen und Munition zu finanzieren. Doch sollen mit den Mitteln etwa Ausrüstung und Infrastruktur von Streitkräften in Partnerländern finanziert werden können.

Am Dienstag stimmt der Außenausschuss des EU-Parlament über den Entwurf ab, den der konservative Berichterstatter Arnaud Danjean für das Parlament zu dem Vorhaben erstellt hat. In einem zweiten Votum geht es dann darum, ob die Trilogverhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission aufgenommen werden sollen.

Viele Entwicklungsexperten sind darüber entsetzt: Martina Fischer, Referentin für Frieden und Konfliktbearbeitung beim evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt, nennt es „einen politischen Skandal“. Innerhalb des EU-Parlaments wehren sich vor allem die Grünen gegen eine Umwidmung des Programms. Die Finnin Heidi Hautala etwa machte ihrem Ärger in einem Kommentar für das Onlineportal Euractiv Luft. Sie kritisierte, dass damit die Armutsbekämpfung aus dem Mittelpunkt der europäischen Entwicklungspolitik rücke.

Eine „Ungeheuerlichkeit“ nannte die Linken-Abgeordnete Sabine Lösing die Pläne. Sie wird im Außenausschuss abstimmen. Lösing kritisiert die generelle Hinwendung der EU zu militärischen Interventionen. Schon vorher seien mit dem Instrument zudem fragwürdige Projekte rund um Grenzkontrolle finanziert worden. Das Programm fördert die türkische Küstenwache bereits heute beim „Migrationsmanagement“.

Elmar Brok, CDU

„Entwicklungspolitik ohne Sicherheit geht nicht“

Ein besonders strittiger Punkt: 100 Millionen Euro zusätzlich bis 2020 will die EU-Kommission dem Haushalt des Programms zuschlagen, ein Teil davon aus dem Entwicklungshilfebudget. Das wollen die Sozialdemokraten im Außenausschuss verhindern: Eine Zustimmung gebe es nur, wenn das Geld nicht aus dem Topf für die Entwicklungszusammenarbeit komme, sagt der Abgeordnete Knut Fleckenstein. Ein grundsätzliches Problem sieht er aber nicht: „Wenn es nicht darum geht, mit Waffen zu verteidigen, sondern etwa in die Infrastruktur der Streitkräfte zu investieren, halte ich das für vertretbar.“

Der Christdemokrat Elmar Brok geht noch weiter: Er plädiert für einen breiteren Begriff von Entwicklungszusammenarbeit. Deshalb werde er dem Bericht zustimmen, sagte der EU-Parlamentarier: „Entwicklung ohne Sicherheit geht genauso wenig wie ohne fairen Handel und ohne Kampf gegen Klimawandel und gegen illegale Finanztransfers.“

Es gilt als wahrscheinlich, dass die Befürworter der Änderung des Programms am morgigen Dienstag durchkommen. Das ist auch „Brot für die Welt“-Referentin Fischer bewusst. Sie gibt zu bedenken: Ob die Pläne der EU-Kommission überhaupt legal seien, sei umstritten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.