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EU-Beitrittsverhandlungen mit der TürkeiErdoğan droht mit Flüchtlingen

Der türkische Präsident deutet an, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen. Das Europaparlament hatte zuvor für das Einfrieren der Beitrittsgespräche gestimmt.

Syrer beten in einem türkischen Flüchtlingslager Foto: dpa

Istanbul afp | Nach dem Votum des EU-Parlaments für ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge Richtung Europa gedroht. „Hören Sie mir zu. Wenn Sie noch weiter gehen, werden die Grenzen geöffnet, merken Sie sich das“, sagte Erdogan am Freitag in einer Rede in Istanbul an die Adresse der EU.

Brüssel und Ankara hatten im März ein Abkommen geschlossen, um die Flüchtlingsbewegung Richtung Europa einzudämmen. Nach der Vereinbarung machten sich deutlich weniger Menschen auf den gefährlichen Weg aus der Türkei über die Ägäis, um auf diese Weise die griechischen Inseln und damit die EU zu erreichen.

Am Donnerstag hatte das Europaparlament ein „vorläufiges Einfrieren“ der Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert. Die Kommission und die EU-Staaten müssten eine entsprechende Initiative ergreifen, verlangte das Parlament in einer Entschließung. Es begründete diesen Schritt mit den „unverhältnismäßigen Repressionen“, die seit dem gescheiterten Militärputsch Mitte Juli in der Türkei gegen Regierungsgegner ergriffen worden seien.

Daraufhin hatte auch der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hat Europa indirekt mit der Aufkündigung des Flüchtlingspakts gedroht. „Wir sind einer der Faktoren, die Europa beschützen. Wenn Flüchtlinge durchkommen, werden sie Europa überfluten und übernehmen. Die Türkei verhindert dies“, sagte Yildirim am Donnerstag im Fernsehen. Ein Einfrieren der EU-Beitrittsgespräche würde Europa deutlich stärker schaden als der Türkei.

Der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), glaubt jedoch nicht, dass die Türkei den Flüchtlingspakt mit der EU aufkündigt. „Das Flüchtlingsabkommen liegt auch im Interesse der Türkei. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes hängt vor allem von guten Beziehungen zur EU ab“, sagte Brok der Oldenburger Nordwest-Zeitung. Eine Aufkündigung des Flüchtlingspaktes oder gar der Abbruch der Beziehungen zur EU wäre demnach für Ankara von großem Nachteil. „Das weiß auch die türkische Führung.“

Die Bundesregierung warnte derweil vor einer weiteren Eskalation des Streits mit der EU. „Drohungen auf beiden Seiten helfen da jetzt nicht weiter“, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin. Wo es Schwierigkeiten gebe, müsse miteinander geredet werden, um diese auszuräumen.

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4 Kommentare

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  • Es wäre allgemein besser, die Opfer des Kriegs des Kremls und des Assad-Regimes per Schiff zu evakuieren.

    Mit Erdogan müssen keine Verträge geschlossen werden.

  • Wann wachsen unserer Regierung endlich Eier?! Für jeden Flüchtling, den Erdogan durchlässt, wird ein DITIB Imam oder Angestellter ausgewiesen. Ohne seine Propaganda Organisation, hat Erdogan hier keinen Zugriff mehr auf "seine Türken"... DAS wäre die passende Antwort an den Despoten.

    • @Jens Frisch:

      sehr gut ich würde gleich noch die PKK neu einstufen und ihr Label als Terrororganisationen entfernen.

       

      Nebenbei noch ein wenig Entwicklungshilfe für Erbil und natürlich kostenlose Lieferung von ausgedienten Bundeswehrgroßgerät aller Art(zum Schutz vor dem IS)

  • Die Öffnung der türkischen Grenzen für die Ausreise von NATO-Kriegs-, Wirtschafts-, Flucht- und IS-Vertreibungsopfern wäre eine vorbildliche menschenrechtliche Entscheidung Erdogans und seiner AKP-Regierung. Und zugleich auch ein Prüfstein bei den bundesdeutschen Gutmenschen für ihre tatsächliche und vorgebliche uneigennützige Menschen- und Nächstenliebe!

     

    Allerdings bedürfte es auch noch türkischer Regierungsentscheidungen für die nationale Unabhängigkeit der Kurdengebiete, als wesentliche Voraussetzung für die kommende Bildung einer Demokratischen Republik Kurdistan und einen Zusammenschluss aller heutigen kurdischen Siedlungsgebiete.

     

    Damit wäre die Türkei auch auf einem vorbildlichen Weg für die gut-geschmierte Administration in der Europäischen Union!