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EU-Ausschuss lehnt EZB-Kandidat abMersch scheitert am Geschlecht

Brüssel will Yves Mersch nicht im EZB-Direktorium haben – er ist ein Mann. Ein Gesetzentwurf für eine Quote in Vorständen ist vorerst vom Tisch.

Am Y-Chromosom gescheitert: Yves Mersch. Bild: dapd

STRAßBURG afp/dapd/rtr | Der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments hat sich gegen die Nominieung des Luxemburger Notenbankers Yves Mersch für einen Sitz im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. Gegen den entsprechenden Vorschlag der Euroländer votierten am Montagabend 20 Abgeordnete, 13 stimmten für Mersch. Zwölf Ausschussmitglieder, darunter vor allem Christdemokraten, enthielten sich der Stimme.

Der Protest richte sich nicht gegen seine Person, versicherten mehrere Abgeordnete dem 63-jährigen Luxemburger, der zu der Anhörung nach Straßburg gekommen war. Seine Kompetenz werde nicht in Frage gestellt. „Wir können aber nicht hinnehmen, dass eine so wichtige Institution wie die EZB nur von Männern geleitet wird“, sagte die liberale Französin Sylvie Goulard.

Die Regierungen der Eurozone hatten für den Posten keine Frau vorgeschlagen, obwohl dies der Ausschuss ausdrücklich gefordert hatte. Derzeit sind alle sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums Männer, genau wie die Notenbankchefs aus den 17 Euroländern, die den Gouverneursrat der EZB bilden. Der nächste turnusmäßige Wechsel in den beiden Spitzengremien steht erst 2018 an.

Die Abstimmung des Ausschusses hat indes nur einen empfehlenden Charakter und kann Merschs Nominierung zunächst nicht verhindern. Als nächstes muss das gesamte Parlament darüber abstimmen.

Das Europaparlament muss zu der Frage zwar Stellung nehmen, die EU-Staaten können sich aber über sein Votum hinwegsetzen. Mehrere Abgeordnete deuteten an, dass sie am Donnerstag einer Ernennung des Luxemburgers zustimmen werden, falls EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bis dahin eine Zusage zu einer stärkeren Beteiligung von Frauen in EU-Spitzengremien macht.

Verbindliche Frauenquote

Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat am Dienstag ihren Vorschlag für eine EU-weit verbindliche Frauenquote vorgestellt. Demnach sollen 40 Prozent aller Aufsichtsratsposten in börsennotierten Unternehmen von 2020 an von Frauen besetzt werden. Diese Quotenregelung hat aber in der EU derzeit keine Chance. Die Kommission konnte sich nicht auf einen Entwurf einigen. Das Thema wurde auf Ende November vertagt.

Brüsseler Angaben zufolge sind nach wie vor nur 13,5 Prozent aller Vorstandsmitglieder in Europa Frauen, unter den Vorstandsvorsitzenden dümpelt ihr Anteil gar bei 2,5 Prozent.

Im Europaparlament stellen sich hingegen die fünf maßgeblichen Fraktionen hinter den Vorschlag Redings. Derzeit seien EU-weit in den größten Unternehmen kaum 14 Prozent der Aufsichtsratmitglieder Frauen. Dies sei „inakzeptabel“, zumal 60 Prozent der Hochschulabsolventen in der EU Frauen seien, heißt es in einer fraktionsübergreifenden Mitteilung an die Presse.

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7 Kommentare

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  • S
    Stephan

    @Ralph

     

    Eine Geschlechtsumwandlung ist nicht nötig. Er könnte sich als homosexuell orientierte Transsexueller erklären, um als Frau anerkannt zu werden. Das würde obendrein einen persönlichen Einsatz zeigen, was vielleicht gut ankommt.

     

    Wenn er dann in Rente geht, könnte er durch diesen Mechanismus wieder als Mann anerkannt werden -- und dann den Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments verklagen, weil er diesen Schritt machen musste, nur um Arbeiten zu dürfen.

     

    Aber so weit wird es nicht kommen, den der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments darf sich vielleicht über die Gesetze setzen (äh, wirklich?), aber die Europäischen Zentralbank wird das nicht dürfen. Und so wird er den Job bekommen.

     

    Mann kann es auch zu weit treiben, liebe Abgeordnete.

  • L
    leser

    @Kimme: Welches Berufsleben von Frau Reding?

  • R
    Ralph

    Mein Vorschlag: Geschlechtsumwandlung.

     

    Aufzeigen, wie absurd es ist, das Vorhandensein on Geschlechtsmerkmalen über das von geistigen zu stellen - egal welcher Natur.

     

    Es steht außer Frage, daß jeder, unabhängig seines Geschlechts, dieselben Chancen bekommen muß; aber eine Frauenquote ist ebenso diskriminierend wie eine Männerquote -- und das für alle Beteiligten.

     

    Es ist, mit einem Wort, diskriminierend, Herrn Mersch wegen seines Geschlechts nicht einzusetzen; und es ist der Gipfel der Frechheit, ihm das so auch noch ins Gesicht zu sagen. Wäre er aber eine Frau gewesen...

  • H
    Hans

    Ich habe keine Ahnung ob Herr Mersch die erste Wahl in Bezug seiner Qualifikationen ist, kann und will dies auch nicht beurteilen.

    Aber: Wer bei der Vergabe solcher Positionen ausgerechnet das Geschlecht zum ausschlaggebenden Qualifikationskriterium macht diskreditiert sich selbst als völlig unfähig für solche Entscheidungsprozesse.

    Wer die einfache Wahrheit, dass weder Schwanz noch Möse zum Denken geeignet sind, nicht kapieren will, macht nicht spezifisch fachliche sondern ideologische und machtpolitische Kriterien zum Mittelpunkt seiner Entscheidungsfindung.

    Feministischer Sexismus (und um nichts anderes handelt es sich hier!) ist genau so dummdreist, menschenverachtend und gefährlich wie seine maskuline Variante.

    Beide gehören in den Orkus der Geschichte verdammt!

  • N
    Normalo

    Liebe Redaktion,

     

    was denn nun? Vorstand oder Aufsichtsrat?

     

    Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man eine Frauenquote für den Aufsichtsrat vorschreibt - also eine wahrscheinlich wirklungslose, symbolpolitische Alibiaktion wie im goldberockt tagenden Norwegen - oder ob man den Unternehmen befiehlt, wie sie ihren Vorstand zu besetzen haben. Der Aufsichtsrat ist (nur) ein Kontrollgremium, das außerhalb der unternehmenseigenen Hierarchie steht und damit unabhängig von der Situation von Frauen auf allen Ebenen des Managements beliebig besetzt werden kann - also ein idealer Spielplatz für "Veränderungen", die möglichst wenig verändern sollen.

     

    Eine Zwangsquote im Vorstand wäre hingegen wirklich ein gewalt(tät)iger Eingriff in die Unternehmensführung. Man mag unterschiedlicher Meinung sein, ob er im Licht der Grundrechte überhaupt bestehen kann oder ob er ökonomisch vertretbar ist. Aber für Jene, die (absurderweise) "Gleichberechtigung" nur an der Anzahl der weiblichen Vorstände messen, ist dieser weiter gehende Schritt sicherlich unumgänglich.

     

    Ich wäre also dankbar, wenn Ihr mal die journalistischen Muskeln anspannen und Euch entscheiden könntet, was für eine Quote die gute Frau Reding aus dem fernen Brüssel denn nun eigentlich will...

  • K
    Kimme

    Ein so wichtiger Posten sollte nicht nach Quote sondern nach Kompetenz vergeben werden. Hiervon hängt das Wohl und der Wohlstand Europas von ab, da hat postengeschachere und genderblödsinn außen vor zu sein.

     

    Und wie unglaublich dämlich kann man sein, wenn man immer noch die 60% Frauenquote der Hochschulkabsolventen für die Vergabe von Vorstandsposten ins Feld führt. Ich habe noch nie von einem/einer PädagogIn im Aufsichtsrat von Mercedes, Porsche, BASF oder Sony gelesen. Dass sich ein überproportional großer Anteil (zumindest im Verhältnis zu jenen bei den Männern) der Frauen für Lehramt, Sprachwissenschaften und Medizin entscheiden ist bekannt. Ebenso dass Frauen oft den Weg der ausgeglichenen Work-Life-Balance dem der 60 Stunden Woche mit Herzinfarkt im Alter von 50 bis 60 (was m.M. auch klüger ist) wählen. Dann kommen jene dazu die lieber zu Hause bei den Kindern bleiben wollen, oder einfach sagen Familie ist mir wichtiger, also arbeite ich nur auf einer 3/4-Stelle. Nimmt man das alles zusammen kommen wir bei wesentlich weniger als den 60 % raus. Bereinigt man die Kohorte der Männer um die gleichen Faktoren, wird man wohl auf eine Verteilung von 30 Frauen zu 70 Männern kommen.

    Frau Rehding ist eine Hobbypolitikerin, die durch Quote ins Amt gehoben wurde und in ihrem Berufsleben noch nichts entscheidendes erreicht hat. Hier ist klar ein Bedürfnis zur Profilierung zu erkennen und vermutlich will sie einfach ein paar Vorstandsposten schaffen, damit sie noch gutes Geld verdienen kann, wenn in der Politik für sie Schluss ist.

  • B
    BessermenschInnen

    Menschen nach Geschlecht statt nach Können zu beurteilen ist genau das Gegenteil von Gleichberechtigung. Die EU ist längst das perfekte antidemokratische Instrument einiger BessermenschInnen. Statt das Arbeitsleben der Tatsache anzupassen, daß Frauen Kinder bekommen und Männer nicht, passt man die Frauen an. Das Ergebnis sind unzufriedene kinderlose Frauen um die 50, die versuchen andere Frauen so werden zu lassen wie sie und hasserfüllt über "Milchkühe" reden wenn eine glückliche Mutter mit Kinderwagen vorbeifährt. Das Ergebnis einer kinderfeindlichen, überalteten und aussterbenden Gesellschaft will man durch Einfuhr von Menschen lösen, bevorzugt aus dem Orient und Afrika welche man dann in das alte marode Dogmatikersystem "integriert". Das ist der falsche Weg und es wird Zeit dagegen aufzubegehren. Die Meinungsführerschaft der BessermenschInnen dank linker Altmedien ist bisher die größte Hürde aber die neuen Medien ändern bereits jetzt viel. 1945 musste man die Trümmer des National-Sozialismus aufräumen, 1989 die des Demokratischen-Sozialismus und bald die des Bessermenschen-Sozialismus. Von Herrenmeschen zu Bessermenschen eben. Auch das geht vorbei. Die gesellschftlichen Schäden sind gigantisch und es wird viel Zeit, Geld und Arbeit brauchen. Doch danach leben wir frei und besser.