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EU-AlternativengipfelEuropäische Bewegung gesucht

Vom 7. bis 9. Juni findet in Athen der Alter Summit statt. Auch die deutschen Gewerkschaften mobilisieren zu diesem Treffen der europäischen sozialen Initiativen.

Aufruf zur Zusammenkunft: der Alter Summit am 7. und 8. Juni in Athen. Bild: dpa

BERLIN taz | Weltsozialforum, europäisches Sozialforum – die Liste der Gipfeltreffen sozialer Bewegungen ist lang. Doch nie war der Druck und Wille größer, bei dem für den 7. und 8. Juni in Athen einberufenen „Alter Summit“ einen qualitativen Sprung bei der Vernetzung europäischer Bewegungen hinzubekommen.

Unter dem Motto „Stoppt die Kürzungspolitik, bevor sie die Demokratie zerstört“ rufen die Organisatoren des EU-Alternativengipfels, linke Bewegungen, NGOs und Gewerkschaften aus Griechenland und Europa dazu auf, nach Athen zu kommen. Man will gemeinsame Aktionen und Strategien planen sowie Alternativen für ein anderes Europa in die Öffentlichkeit tragen.

„Es wird ein hoch symbolisches Treffen. Griechenland ist zum Laboratorium für die zerstörerische Kürzungspolitik geworden. Aber es kann auch zum Laboratorium des Widerstands werden“, heißt es im Gipfelaufruf auf www.altersummit.eu.

In der Tat sind in Griechenland Hunderte Projekte von unten entstanden: Jenseits staatlicher Institutionen betreiben Griechen Kliniken, die für wenig Geld medizinische Versorgung leisten, verteilen Lebensmittel direkt von ländlichen Produzenten oder organisieren Sprachkurse für Flüchtlinge. Das gilt nicht als karitativer Akt, sondern als Ausgangspunkt politischer Mobilisierung. Die wiederum ist bisweilen eng mit der linken Partei Syriza verknüpft, die bei den letzten Parlamentswahlen 27 Prozent erhielt.

5.000 Teilnehmer werden erwartet

Zum „Alter Summit“ rechnen die Veranstalter mit rund 5.000 Teilnehmern. Aus Deutschland ruft unter anderem Attac zu dem Gipfel auf. Aber auch von Ver.di, GEW, IG Metall sowie der DGB-Jugend fliegen Delegationen nach Griechenland.

Für Martin Beckmann aus der Abteilung Politik und Planung der Ver.di-Bundesverwaltung soll der Gipfel erneut gesellschaftlich und politisch spürbaren Druck entfalten, nachdem das Europäische Sozialforum (ESF) an Bedeutung verloren hat. „Wir haben aus dem ESF gelernt, verbindlicher zu werden, die inhaltlichen Debatten stärker zu fokussieren. Ich hoffe, wir können in Europa eine relevante Bewegung zusammenführen.“

Die Zeit drängt. In einer Sympathieerklärung für den Gipfel, die am Mittwoch veröffentlicht wurde (www.europa-neu-begruenden.de), sprechen Wissenschaftler wie Elmar Altvater, Gerhard Bosch, Birgit Mahnkopf und Steffen Lehndorff davon, dass die Lage in Europa immer beunruhigender werde. Ihr Fazit: Wer könne, solle nach Athen fahren.

Denn „Europa braucht eine öffentliche Debatte über eine solidarische und demokratische, über seine gemeinsame Zukunft.“ Das sehen auch namhafte Vertreter deutscher Gewerkschaften so. Unterzeichnet haben u. a. DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach, der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne, die Ver.di-Bundesvorstandsmitglieder Andrea Kocsis und Frank Werneke sowie die Vorstandsmitglieder der IG Metall, Christiane Benner, Helga Schwitzer und Hans-Jürgen Urban.

Urban wird in Athen sprechen. „Ich möchte deutlich machen, dass wir eine europaweite Reformbewegung für ein soziales und demokratisches Europa brauchen“, sagt er. Das ist ein Hinweis darauf, dass Gewerkschaften und soziale Bewegungen in der Krise wieder ein Stück zusammengerückt sind – so wie es sich auch im Netzwerk für mehr Steuergerechtigkeit „Umfairteilen“ zeigt.

Eingebettet wird der „Alter Summit“ in europäische Aktionswochen. Zu denen ruft der Europäische Gewerkschaftsbund für Juni auf. In Italien, Frankreich, Belgien oder Portugal sind bereits Aktionen geplant. Hierzulande mobilisiert der DGB parallel zum „Alter Summit“ für den 7. bis 9. Juni.

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1 Kommentar

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  • V
    vjr

    Genau – liebe taz, liebe Eva Völpel, wie Sie schreiben – genau da liegt das Problem: "Wer könne, solle nach Athen fahren."

    Die Einladungen zu solchen Treffen purzeln ein, doch – erstens – muss man Zeit haben, haben können, und – zweitens – die Reisekasse ist nur bei denjenigen gefüllt, die wissen wie man sie füllt oder sie schon von ihren Vorfahren gefüllt bekommen haben.

    So können nur Leute hin, die entweder das eine, oder das zweite haben (wobei das zweite das erstere oft beinhaltet).

    Was nun? Einfach immer wieder hin? Leute kennenlernen? Und lernen wie man Dinge verändert?

     

    Und danke für den Artikel!