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EOS-Kapazitäten werden vergrößert

■ Ab September sollen die Aufnahmezahlen an den Erweiterten Oberschulen (EOS) in Ost-Berlin und der DDR vergrößert werden, weil sonst ein Ansturm von Ost-GymnasiastInnen auf West-Schulen befürchtet wird

Ost-Berlin. Die Aufnahmekapazitäten für DDR-AbiturientInnen an den Erweiterten Oberschulen (EOS) sollen in Ost-Berlin und der DDR ab September stark erweitert werden. Dies wurde gestern am Rande einer Pressekonferenz der Westberliner Schulsenatorin Sybille Volkholz bekannt, die anläßlich der Konstituierung des Ost-West-Gremiums „Berliner Bildungsrat“ stattfand. Bis zur Wende waren von einem Jahrgang jeweils nur etwa acht Prozent aller SchülerInnen zum Abitur aufgenommen („delegiert“) worden, während in West-Berlin etwa 39 Prozent zur allgemeinen Hochschulreife an den Start gehen. Mit dieser Maßnahme soll nach Aussage der Schulsenatorin einem Run von Ost-EOSlerInnen auf West -Gymnasien vorgebeugt werden. Genaue Zahlen über die EOS -Aufstockung wurden jedoch noch nicht bekannt.

In dem auf Initiative der Schulsenatorin neu gegründeten „Bildungsrat“ sitzen jeweils zwei Experten aus der DDR und zwei aus dem Westen. Er ist parteineutral und hat keine Entscheidungskompetenzen.

Die Unsicherheit in den Schulen der DDR ist zur Zeit groß. Welche Abschlüsse im „einig Vaterland“ noch anerkannt werden, wird auf den Schulfluren heiß diskutiert. Die soziale Zukunft hat vor allem bei Lehrern allerdings noch Vorrang vor der Entwicklung neuer Schulkonzepte. „Wer die größte Sicherheit verspricht, bekommt die größte Lobby“, berichtet Dr. Hofmann von der Ostberliner Bildungsinitiative. Die Werber vom Westdeutschen Beamtenbund haben so schon 70.000 Mitglieder in der DDR zusammenbekommen. Professor Korn von der Ostberliner Akademie der Wissenschaften warnte dann auch „vor besinnungsloser Übernahme“ des dreigliedrigen West -Schulsystems und will dem durch ein „höheres Maß an Informationen“ begegnen. Das Wissen um die westliche Schulbildung ist vor allem in der DDR-Provinz gering. Als Gegengewicht gründete sich am Wochenende deshalb die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

Erste Konzepte will der Rat im Herbst vorlegen. Bis dahin wird Berlin aber schon an den Zerfallserscheinugen der Ost -Bildung zu knabbern haben. Zwar ist verbindlich festgelegt, daß z.B. schulpflichtige Kinder nicht einfach die Schulbank im Osten mit der im Westen vertauschen können, aber an den Unis sind die Probleme mit DDR-Studenten jetzt schon abzusehen.

Wer bei der ganzen Reformerei zuletzt gefragt wird, liegt auf der Hand. Die Schüler, um deren Zukunft es letztendlich geht, haben keine Lobby. Zwar bilden sich Schülerräte an den einzelnen Schulen, aber wenn der Lehrer sich mehr um neue Inhalte im Portemonnaie als im Schulbuch kümmert, müssen die Schüler erst mal sitzenbleiben.

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