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EG stellt Atomfirma unter Aufsicht

■ Eine Lingener Firma schaffte mit spaltbaren Materialien gefüllte Fässer „irrtümlich“ in die USA / Nichts geklaut

Brüssel (afp) - Die EG-Kommission hat das deutsche Atomunternehmen „Advanced Nuclear Fuels GmbH“ (Lingen) wegen Fahrlässigkeit im Umgang mit spaltbaren Materialien für vier Monate unter Verwaltungsaufsicht gestellt. Das Unterehmen hatte im Mai zwei Fässer mit 129,5 Kilogramm spaltbarem Material „irrtümlich“ zusammen mit leeren Fässern und offensichtlich ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen in die Vereinigten Staaten verschickt. Erst dort war der Irrtum aufgefallen. Die Kommission hielt den Vorfall für derart gravierend, daß sie am Mittwoch erstmals in der Geschichte des Euratom-Vertrages zu der Maßnahme griff, in deren Rahmen die Führung des Unternehmens für maximal vier Monate unter die Verwaltung einer von der EG und den nationalen Behörden bestimmten Aufsicht gestellt wird.

Der Vorfall hatte sich am 11.Mai in dem Lingener Werk im Rahmen des Routineverfahrens zur Herstellung atomarer Brennstoffe ereignet. Bei der Herstellung der Brennstoffe wird zunächst in europäischen Unternehmen angereichertes Uran an das Stammwerk von „Advanced Nuclear Fuels“ in Richland im US-Bundesstaat Washington geschickt. In dem zur US-Holding von Siemens gehörenden Unternehmen wird das Uran in Pastillenform umgewandelt. Dieses schwach angereicherte, spaltbare Material wird dann in Lingen zu Brennstäben verarbeitet. Die leeren Fässer, in denen das Material aus den USA kam, werden wieder nach Richland zurückgeschickt.

Wie ein Sprecher der EG-Kommission am Mittwoch mitteilte, wurden aufgrund „menschlichen Versagens“ zwei noch volle und versiegelte Fässer zu den leeren gestellt. Ein weiterer Mitarbeiter des Werkes habe dann die Etiketten der Fässer in der Annahme entfernt, sie seien leer. Danach wurden sie gemeinsam mit den leeren Fässern in die USA transportiert, wobei offensichtlich der Gewichtsunterschied nicht auffiel. Nach Angaben der EG kam nichts von den 129,5 Kilogramm spaltbaren Materials abhanden. Inwieweit die Sicherheitsmaßnahmen für leere Fässer niedriger sind als für volle und damit die Gefahr eines Diebstahls von spaltbarem Material bestand, blieb zunächst ungeklärt. Die europäischen Kontrollbehörden seien von dem Unternehmen über den Vorfall unterrichtet worden, erklärte ein Kommissionssprecher. Zudem fänden auch bei „Advanced Nuclear Fuels“ regelmäßige Kontrollen statt. Nach Paragraph 83 des Euratom-Vertrages kann die administrative Aufsicht maximal vier Monate dauern. Die Entscheidung der EG-Kommission sieht damit die Höchstdauer der Verwaltungsaufsicht für „Advanced Nuclear Fuels“ vor. Neben dem Entzug der spaltbaren Materialien ist dies die höchste Strafe, die die EG-Kommisson gegen Nuklearfirmen verhängen kann.

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