: EG beschließt Sanktionen gegen Jugoslawien
Meistbegünstigungsklausel für jugoslawische Republiken gestrichen/ UNO-Sicherheitsrat soll Ölembargo verhängen Differenzen über Anerkennung Kroatiens und Sloweniens bleiben bestehen/ EG-Friedenskonferenz ausgesetzt ■ Aus Rom Andreas Zumach
Die EG-Außenminister haben sich gestern auf einer Sondersitzung am Rande des Nato-Gipfels in Rom auf ein Paket von Wirtschafssanktionen gegen Jugoslawien geeinigt sowie entsprechende Maßnahmen durch die UNO gefordert. Am jugoslawischen Bürgerkrieg beteiligte Seiten, die sich „kooperativ“ im Sinne der bisherigen EG-Vorschläge verhalten, sollen Kompensationen erhalten für negative Auswirkungen der Sanktionen. Die EG-Friedenskonferenz wurde vorläufig ausgesetzt. In der Frage einer diplomatischen Anerkennung von Kroatien und Slowenien blieben Differenzen.
Das Handels- und Kooperationsabkommen mit Jugoslawien wird gekündigt. Da eine Kündigung nur mit einer sechsmonatigen Frist möglich ist, beschlossen die Außenminister darüber hinaus die „sofortige Suspendierung“ des Abkommens. Aus der Liste der Staaten, denen die EG die Meistbegünstigungsklausel und andere Handelspräferenzen gewährt, wird Jugoslawien gestrichen. Darüber hinaus erhält das Land keine Sonderzahlungen mehr aus dem Osteuropa-Hilfsprogramm der EG. Die drei EG-Staaten im UNO-Sicherheitsrat wurden beauftragt, im Sicherheitsrat die Verhängung eines Ölembargos gegen Jugoslawien zu beantragen. Außerdem soll der Sicherheitsrat Maßnahmen zu einer „effektiven Kontrolle“ des — allerdings bislang nur von der EG verhängten — Waffenembargos gegen Jugoslawien ergreifen.
Die „positiven Kompensationsmaßnahmen“ wurden zunächst nur „im Prinzip“ beschlossen. Worin diese Maßnahmen bestehen und wem sie gewährt werden, soll die EG- Kommission und das politische Komitee der Zwölfergemeinschaft im einzelnen entscheiden. Ob neben jugoslawischen Republiken auch Nachbarstaaten in den Genuß derartiger Kompensationsmaßnahmen kommen können, ließen die Außenminister zunächst offen. Entsprechende Ansprüche hatte bereits Griechenland angemeldet. Als Kriterium für die Gewährung der Maßnahmen gilt nach den Worten des niederländischen EG-Ratsvorsitzenden van den Broek „Kooperation“ mit den Vorschlägen der EG für einen Waffenstillstand sowie für eine politische Lösung des Konfiktes.
Die Friedenskonferenz wurde entgegen vorherigen Äußerungen von EG-Vermittler Lord Carrington nicht abgebrochen, sondern nur ausgesetzt. Über ihre Wiedereinberufung sollen Carrington und van den Broek „je nach Entwicklung der Lage“ entscheiden. Carrington erklärte in Rom, daß die Konferenz ohne eine Beteiligung Serbiens „nicht zu einem nützlichen Ergebnis kommen“ könne.
Zu einer Anerkennung Kroatiens und Sloweniens erklärte van den Broek, diese könne „erst und nur im Rahmen einer umfassenden politischen Lösung erfolgen“. Der Sprecher von Außenminister Genscher, Schumacher, kündigte hingegen in Rom an, die Bundesregierung werde „sofort Kontakt mit Kroatien und Slowenien aufnehmen, um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vorzubereiten“.
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