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EEG-Novelle fördert ErderwärmungMehr Abwärme in der Atmosphäre

Für Erdwärme-Kraftwerke soll der Anreiz, die Abwärme zu nutzen, entfallen. Denn die Förderung orientiert sich allein an der Stromerzeugung.

Früher gab es mehr Geld, wenn die Restwärme genutzt wurde. Bild: ap

FREIBURG taz | Noch ist das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht in Kraft - am heutigen Freitag verhandelt darüber der Bundesrat. Doch in der Geothermie treibt die Novelle bereits Blüten: Erdwärmekraftwerke etwa sollen künftig auch dann maximale Förderung erhalten, wenn sie die Restwärme ungenutzt lassen.

Das hat zur Folge, dass sich die Investoren in ihren Planungen nur mehr auf die Stromerzeugung beschränken. Die Energiebilanz der Projekte wird damit miserabel, denn in der Regel lassen sich kaum 10 Prozent der Wärme in Strom umsetzen. Wird die üppige Restwärme nicht genutzt, verpuffen also 90 Prozent der geförderten Energie. Von einer "beispiellosen Verschwendung natürlicher Ressourcen" spricht der Bundesverband Bürgerinitiativen Tiefe Geothermie.

Bislang erhalten die Kraftwerke eine Einspeisevergütung von 16 Cent je Kilowattstunde sowie einen Aufschlag von 4 Cent, wenn sie auch die Wärme nutzen. Ab 2012 sollen die Kraftwerke grundsätzlich 25 Cent erhalten – unabhängig davon, was mit der Restwärme geschieht. Also wird künftig mehr Abwärme als nötig in die Atmosphäre geblasen.

Riesige Lüfter verbrauchen viel Strom

"An den Standorten sollen riesige Lüfter installiert werden", klagt Gerhard Weber, Gemeinderat im oberbayerischen Wielenbach und Mitglied der Bürgerinitiative fürs Oberland. In der Gemeinde Utting zum Beispiel ist der Einsatz von bis zu 100 Lüftern geplant, die auf einem Areal von 10.000 Quadratmetern installiert werden sollen. Damit werde außerdem Lärm zwischen 80 und 110 dB erzeugt, sagt Weber. Und die Kraftwerke verbrauchen viel Strom – vor allem für Pumpen und eben die Lüfter. Gegner beziffern den Eigenstromverbrauch der Kraftwerke auf "bis zu 50 Prozent" der Erzeugung, die Branche selbst gesteht immerhin 25 bis 30 Prozent ein.

Lukrativ sind die Projekte trotzdem. Besonders im bayerischen Oberland hat die üppige Förderung schon zahlreiche Investoren auf den Plan gerufen; südlich von München ist ein ganzes Dutzend von Erdwärme-Kraftwerken geplant.

Vor Ort sieht man die einfallenden Geothermiefirmen auch aus einem anderen Grund kritisch: Während von der Fotovoltaik meist heimische Kleinunternehmer oder private Immobilienbesitzer profitierten, käme die Förderung der Geothermie zum großen Teil ausländischen Investoren zugute, beklagt die Bürgerinitiative Alternative Energiequellen im bayerischen Tutzing. Hinzu kommt, dass für die Stromkunden, die den Ausbau erneuerbarer Energien über eine Umlage bezahlen, die Geothermie künftig zur teuersten Energieform wird.

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6 Kommentare

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  • S
    Seppo

    Fast alle Kommentare stammen von den einschlägig bekannten NIBYS gegen die Geothermie vor der eigenen Haustüre aus der idyllischen oberbayerischen Gegend bei Weilheim und Tutzing. Frau Asam sollte daher die Bürgerinitiative nicht als "neutrale Stelle" bezeichnen. Die Wahrheit ist, dass dort Bürgerinitiativen bereits den Bau eines Photovoltaik-Parks, den Ausbau eines Wasserkraftwerks (Ammer) usw. verhindert haben. Von Windkraft oder Biomasse ganz zu schweigen.

    Hinter den Geothermie-Gegnern steht eine PR-Maschinerie und auch viel Geld sowie politischer Einfluss bis nach oben.

    Die Geothermie nun mit der Kernkraft zu vergleichen, ist in der Tat ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich seit langem für die Nutzung alternativer Energie einsetzen. Dass einer der PR-Akteure der Geothermie einst für die Atomindustrie arbeitete ist nichts neues. Jeder hat das Recht zum Neuanfang! Lieber so herum als anders (siehe Pipeline Joschka Fischer oder EnBW Rezzo Schlauch..)Die aufgeführten Argumente gegen die Tiefengeothermie sind doch eine Farce. Leider hat der Autor des Artikels die Argumente der Gegner fast 1:1 übernommen und lässt die Befürworter nicht zu Wort kommen. Südlich von München gibt es viele Geothermieprojekte (allein 5 kombinierte Wärme-Stromprojekte sind momentan im Bau), nur die Weilheimer machen mal wieder Panik. Woher bezieht denn Frau Fischer-Jech ihre Energie im Winter bei Hochnebel, Windstille und -15°C? Bitte Kommen Sie mir nicht mit Wasserspeichern in Norwegen. Warum sollen die dort ihre Landschaft umkrämpeln? Wegen den Oberbayern?

    Lernkurve und Kosteneinsparung gibt es nachweisbar auch in der Tiefengeothermie. Daher: Weiterbauen! Energiewende jetzt!

    Frau Fischer-Jech, auch Geothermieanhänger sind langjährige Atomkraftgegner (und TAZ-Leser)!

  • P
    P.Fristlos

    Die Tiefengeothermie zur Stromerzeugung diskreditiert den Atomausstieg und ist ein Schlag ins Gesicht aller, die in den vergangenen Jahrzehnten gegen den Wahnsinn der Kernenergie und für den Ausbau wirklich nachhaltiger Energien kämpften. So verwundert es nicht, daß man in den Reihen der Tiefengeothermisten PR-Leute antrifft, die bereits in Wackersdorf schon der Atomlobby zur Seite standen. Die Tiefengeothermie zur Stromerzeugung ist nicht nur sinnlos und hoffnungslos überteuert: Sie gefährdet unsere Lebensgrundlagen und droht alles - auch gesellschaftlich - Erreichte kaputt zu machen.

  • RA
    Romana Asam

    Sehr geehrter Herr Kreuter,

    ich habe erst versucht, mich über Sie zu informieren. Sie sind Gründer der Geothermie Engineering GmbH und seit 2006 Vorsitzender der Sekt. Tiefe Geothermie des Bundesverbandes Geothermie. Außerdem registrierter Experte bei der Weltbank.

    Da liegt es aber in der Natur der Sache, das eine unabhängige Meinungsbildung Ihrerseits nicht gegeben sein kann. Der "Renner im Münchner Raum" ist mit Nichten die Stromerzeugung aus TGT sondern nur die Fernwärme. Jedes bisher laufende Kraftwerk mit Strom - erzeugung ist fehlerhaft mit seiner Risikotechnologie und im höchsten Maße uneffizient.

    Ich kann nur hoffen, das sich in der kommenden Zeit die Stadt- und Gemeinderäte sowie deren Bürgermeister auch bei neutralen Stellen, wie zum Beispiel Bürgerinitiativen, erkundigen, bevor sie mit offenen Armen in ein nicht nur finanzielles Disaster rennen.

  • H
    Hans

    Ich denke, im Gegensatz zu Hr.Kreuter, dass diesem Artikel als einer der wenigen eine Recherche voranging und eben nicht ungeprüft die Anpreisungen der Geothermiefirmen und deren Pressemappen übernommen wurde.

    Fakt ist: Bohrungen werden nicht billiger werden und physikalische Gesetze weisen den potentiellen Wirkungsgrad in enge Grenzen. Hier sind keine wesentlichen Neuerungen zu erwarten.

    Nicht umsonst wurde die Einspeisevergütung für Geothermiestrom derart erhöht: hier wird eine Art der Energieerzeugung gehätschelt, die ohne immense Subventionen nie wirtschaftlich für den Betreiber sein wird.

    ....und für den Kunden sowieso nicht.

  • RF
    R. F-Jech

    Lieber Herr Kreuter,

     

    als Mitarbeiter der "GeoThermal Engineering GmbH" sind Sie in der Frage der Sinnhaftigkeit der Tiefen Geothermie in Deutschland nicht unbedingt unbefangen.

     

    Sie selbst erkennen aber zumindest, dass an einigen Standorten eine effektive Wärmenutzung eben nicht möglich ist.

    Eine effektive Stromerzeugung aus Tiefer Geothermie ist aber grundsätzlich in Deutschland nicht möglich. Es handelt sich dabei um Raubbau und eine Verschwendung unserer Ressourcen.

     

    Mit einer Nettovergütung von ca. 68 Cent/ kWh über 20 Jahre garantiert ist so ein Projekt für "Heuschrecken" ein gedeckter Tisch. Und sicher auch für eine kleine Gruppe von Geologen, Projektplanern und Beratern die neben lukrativen Aufträgen auch Forschungsgelder locken.

     

    Weder die Geothermie, noch die Bohrtechnik sind innovative neue Erfindungen, sondern ein alter Hut. Aus gutem Grund hat man diese Verfahren nur in Gegenden mit geologischen Hot-Spots wie im nahen Lardarello (Toskana) bedingt erfolgreich verfolgt. Dort hat man Temperaturen um 400 C° in geringer Tiefe! Und auch im vulkanisch aktiven Island ist Geothermie erfolgreich.

     

    Bei allem Verständnis für Ihren Broterwerb, Herr Kreuter: Mit Temperaturen zwischen 100 und max. 150°C in Deutschlands Tiefen, einer Technik, die netto einen Wirkungsgrad von ca. 5% erreicht und einer seit vielen Jahren ausgereiften Bohrtechnik, die eine Kostensenkung nicht erwarten lässt, werden Sie einer Energiewende schaden.

    Hier geht das Allgemeinwohl m.E. vor!

     

    Die Photovoltaik erfährt eine steile Lernkurve und legt bereits heute in Deutschland täglich mehr an Energieerzeugung zu, als die Geothermie in einem Jahr! Wind kann bereits einen grossen Teil der Energieversorgung decken.

     

    Der Bürger ist nicht so dumm wie es leider einige in Politik und Wirtschaft vermuten. Wenn die Förderung von Kleinprojekten in Bürgerhand höher wäre - und selbst dann wenn sie höher wäre als die bei Tiefer Geothermie (die aktuell die höchste Förderung bei geringster Effizienz erhält) - selbst dann wäre das von volkswirtschaftlichem Nutzen. Denn dieses Geld bliebe im Land und bei den Leistungsträgern. Beim Bürger selbst!

  • HK
    Horst Kreuter

    Der Autor erhebt seine kritische Stimme gegen die Tiefe Geothermie und übernimmt leider kritiklos die z.T. unsinnigen Argumente der Geothermiegegner.

    Zunächst grundsätzlich: Die Förderung durch das EEG fördert die Markteinführung und Technologieentwicklung. Zu erwarten, dass die ersten Kraftwerke bereits das Optimum der geothermischen Energieerzeugung darstellen ist realitätsfremd. Die Kraft und Heizwerke werden in Zukunft immer besser und effizienter werden. Dass die geothermischen Quellen erst nachrangig zur Wärmeversorgung genutzt werden ist üble Nachrede. Es werden immer mehr geothermische Wärmeversorgungssysteme aufgebaut und diese sind gerade im Raum um München der absolute Renner bei den Gemeinden und der Bevölkerung Aus ökonomischen und ökologischen Gründen ist jegliche Wärmenutzung sinnvoll und wird von allen Projektentwicklern angestrebt. In einigen Situationen ist die Wärmenutzung am Kraftwerksstandort, der überwiegend durch geologische Gegebenheiten bestimmt wird, einfach nicht machbar. Wenn kein Abnehmer der Wärme vor Ort vorhanden ist, kann man die Wärme nur schwer nutzen.

    Über die Hälfte der Tiefen Geothermieprojekte werden von oder unter Beteiligung der Städte und Gemeinden bzw. deren Stadtwerken entwickelt. Am Anfang eines guten Artikels steht die Recherche. Von den Webseiten der Geothermiegegner kritiklos und ohne Überprüfung der Tatsachen abzuschreiben, ist kein guter Journalismus und steht der TAZ nicht gut zu Gesicht.