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Durchsetzung „mit allen notwendigen Mitteln“

■ Das 1993 erweiterte UNO-Flugverbot autorisierte die Nato zur Überwachung

Völkerrechtliche Grundlage für den gestrigen Abschuß von vier „Galeb“-Kampfflugzeugen der bosnischen Serben in der Nähe der nordwestbosnischen Stadt Banja Luka sind die Resolutionen 781, 786 und 816 des UNO-Sicherheitsrates. „Alarmiert durch Berichte über fortgesetzte militärische Flüge“ über dem Territorium Bosnien-Herzegowinas verhängte der Sicherheitsrat mit Resolution 781 vom 9. 0ktober 1992 ein formales militärisches Flugverbot, von dem lediglich Flüge der Unprofor sowie Hilfsflüge ausgenommen wurden. Das Flugverbot sei „eine wichtige Maßnahme, um die Sicherheit von Hilfslieferungen zu gewährleisten und ein entscheidender Schritt zur Beendigung der Kämpfe in Bosnien-Herzegowina“, heißt es in der Resolution.

Seit Beginn des Krieges am 6. April 1992 hatten vornehmlich die bosnischen Serben, die als einzige über Kampfflugzeuge (rund 50) und Kampfhubschrauber aus Beständen der ehemaligen jugoslawischen Volksarmee verfügen, diese Waffen gegen Stellungen der damals noch überall im Lande mit den Kroaten verbündeten bosnischen Regierungsarmee sowie gegen die muslimische und kroatische Zivilbevölkerung eingesetzt. Heimatbasis der Kampfflugzeuge (rund 50, darunter neben 20 „Galeb“ auch moderne MiG-Jäger aus sowjetischer Produktion) ist der Flughafen der von den Serben kontrollierten Stadt Banja Luka.

An die Genfer Vereinbarung der drei Kriegsparteien vom 15. September 1992, auf den Einsatz von Luftstreitkräften zu verzichten, sowie an eine gleichlautende gemeinsame Genfer Erklärung der beiden Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Milošević und Tudjman vom 30. September hielten sich die Serben nicht. Am 10. November 1992 stellte der Sicherheitsrat klar, daß sich das Flugverbot auf Kampfflugzeuge und auf Kampfhubschrauber bezieht (Resolution 786).

Bis März 1993 registrierte die bis dato vom Sicherheitsrat mit der Überwachung des Flugverbots beauftragte Unprofor rund 500 Verletzungen – fast ausschließlich begangen durch die bosnischen Serben. Darauf erweiterte der Sicherheitsrat am 31. März 1993 (Resolution 816) das Flugverbot auch auf nichtmilitärische Flugzeuge und Hubschrauber und autorisierte UNO-Mitgliedsstaaten, allein oder durch regionale Organisationen (wie zum Beispiel die Nato) zur Überwachung sowie zur Durchsetzung des Flugverbotes „mit allen notwendigen Mitteln“. Daraufhin entsandte die Nato Awacs-Aufklärungsflugzeuge, die seitdem vor der Adriaküste (mit deutschen Piloten) und über Ungarn (ohne deutsche Piloten) im Einsatz sind und stationierte zusätzliche Kampfflugzeuge auf Stützpunkten in Norditalien sowie auf Flugzeugträgern in der Adria. Die Awacs- Systeme können über ihre reine Überwachungsfunktion hinaus als Feuerleitzentrale für Kampfflugzeuge dienen, die in einen Einsatz geschickt werden. Ob das beim gestrigen Einsatz der beiden F-16-Flugzeuge der Fall war und welche Awacs-Systeme gegebenenfalls als Feuerleitzentrale dienten, gab die Nato zunächst nicht bekannt. Andreas Zumach

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