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Durchs DröhnlandAuch tote Milchmänner

■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Ob die Bühne des Knaack- Klub das aushalten wird? Drei Bassisten, drei Bläser, zwei Gitarristen, zwei Schlagwerker, eine elektrische Geige und einen Sampler. Ziemlich viel Holz für die geschätzten drei mal sechs Meter, wobei klar sein dürfte, daß da keine luftig-leichten Klänge durch den Raum wehen. Die englischen God produzieren industrielle Schwergewichte, zäh und angestrengt, wie sich das gehört. Dieses Brutalorchester geht den Dingen auf den Grund, erkundet die Kraft der zwei Herzen, um sie danach windelweich zu prügeln. Und wenn dann Extrasystole auf Extrasystole folgt, dann weiß man: Hier werden Leben dem Rock 'n' Roll hingegeben. Für mich ist das Schleppcore, andere nennen es Jazzcore, und wer das portionsweise zu sich nimmt, ist sicher um ein paar rustikale Erfahrungen reicher.

Heute, 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg.

Hereinspaziert in das Sterbezimmer called Punk! Dahin, wo der Tod sich Zeit läßt, denn der Reiz, drei Akkorde auf den sprichwörtlich fixesten Punkt zu bringen, scheint weiter groß, die Lust, immer mehr aus sich rauszuholen, ebenfalls. Das gelingt selten, ist aber auch egal, denn das einfachste von der Welt ist Punkrock nach wie vor – Finessen können ja später noch geübt werden. Bloß dieses ewig gleiche Einverständnis mit Musik und Text, wo eigentlich mal neue Klärungen gefragt wären! Like punk never happened sollte doch zumindest das Ziel des Nachwuchses sein, aber Pustekuchen. Also müssen alte Hasen wie Red Alert ran, Jahrgang 79, die sich wie viele ihrer Generation mittlerweile zweimal wiedervereinigt, schätzungsweise aber nicht neu ausgerichtet haben, so daß halt Correctness erneut auf das gewohnte eins, zwei, drei treffen dürfte. Nun gut. Unterstützt wird man von einem „Punk- Project von Psychiatrieinsassen und deren Freunden“, das sich die Unbezahlbaren nennt, aus Husum kommt und den eigenen, aber auch den alltäglichen Wahnsinn in Musik „verdichten“ will. Nun gut, die zweite. Wo bleibt jetzt bloß mein Möhrensaft?

Morgen, 22 Uhr, K.O.B., Potsdamer Straße 157, Schöneberg.

Auch Nine Pound Hammer haben nicht unbedingt die neuesten Erfindungen seit den späten Siebzigern in ihrem Programm, sind weit von prätentiös-gehaltvollen Diskursmaschinchen entfernt. Aber who cares? Vielleicht kann man hier kraftvollen, speedigen, sumpfigen Rock größer schreiben als Punk, laufen Spaß und Ironie schneller über die Saiten als Härte und Gerechtigkeit. Diese Südstaatenbande schaufelt einfach zuviel Schippen Dreck auf jeden ihrer Songs, als daß man sie mit schnöden Dreiakkordbands verwechseln könnte. Keine übertriebene Hetze, kein falsches Aufbegehren, die Supersuckers lassen grüßen; und ganz toll ist der Sänger, bei dem man es nicht für abwegig halten könnte, daß er der einen oder anderen Country-Blues- oder Billy-Band schon mal sein Kaugummiorgan geliehen hat.

Morgen, 21 Uhr, Huxley's jr., Hasenheide 108-114, Neukölln.

Mein halbes Leben ist das jetzt schon her, aber Songs wie „Don't Go“ oder „Nobody's Diaries“ von Yazoo habe ich noch wie damals im Ohr, Songs, für die sich selbst verstaubte Seventies-Rock-Freaks begeistern konnten (was blieb ihnen übrig?). Yazoo waren der Techniker Vince Clark und die Sängerin Allison Moyet, und während der eine mit Erasure simpel und unreflektiert weitermachte – allerdings kommerziell und erfolgreich bis in die kleinsten Verästelungen seiner Keyboard-Tastatur –, versuchte sich Allison Moyet als mal düster- anspruchsvolle, mal peinvoll- kitschige, aber immer seelenvolle Solo-Pop-Artistin. Sie riß damit nicht die dicksten Bäume aus, sorgte jedoch für einen Haufen schöner und mußevoller Momente. Diese streicht sie uns auch auf ihrem neuesten, vom Oberpopper und Lightning Seed Ian Broudie produzierten Album „Essex“ um die Ohren, wobei dann robuste Glattheit an guten Erinnerungen haftet. Und darauf gibt's ein say hello und wave goodbye!

Am 25.9., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz 5, Schöneberg.

Brille auf die Nase und zugehört: They Might Be Giants machen ganz netten, manchmal ausgefieselten, mein Gott, von mir aus auch skurrilen Pop und lieben bestimmt Throw That Beat, tote Milchmänner und alte Pophansel wie Stamey oder Holsapple. Spaß ist dabei, Dauerwitze sowieso, und wenn sie nicht gestorben sind, können wir auch morgen noch kraftvoll in das Werk einer Band beißen, deren einziges Credo Konsens zu sein scheint. Zu oft bleibt der Eindruck von x-beliebigem Bubblegum-Rock, den zur Not auch Fans von Edo Zanki „irgendwie klasse“ finden, den ein BWL-Student als Gipfel seiner semi-etabliert-jugendlichen Progressivität ansieht, den man sich leicht unter den Kopfhörern von Leuten wie Ewald Lienen oder Volker Finke vorstellen kann. Was ja eigentlich nicht so toll ist, erst kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.

Am 26.9., 20.30 Uhr, Loft.

Lange haben die Kölner Rausch gebraucht, ihrem Namen alle Ehre zu machen. Nun ist es soweit: Nach vier erfolglosen Versuchen, die dringend benötigten Räusche mit wohlfeilem geschichtsbewußtem, amerikanisiertem Rock zu erzeugen, probieren sie es auf ihrem neuesten Album mit Mathias Bröckers und der Unverzichtbarkeit von Hanf, sei es als Hirnfutter, sei es als sinnvollste, ökologischste und beste Nutzpflanze ever. Was sehr ehrenwert und aufklärerisch ist, allerdings bei Rausch like Tritt- und Dünnbrettbohren smells und ihre Musik nicht spannender macht, aber die Erwartungen an einen konzertbegleitenden Gratisjoint in ungeahnte Höhen schnellen läßt.

Am 29.9., 20.30 Uhr, Loft. Gerrit Bartels

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