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Durchs DröhnlandMeine kleine Laube

■ Die besten und schlechtesten Konzerte der kommenden Woche

Daß es bei Wild Bill Childish was zu lachen gibt, darauf kann man sich gefaßt machen. Vielleicht hat er ja wieder seinen Sherlock-Holmes-Helm aus Thee-Headcoats-Zeiten auf. Hin und wieder geht der Scherz auch auf Kosten anderer: So soll sein Trommler eines Tages in Freiburg bereits nach dem ersten Song eingeschlafen und Billy lieber spazierengegangen sein. Heute auf jeden Fall Konzert, morgen Lesung und übermorgen Ausstellungseröffnung mit dem Multitalent (Mehr dazu morgen als „Vorschlag“ auf den Berlinseiten).

Heute, 23 Uhr, Roter Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

Stol sind so etwas wie eine kleine Laube. Die haben sich drei Menschen gebaut, um sich hin und wieder von ihrem Tagwerk zu erholen. Der eine kommt eher vom Rock, der andere von der Neuen Musik, der dritte aus dem Lärmorchester. In ihrem Schrebergarten entstehen dann die obskursten Planzen, verwegene Kreuzungen zwischen Jazz und Noise, Pop und Industrial. Wenn sie zusammen sind, wird einfach drauflos gespielt, aber komischerweise verlieren sich die Improvisationen selten in Beliebigkeit. Was zum einen daran liegen mag, daß die einzelnen Stücke selten länger als zwei Minuten sind, zum anderen, daß immer wieder eine grundsolide Jazzausbildung durchschimmert, die halt auch merkt, was man an der Unaufgeregtheit der warmen, klassischen Klänge hat. Aber auch das sind nur Momentaufnahmen, schon im nächsten Augenblick kann eine Metalgitarre dazwischenfahren oder werden fröhlich kakophonische Urständ gefeiert, daß die Gehörknöchelchen nur so auf und nieder tanzen.

Stol sind heutiger Tagesordnungspunkt eines Festivals im Eimer, das sich „mit unterschiedlichen Interpretationsweisen von Krach auseinandersetzt“. Gestern begann „New Ears Blast“ mit Technovariationen zum Thema, morgen folgen die eher traditionellen Ansätze aus der Arbeit mit Gitarren. Dann werden UB Plasma mit stoischer Monotonie ausloten, wohin Stumpfmetal auch geführt werden kann. Sie selbst nennen es „sakralen Kirchencore“, auch wenn kaum anzunehmen ist, daß ihnen in ihrer Heimat Weinheim das Gotteshaus zur Verfügung gestellt würde. Die zweite Band des morgigen Abends sind Splitter aus Bremen und kommen aus dem Umfeld von Party Diktator.

Heute und morgen, jeweils 23 Uhr, Eimer, Rosenthaler Straße 68

Irgendwie nicht so recht gelingen will dem Gebrüderpaar Schumacher (denen ohne das Kinn) die Rockstarkarriere. Dabei hat Sven immer noch eine solch glockenklare Jungensstimme, daß sich Eddie Vedder dagegen wie ein alter Sack ausnimmt. Nachdem sie mit No Harms nicht mal so richtig grandios gescheitert sind, droht momentan mit Gum ähnliches, obwohl sie all die wichtigen Gesten und vor allem die entsprechend bratzigen Gitarrenriffs ihr eigen nennen können. Too brav to rock, too old to become Silverchair. Schon gemein, wenn man eigentlich lieber Ami sein möchte und Gitarrespielen alles ist, was man gelernt hat.

11.1., 21 Uhr, Wabe, Danziger Straße 101

Einen hübsch verzerrten, manchmal arg zögerlichen Rock spielen Mayze. Die Niederländer erinnern manchmal zwar arg doll an die amerikanischen Vorbilder aus den einschlägigen Wüsten, aber wissen ihre offensichtlichen Einflüsse, wie z.B. Giant Sand, ohne allzu große Platitüden zu verarbeiten. Aber wer hin und wieder so quäkend losscheppert wie der Sänger, wird wohl ewig mit dem Neil- Young-Plagiatsvorwurf leben müssen.

16.1., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Eintritt frei!

Begonnen hat Charles Curtis seine Karriere im Ensemble des Avantgarde-Komponisten La Monte Young, bei dem sich übrigens auch John Cale seine ersten Erfahrungen holte. Young ließ seine Interpreten schon mal stundenlang Zimmerpflanzen was vorträllern, um zu sehen, ob sie dann eingingen. Nach zehn Jahren mit den Werken von Young besann Curtis sich dann des Lebensunterhaltes wegen auf seine klassische Ausbildung als Cellist und trieb sich als Mietmusiker in Konzertsäalen ebenso herum wie als Bardenunterstützer in Cafés oder gleich als Straßenmusiker.

In den 80ern dann fand er zur New Yorker Noise-Szene, spielte mit Elliott Sharp oder in unbekannt gebliebenen Rocktruppen. Seit acht Jahren lebt er teilweise in Hamburg, spielt sein Cello als Solist, in einem Streichquartett oder im Sinfonieorchester des Norddeutschen Rundfunks. Schließlich suchte er sich eine Gitarre für sich selbst, einen Bassisten und einen Schlagzeuger, um seine eigenen Texte zu vertonen. Das sind zum einen Gedichte, die dann eine Songform finden, mit zarten Melodien und immer am Rande der Askese. Andererseits schreibt Charles Curtis lange Prosatexte, deren Umsetzung an die Beat-Generation erinnert, auch wenn im Hintergrund nicht der Bebop tobt, sondern das Charles Curtis Trio eine eher ruhigere Begleitung bevorzugt, in der Curtis' sanft angeschlagene und gezupfte Gitarre dominiert, die lange und gemütlich verzerrt ausschwingen darf. Darüber dann die Stimme des Meisters, der sich jeder Theatralik enthält und nicht tonlos, aber scheinbar emotionslos allein dem Klang und der Bedeutung seiner Wörter nachspürt.

In den schönsten Momenten könnte man meinen, einen amerikanischen Van Morrison entdeckt zu haben, aber bei den Coverversionen, von denen zum Beispiel Joni Mitchell und Jackson Browne betroffen sind, rutscht das Gefällige dann leider ins allzu Donovanhafte ab.

Lesung und Konzert, 16.1., 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224

Thomas Winkler

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