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Durchs DröhnlandGitarre brutal

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Rammstein haben vorgemacht, daß man mit gemeingefährlichem Metal und zwiespältigen Texten durchaus ein größeres Publikum finden kann. Da braut sich etwas zusammen, wenn deutsches Schwerblut auf entsprechendes Schlagwerk trifft.

Rammstein sind aber nur nette Weicheier verglichen mit Totenmond. Die kommen aus dem Schwäbischen, sind zwar aus einer Punkband hervorgegangen, aber bevorzugen musikalisch inzwischen härtesten Metal, fanatisches Grindcore- Geschabe oder schlicht brutale Gitarren mit breiten Löchern dazwischen. Dazu intoniert Gitarrist Pazzer ganz ganz unten im Kehlkopf Texte über „Göttin Freude“, das „Totenreich des Luzifer“ oder den „Höllenschein“.

Da wird die „letzte Schlacht“ geschlagen, befindet man sich im „Heimatrausch“ oder folgen „Sklaven der Erleuchtung“ „blind jedem Gebot“. Die Textbeilage ist in altdeutscher Schrift gedruckt, zwei Drittel des Trios haben nicht mehr allzu viele Haare auf dem Kopf, auf Fotos trägt man ärmellose Unterhemden, Hosenträger und landwirtschaftliches Gerät. Es ist nicht leicht zu entscheiden, wie ernst sie sich nehmen, aber zumindest verbal haben sie sich von allen Fascho-Interpretationen distanziert.

So bleibt eine Zeile wie „Es lebe der Terrorismus“, und wie sowas denn nun zu deuten ist. Links oder rechts? Für Gewalt oder dagegen? Was ist zu einem Lied wie „Kellerstahl“ zu sagen, das man leicht als Beschreibung einer Vergewaltigung lesen könnte? Vielleicht aber auch sind Totenmond gar sowas wie die deutschen Laibach, die sich eben nicht mehr eindeutig äußern müssen, statt dessen mit den Symbolen spielen dürfen, um uns das Erschreckende dieser Ästhetik zeitgleich mit dem Faszinierenden vor Augen zu führen.

7.3., 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg

Fox Force 5, findet selbst der Sänger der Band, ist kein sonderlich „gelungener Bandname“, aber überaus gelungen ist dafür der zum einen völlig puristische, zum anderen extrem krachige Rockabilly, der auch mit Anleihen aus Filmmusiken nicht spart. Die fröhliche Synthese aus dem Easy Listening der 60er und dem Trash und Psychobilly der 80er.

7.3., 22.30 Uhr, Roter Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte

Musik kann so einfach sein, so schön doch auch. Man kann sie aber überfrachten, irgendwas schwafeln von „Zielen und Werten“, die „künstlerisches Handeln“ bestimmen. So tun das Elektroblitz Mitte und meinen das wohl als Parodie aufs Künstlergehabe. Denn jemand, der schriftlich solch eine gequirlte Kacke von sich gibt, singt dann auf seiner ersten CD sicher nicht eine so herrlich knarzige Version von „Der Tag als Conny Kramer starb“.

Das mit dem doppelten Boden setzt sich dann weiter fort: So wird aus einem arg prollig dahingerotzten „Alles was ich brauche bist du“ ganz schnell ein „Und wenn ich dich dann habe, prügel ich dich zu Tode“. Oder wie wäre es mit: „Wasser kommt von nirgendwo und fließt auch oft hinauf?“ Musikalisch basteln die vier Kirchenorgeln neben Trash-Gitarren, Sprechgesang neben Rockgebrüll, Ton-Steine-Scherben- Stomp neben lahmarschiges Geklimper.

Dabei funktioniert der Low- Fi-Kraut-und-Rüben-Laden ganz prächtig, ist der Elektroblitz unterhaltsam, ohne seine Widerhaken zu verlieren. Morgen wird das Erscheinen der ersten CD mit David Hull, Bill Direen, Sarah Ashling u.v.a. gefeiert. Einen ham wer noch, zum Abschluß: „Am Nordpol wird der Wind gemacht aus lauter Langeweile.“

8.3., 21 Uhr, Schoko-Laden- Mitte, Ackerstraße 169/170

Herzallerliebstes Synthiegedudel und dann gar nicht mal unfreundlich diese netten Worte „Ich glaub, ich fick dich später“. Gabi Delgado hat nichts verlernt. Schon als eine Hälfte der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft hatte er ein unglaubliches Gespür für die wenigen markanten Worte, die ein flotter Tanzbodenrhythmus verträgt.

Damals kokettierte man mit dem Faschismus, heute mit Hooliganismus. Allerdings mischt ihm schon lange nicht mehr Robert Görl das Geblubber, bei DAF/DOS heißt der Partner Wotan Wilke, früher bei Störaktion. Zwar waren die beiden auch in den wachsenden House- und Techno-Bewegungen der 90er aktiv, legten hier Platten auf, arbeiteten dort mit, aber so recht scheinen die beiden die 80er nicht verarbeitet zu haben.

Dünn kommt ihr Geklapper daher, und auch wenn sie versuchen Aktuelleres zu adaptieren, klingt das kaum moderner als die guten alten DAF-Platten mit ihren fiepsigen Synthies.

9.3., 21 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg

Nachdem sie ihren Auftritt im Januar schmählich haben ausfallen lassen, trauen sich Locust Fudge nun doch wieder in die Stadt. Mitgebracht haben Christopher „Kriete“ Uhe und der Mann, den jeder nur als Schneider kennt, diesmal allerdings nicht ihre trockenen Gitarren und ihren Hang zum großen, gemütlichen Songwriting. Statt dessen haben sie sich auffrisiert und ein paar elektronische Beats einbauen lassen, um nun „Progressive Dub Breakbeat-Rock“ zu machen, wie sie es selber nennen.

Den Rest ihrer Bielefeld- Connection, wo sie in den mehr oder weniger herkömmlichen Rockbands Sharon Stoned und Hip Young Things zugange sind, haben sie diesmal zu Hause gelassen.

Mit Slut, 13.3., 21 Uhr, Insel, Alt-Treptow 6, Treptow Thomas Winkler

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