Durchs Dröhnland: Veteranen unter sich
■ Die besten und schlechtesten Konzerte der kommenden Woche
Ray Wilson ist gerade mal 28 Jahre alt, was in dem Kosmos, um den es hier geht, fast noch dem Windelalter entspricht. Trotz des Jungspunds als Neusänger haben es die Reste von Genesis tatsächlich geschafft, auf ihrem inzwischen sage und schreibe 18. Album noch langweiliger zu klingen als zu Phil- Collins-Zeiten.
6.2., 20 Uhr, Velodrom, Landsberger Allee, Prenzlauer Berg
Es sieht nicht so aus, als wären Madonna HipHop Massaker in der Lage, ihre ebenso kurze wie heftige Karriere doch noch zum Guten zu wenden. Nachdem man in zwei Jahren durchlaufen hat, wofür andere ein ganzes langes Musikantenleben brauchen, nämlich einen Majorvertrag zu ergattern und ihn wieder loszuwerden, erprobt man nun den Mega-Meta- Pop-Entwurf in einem neu gestarteten Langzeitversuch, beginnt wieder von vorn in den kleinen Clubs, aber träumt fleißig weiter vom Superstardasein.
6.2., 22.30 Uhr, Roter Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte
Ob man das Ill aus Illbient als Abkürzung von „intelligent“ liest oder mit „krank“ übersetzt macht zwar einen Unterschied, trifft aber auf die Musik von We so oder so zu. Tanzen wird wohl etwas schwierig, aber wer – seien wir doch mal ehrlich – geht denn heutzutage noch tanzen? Rumstehen, Bierchen zischen und mit dem kleinen Zeh wippen kann man aber zu den tröpfelnden, verspielten, vor allem jedoch sehr transparenten Elektrocollagen des Trios aus New York ganz prima. Manchmal gibt es auch ein paar Beats zu bestaunen, aber die werden fast ebenso überraschend eingesetzt wie ein Geräuschgimmick. Ein Drittel von We, DJ Olive, wird den Abend eröffnen, nach We kommt dann DJ Delmar, ebenfalls aus New York, zum Zuge, während sich diverse Berliner, darunter der inzwischen wohl unverzichtbare Brezel Göring, auch noch herumtreiben.
7.2., 22 Uhr, Insel, Alt-Treptow 7, Treptow
Was immer Aljoscha dazu getrieben hat, Feeling B wiederzubeleben, nur er kann sich wahrscheinlich hinstellen und einfach so tun, als ob sich in den letzten zehn Jahren nichts geändert hat. Schon in den Zeiten, als der Dead-Kennedys-Roll des Trios noch seine Berechtigung hatte, war Aljoscha eher Medium denn Musiker. Als Flake und Paul ihn verließen, um mit Rammstein endlich ihre Kinder ernähren zu können, versuchte er eher erfolglos mit Santa Clan den Mitgröhl-Spirit fortzuführen. Ende 97 hat er sich zwei neue Mitstreiter gesucht und führt nun die alten Songs und einige neue auf, die sich erwartungsgemäß kaum anders anhören.
8.2., 22 Uhr, Tacheles, Oranienburger Straße 53–56, Mitte
Rich Hopkins mag als Veteran des Wüstenrock der 80er Jahre schon selbst nicht mehr zu den Jüngsten gehören, sein Bassist aber hat da ganz anderes auf dem Buckel. Michael Davis war schon bei der Urbesetzung von MC5 dabei und darf nun auch mal ans Mikro, um noch einmal „Kick Out The Jams“ zu fordern. Ansonsten verwalten Rich Hopkins & Luminarios vor allem das Erbe jener Generation, die damals recht erfolglos versuchte, die Sonnenuntergänge in Bargeld umzusetzen, wie Thin White Rope ironisch sangen. Stilecht kommt Hopkins zwar aus Arizona, aber seine Sand Rubies standen in den großen Zeiten von Giant Sand, Naked Prey oder eben Thin White Rope nur in der zweiten Reihe. Die Luminarios haben vom romantischen Geklimper bis zur verzerrten Breitseite die gesamte im Genre übliche Gitarrenskala drauf, und sie nutzen sie weidlich. Das ist langatmig, erholsam und vor allem sehr retrospektiv.
12.2., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg
Was tut man, wenn man nur mit den Kumpels gerne mal einen trinkt und dabei Musik macht, eigentlich ein netter Mensch ist und sich gar nicht auf diesen ganzen blöden Starkram einlassen will, aber trotzdem plötzlich 12 Millionen Platten verkauft? Schöne Scheiße, sagten sich Green Day und kippten erstmal eine Tournee, um sich zu erholen. Was ihnen gut getan hat: Sänger Billy Joe Armstrong ist wieder voller im Babygesicht geworden und die letzte Platte „Nimrod“ ist bei weitem einfallsreicher als der Vorgänger „Insomniac“, der gerade mal als müder Abklatsch des Bestsellers „Dookie“ durchging. Jetzt gibt es wieder ein paar nette Refrains, ein paar hübsche Gitarrenriffs und sogar ein paar neue Ideen wie zarte psychedelische Klänge und sogar Geigen, und mehr darf man von den Kaliforniern ja auch nicht erwarten. Gute-Laune-Punkrock, der keinem weh tut.
12.2., Huxley's, Hasenheide 108–114, Neukölln Thomas Winkler
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