„Durchgedreht!“ im ZDF: Mainzelmänner mit Mut
Jörg Thadeusz darf mit der Improvisationscomedy „Durchgedreht!“ für sechs Folgen die „heute Show“ ersetzen. Das ZDF ist stolz.
Die „ZDF heute Show“ hat ihre erfolgreichste Staffel hinter sich, jetzt ist erstmal Sommerpause. Den Sendeplatz am Freitagabend, gleich nach dem „heute journal“, nutzt das ZDF für ein kleines Experiment: Mit „Durchgedreht!“ testet der Sender in sechs Ausgaben, wie wohl Improvisations-Comedy beim deutschen Fernsehzuschauer ankommen mag.
Fünf Comedians improvisieren kurze Szenen zu aktuellen Ereignissen aus Politik, Gesellschaft, Sport und Boulevard, als thematische Klammer fungieren die letzten sieben Tage. „Durchgedreht!“ ist ein Wochenrückblick.
Jörg Thadeusz moderiert, und wie es sich für einen ordentlichen Moderator gehört, wird er das nicht aus dem Stegreif tun. Der ist für die Comedians vorgesehen: Bernhard Hoëcker und Max Giermann sind in jeder Folge dabei. Unterstützt werden sie von einem wechselnden Ensemble bestehend aus Carolin Kebekus, Mirja Boes und unbekannteren Gesichtern wie Ilka Luza, Alexis Kara und Norbert Frieling.
Mittelpunkt des Geschehens ist eine kreisrunde Drehbühne, die in vier kleine Bühnen unterteilt ist. Die Kulissen wechseln, die Comedians müssen zu aktuellen Themen, wie z.B. dem Deutschland-Besuch von Barack Obama, etwas improvisieren, und zwar in verschiedenen Settings: der Star Wars-Todesstern, ein normales deutsches Wohnzimmer oder eine klischeeüberladene Rosamunde Pilcher-Szenerie.
Improvisations-Comedy fristet in Deutschland ein Schattendasein. Abgesehen von den Privatfernsehproduktionen „Schillerstraße“ und „Frei Schnauze“ und dem Springmaus-Theater in Bonn ist bisher nicht viel gewesen. Auch Jörg Thadeusz war am Anfang von der Idee nicht bedingungslos begeistert. „Mit Improvisation habe ich immer frustrierte Kreuzberger Muttis assoziiert, die auf Wollsocken herumrennen und über ihre Menstruation improvisieren“, gibt er zu. Jetzt ist er aber „ganz hingerissen“ von Konzept, Team und den ersten Proben.
„Ich hoffe, dass den Leuten klar ist, was für eine hohe Kunst das ist“, sagt er und erinnert sich an die Zeit, als er Moderator des NDR-Satiremagazins „Extra 3“ war. „Da saßen wir manchmal ratlos in den Redaktionskonferenzen und sind auf keine gute Idee gekommen. Wenn einem unbedingt Sachen einfallen müssen, kann das richtig schwer werden.“
In den letzten Monaten haben alle Beteiligten das Improvisieren in Workshops geübt. Ein gewisses Restrisiko bleibt trotzdem, denn nicht jeder in Sekundenbruchteilen ausgedachte Gag funktioniert. „Wir hatten bei den Proben oft magische Momente, gleichzeitig aber auch einige Rohrkrepierer“, erklärt ZDF-Redakteur Stephan Denzer, selbst Teilzeit-Comedian (u.a. „Private Denzer“). Deswegen wird bei den donnerstäglichen Aufzeichnungen immer mehr gedreht als notwendig.
Denzer wird nicht müde, etwaiger kulturpessimistischer Sichtweise auf „Durchgedreht!“ vorzubeugen. Er weist ständig darauf hin, dass die Sendung ein qualitativ hochwertiges Format sei, und dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier endlich mal das tue, was sonst immer wieder von ihm verlangt wird: innovativ sein, Mut zum Risiko beweisen, sich etwas trauen. „Politische Themen mit Improvisation zu versuchen, das hat es so noch nicht gegeben.“
Gesehen von „Durchgedreht!“ hat man freilich noch nichts. Eine Pilotsendung wurde nur für interne Zwecke aufgezeichnet und war dem Vernehmen nach arg wackelig. ZDF-Mann Denzer ist sich aber sicher: „Man wird sich wundern, dass so etwas im ZDF läuft.“
Fr., 22.30 Uhr, ZDF, „Durchgedreht!“
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