100. Ausgabe „Log in“ bei ZDF Info: Sag nicht „Twitter-Tussi“!
Mit dem Polittalk „Log in“ versucht das ZDF, Fernsehen und Internet zu verbinden. Das wirkt aber leider häufig sehr bemüht und konfus.
„Bedauerlicherweise entscheidet nicht allein die CDU darüber, sondern die Wähler entscheiden darüber.“ Auch mit diesem Ausrutscher verbaute sich Norbert Röttgen das Ziel, in Düsseldorf Ministerpräsident zu werden. Ein Zitat, das der einstige Spitzenpolitiker in der Nischensendung „Log in“ brachte und damit nicht nur sich selbst in die Schlagzeilen, sondern nebenbei auch das damals junge Format. Allein: Das war im März 2012. Und seitdem hat „Log in“ kaum noch die Welle gemacht.
An diesem Mittwoch steht die 100. Ausgabe der Reihe an. Für das Publikum des Hauptsenders, der vor allem die Generation 50+ vor die Bildschirme lockt, wäre „Log in“ eine ordentliche Zumutung. Der Talk soll ad hoc Fragen der Zuschauer einbinden – Multitasking im TV. Das sei „durchaus manchmal chaotisch“, sagt selbst Chefredakteur Peter Frey, der von einem „Platz, auf dem sich das Netz und das Fernsehen treffen“, spricht.
„Log in“ läuft auf dem Spartenkanal ZDF Info, der jüngere Zuschauer für Informationsfernsehen begeistern will. 400.000 schalten in der Spitze den Sender ein, „Log in“ bis zu 100.000 – immerhin, denn es geht bei aller Interaktivität immer um Politik. Heute um Widerstand im digitalen Zeitalter.
Knackpunkt bleibt die Frage, ob es gelingt, das Fernsehen mit dem Internet zu verkuppeln – dieses opulente und daher bisweilen arg behäbige Medium mit dem modernen und oft sehr flotten, dem sich der Sender übrigens auch 2013 noch über eine „Hauptredaktion Neue Medien“ nähert. Das Reizwort Nummer eins ist für die Macher schließlich die „Twitter-Tussi“: eine Böswilligkeit, mit der Spötter wiederholt versuchten, Moderatorinnen zu Netz-Souffleusen zu degradieren.
Selbst der ZDF-Intendant wurde gepiesackt
Wer für „Log in“ im Digitalen nach Kommentaren und Fragen Ausschau hält, der trägt aber nicht bloß irgendwelche Fetzen aus sozialen Netzwerken vor. Sandra Rieß („Twitter-Tussi? Pfffft!“) etwa ist Comoderatorin im besten Sinne und steuert auch die Diskussion mit, bei der aber dann doch vor allem ihr Kollege Wolf-Christian Ulrich auffällt, der nicht zuletzt schon mal den eigenen Intendanten in Bedrängnis brachte. Thomas Bellut war zum 50. des Hauptprogramms selbst Gast der Sendung. Ein Thema hier: das Trash-TV.
Auch wenn „Log in“ alles gibt: Der Anschluss ans Netz wirkt gewollt. „Man kann den Tisch schön finden oder nicht“, sagt Sendungschef Andreas Eck zu dem arg großen Touchscreen, der zum Einsatz kommt. Moderatorin Rieß stehe aber „immerhin nicht in einer dunklen Ecke“.
Dass „Log in“ nicht wie andere junge Formate dem Sparzwang des ZDF zum Opfer fiel, verdankt die Sendung einem Trick: Chefredakteur Frey löste die Reihe aus dem eigenen Haus heraus und gab sie an die Produktionsfirma Probono. Das entlastet den Personaletat. Und für den Erfolg der Sendung zieht Frey neben der Quote eine passendere Währung heran: die //twitter.com/ZDFlogin:Twitter-„Trends“, die das Schlagwort „#login“ wiederholt am Sendetag unter den zehn virulentesten Themen in Deutschland führten. „Da fühlt sich der Kukident-Sender ZDF schon ausgezeichnet“, sagt Frey.
Mi., 22.25 Uhr, ZDF Info, "Log in"
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken