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■ Durch die Rücktrittsdrohung der palästinensischen Delegationsführung gerät die PLO unter DruckGemeinsam im Auto – aber der eine bremst, der andere gibt Gas

Die palästinesische Delegationsleitung in den Nahostgesprächen hat PLO-Chef Arafat am Wochenende ihren Rücktritt angekündigt. Selbst wenn statt dessen in den nächsten Tagen irgendein anderes Revirement in der Zusammensetzung der Delegation erfolgen sollte, hat der Konflikt zwischen der PLO-Führung in Tunis und den Palästinensern in den besetzten Gebieten damit ein neues Stadium erreicht. Die Delegation ist mittlerweile so zerissen, daß die Palästinenser keine arbeitsfähige Führung mehr haben, die mit Israel verhandeln könnte.

Nicht die PLO, sondern eine „alternative Führung“ aus den besetzten Gebieten sollte nach der Madrider Konferenz auf israelischen Wunsch hin die Palästinenser in den Nahostgesprächen vertreten. Doch in den zahlreichen „Nahostrunden“ der letzten beiden Jahre wurde diese „Führung“, die in enger Absprache mit der PLO agierte, vollkommen aufgerieben. Ihr wurde nach und nach klargemacht, daß es bei den Verhandlungen um die Westbank und den Gaza-Streifen keineswegs darum geht, wenigstens die elementaren Grundlagen für eine menschenwürdige Existenz der Palästinenser in diesen Gebieten zu schaffen. Derlei Kriterien fanden keinen Eingang in die Konstruktion des Autonomiemodells, das Israel vor allem helfen soll, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates möglichst unauffällig und für alle Zeiten zu umgehen.

Die Palästinenser in den besetzten Gebieten knüpfen folglich längst keine Hoffnungen mehr an die Nahostgespräche, die sie zunächst mehrheitlich und mit Enthusiasmus unterstützten. Immer häufiger wurde der Ruf nach einem Boykott der Verhandlungen laut. In dieser Situation übten nicht nur die USA massiven politischen Druck auf die palästinensische Delegation aus, sondern auch die PLO-Führung in Tunis, die sich mit aller Macht gegen einen Boykott der Gespräche stellte. Wenn man bedenkt, daß eben diese PLO-Führung den verhandlungsbereiten Politikern aus den besetzten Gebieten nach dem Golfkrieg erst nach langem Zögern „grünes Licht“ für eine Aufnahme von Kontakten zu US-Außenminister Baker gab, erstaunt dieser Umstand um so mehr.

Trotz aller Absprachen hat die PLO die Politik der Verhandlungsdelegation immer in etwa so bestimmt, wie ein Beifahrer, der aufs Gaspedal tritt, wenn der Fahrer bremst und umgekehrt. Die PLO-Führung verfolgte dabei im letzten Jahr vor allem ihr altes Interesse, von Israel und den USA endlich als Partner für direkte Gespräche anerkannt zu werden.

Eine allmähliche Erosion der palästinensischen Verhandlungsposition war die Folge. Die „linken“ Fraktionen der Palästinenser in den besetzten Gebieten haben sich bereits vor Monaten aus den Gesprächen zurückgezogen. Delegationsleiter Haider Abdel Schafi aus Gaza, der Arafats Fatah nahesteht, erschien nicht zur letzten Nahostrunde und boykottierte das jüngste Treffen mit US-Außenminister Christopher. Nun sind offenbar auch die übrigen Führungsmitglieder soweit, daß sie der PLO in Tunis die Gefolgschaft verweigern. Hintergrund dieser jüngsten Eskalation im Konflikt zwischen PLO und palästinensischen Verhandlungsführern ist der US-amerikanische „Kompromißvorschlag“ für die Autonomiegespräche. Die palästinensische Delegation hatte das US-Papier zurückgewiesen, da jeder Palästinenser in den besetzten Gebieten weiß, daß mit seiner Abzeichnung alle Aussichten auf eine praktikable und nicht ausschließlich von israelischen Interessen diktierte Lösung für die nächsten Jahre verloren wären.

Die PLO-Führung hat den Vorschlag hingegen akzeptiert. Die Delegation fühlte sich brüskiert und wirft der PLO-Führung vor, ihr in den Rücken gefallen zu sein. Als „Gegenleistung“ hat Christopher der PLO die Aufnahme von Arafat-Berater Nabil Sha'at in die Verhandlungsdelegation in Aussicht gestellt. Das ist keine Kleinigkeit, denn damit wäre die PLO einer offiziellen Anerkennung ziemlich nahegekommen. Doch wenn die PLO-Politiker in Tunis dies um den Preis erreichen wollen, daß es für die Palästinenser in den besetzten Gebieten keine Aussichten auf eine erträgliche Verhandlungslösung mehr gibt, wozu sollte ein solcher Erfolg der PLO dann gut sein? Es wäre ein klassischer Pyrrhus-Sieg. Nina Corsten

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