Duisburger OB-Kandidat tritt ab: Linker scheitert an Israel-Konflikt
Rücktritt als Fraktionschef und OB-Kandidat: Der Duisburger Linkspartei-Politiker Dierkes hat wegen seines Aufrufs zum Boykott israelischer Produkte seine Ämter niedergelegt.
Seinen Posten räumt er, aber in seinen Positionen bleibt Hermann Dierkes unerschütterlich. Der Linkspartei-Politiker ist gestern als Fraktionsvorsitzender und Oberbürgermeisterkandidat in Duisburg zurückgetreten. Dierkes zog damit die Konsequenzen aus der auch in der eigenen Partei immer lauter gewordenen Kritik an seinem Aufruf zum Boykott israelischer Produkte. "Ich habe derzeit nicht mehr die Kraft, meine politischen Funktionen wahrzunehmen", schreibt der 59-jährige Vorruheständler in seinem Rücktrittsbrief. Er sieht sich als Opfer einer "Rufmordkampagne", die einer "öffentlichen Steinigung gleiche".
Der langjährige Gewerkschaftsaktivist war in die Kritik geraten, nachdem er auf einer Parteiveranstaltung zum Nahostkonflikt Mitte Februar die israelische Regierungspolitik scharf attackiert und gefordert hatte: "Jede und jeder kann zum Beispiel durch den Boykott von israelischen Waren dazu beitragen, dass der Druck für eine andere Politik verstärkt wird." Der Zentralrat der Juden in Deutschland warf der Linkspartei daraufhin "Israel-Hass" vor. NRW-CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst sprach sogar von "purem Antisemitismus". Die jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim und auch die nordrhein-westfälischen Grünen forderten Dierkes zum Rücktritt auf. Und der Bundesvorstand der Linkspartei stellte klar: "Solche Boykottaufrufe verbieten sich vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte."
Dierkes sieht das jedoch nach wie vor anders: "Die Opfer der Schoah und die Helden des jüdischen Aufstands von Warschau würden sich mit Grausen abwenden, mit welchem Ungeist und für welche Zwecke sie offenkundig instrumentalisiert werden, um die undemokratische und mörderische Politik der israelischen Regierungen gegen das palästinensische Volk zu rechtfertigen und zu tabuisieren", schreibt er in seiner Rücktrittserklärung.
Im Einklang sieht er sich dabei mit dem 9. Weltsozialforum im brasilianischen Belem Anfang dieses Jahres. Dort hatte die Versammlung der sozialen Bewegungen eine Erklärung verabschiedet, in der die israelische Regierung verurteilt und zu einem "Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk zur Unterstützung des Boykotts und des Rückzugs von Investitionen sowie von Sanktionen gegen Israel am 30. März" aufgerufen wird.
Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) und Attac Deutschland, die diese Erklärung bislang unkommentiert auf ihren Internetseiten eingestellt hatten, distanzierten sich gestern von den umstrittenen Passagen. "Wir stehen nicht dahinter", sagte Jürgen Reichel, der die EED-Delegation auf dem Weltsozialforum geleitet hatte. Der EED hat die Erklärung jetzt aus dem Netz genommen. Attac-Sprecherin Frauke Diestelrath betonte, das globalisierungskritische Netzwerk habe den Text nur aus Dokumentationszwecken auf seine Homepage gestellt. "Jene Textpassagen, die Israel einseitig die Schuld am Konflikt im Gazastreifen zusprechen, werden von Attac Deutschland nicht mitgetragen", sagte sie. Einen entsprechenden Hinweis haben wir jetzt zur Klarstellung auf unsere Internetseite gestellt."
Innerhalb der Linkspartei stößt der Rücktritt von Dierkes auf ein geteiltes Echo. "Auch wenn wir die Forderung nach einem Boykott Israels nicht teilen, bedauern wir seinen Schritt sehr", erklärten die Spitzen der NRW-Linkspartei, Katharina Schwabedissen und Wolfgang Zimmermann. Als "notwendig" begrüßte hingegen der Berliner Landesvorsitzende Klaus Lederer den Rücktritt. "Wer eine solche Position bezieht, kann die Linke nicht nach außen vertreten."
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