: „Duhuhu, so bist Duhuhu, nur Duhuhu“
■ Peter Maffay & Band brachten am Mittwoch in der Weser-Ems-Halle die -elanglosigkeit braven Hardrocks ganz gnadenlos auf den Punkt / Nachzuprüfen am 8. und 9.9. in der Bremer Stadthalle
Erwartungsvolle Premierenstim mung vor Konzertbeginn im Backstage und in der Halle, aber ganz anders als sonst bei Rock-Konzerten: Diszipliniert läßt sich die Masse zu den ihr zugewiesenen Plätzen leiten, die Halle ist brav bestuhlt, nur vereinzelt schlappen ein paar Spät-Hippies mit Langhaar und vereinzelte Früh-Rocker mit maffayeskem Macho-Gebahren durch die Reihen. Kaum noch zu glauben (angesichts der ordentlich versammelten Sittsamkeit), daß der Peter zusammen mit Theo Westernhagen als der Sänger gesamtdeutscher Knackis gilt.
Nette Ordner und eher symbolische Absperrungen verhindern erfolgreich sichtbehinderndes Gedränge in den Gängen oder vor der Bühne. Auf dem Parkplatz zeugten schon die Autokennzeichen vom Ansturm aus dem nord
niedersächsischen Pro vinzgroßraum - nicht von ungefähr beginnt Maffays Tournee vor den Toren Ostfrieslands.
Und so bleibt die Begeisterung zu Beginn, als sich Vorhang und bewegliche Scheinwerfer über Nebelschwaden und Musiker heben, zwar bewegungslos aber ziemlich lautstark: Dröhnendes Fußgetrappel erzeugt auch im Sitzen noch beeindruckende Beifallsstürme. „Spart Eure Kräfte“, sagt der Peter da lustig und formuliert nett und bescheiden seinen Anspruch: „Ihr sollt einen netten Abend haben, Euch gut unterhalten“.
Der Peter präsentiert zunächst ein paar ältere Herren: John Mayall ist immer und von Anfang an mit seiner Mundharmonika auf der Bühne, im zweiten Set hat er einen kurzen eigenen Block, bringt das legendäre „Room To
Move“. 55 quirlige Jahre in prächtiger Verfassung, doch der Funke springt nicht über. Seine Art, den Blues zu spielen, ist Vergangenheit. In dieser Band ist er kaum mehr als Staffage - wer alt genug ist, möge sich mit aller Wehmut an sein legendäres Konzert in der Glocke erinnern, vor 20 Jahren oder so.
Dann Chris Hamlet Thompson, sichtbar mit Glatze und sichtbar alt. Aber immer noch der große Schmachtfetzer, als der er sich einst international eingeführt hat (mit Springsteen in „Blinded by the Light“). Er schmachtet zwei Lieder.
Der eigentliche Star des Abends sammelt durch betonte Zurückhaltung dicke Sympathiepunkte. Der Peter (ja, das muß man ihm wirklich lassen) läßt die kleinen Solo-Blöcke seiner Freunde tatsächlich zu deren eigenen Auftritten geraten.
Dem amerikanischen Keyborder und Sänger Tony Carey überläßt er gar den wohlkalkulierten Moment, in dem die Atmosphäre in der Halle umkippt: zu hymnischem Hardrock geben alle Ordner gleichzeitig die Absperrungen nach vorn frei. Schwupp - und blitzartig füllen sich Gänge und Bühnenvorraum, steht der ganze Innenraum auf fröhlichen
Füßen - eine charmante, exakt auf die Musik getimte Choregraphie zu Ehren eines guten Sängers.
Sich mit billigen Ich-bin-der-Star-Maschen in den Vordergrund zu spielen, hat Maffay auch nicht mehr nötig. Das Können der Musiker, die Arrangement für die 9-Mann-Band, die technische Perfektion und der Aufwand halten jedem internationalen Vergleich stand. Obligatorisch etwa inzwischen auch bei ihm: Live-Projektionen mit Videokameras.
Noch immer gilt jedenfalls, daß Maffay 'wie kaum ein anderer, die Beliebig- und Belanglosigkeit von Hardrockmusik gnadenlos auf den Punkt bringt: kleinbürgerliches, unheilvoll dräuendes Öko-Gefasel, schmalzig pathetische „Du, Du“ (Duuhuuhuuu) Ranschmeiße an die kleinen Mädchen in den ersten Reihen, die gar nicht merken, daß sie sich gerade in ihren Papi verlieben, bedeutungsschwangeres Wehe-Wehe mit Tier-und Gestirnsymbolen und nicht zuletzt der pathetische Bombast der Band mit kathedralen Keyboards und exzessiven, diesmal allerdings herausragenden Gitarrensoli (Frank Diez und Carl Carlton). Alles einigermaßen peinlich: Durch plumpe Übertragung der Symbolik ins Deutsche wird de
ren Banalität ganz offenbar.
Bleibt die Frage, ob es von Springsteen zu Maffay wirklich so viel weiter ist als vom Weserstadion zur Weser-Ems-Halle oder von englischer zur deutschen Sprache. Musikalische Unterschiede müssen erst noch nachgewiesen werden, und selbst die Zeichen sind gleich: Auch der Peter holt sich ein Mädchen auf die Bühne, tanzt aber nicht mit ihr (wie der große Bruce), sondern läßt sie einfach am Bühnenabsatz sitzen und unbeholfen mitklatschen.
Ach ja - was sie gespielt haben, Peter Maffay & Band: Wer's denn wissen will - am 7. und 8.9. spielen sie um 20 Uhr in Bremens Stadthalle.
Rainer Köster
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