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„Dubioser Deal“ mit Schiffen

Grünen-Abgeordnete Michaele Schreyer moniert Millionen-Gaben beim Verkauf der Stern- und Kreisschiffahrt / Unternehmer zahlte nur eine Million Mark für 52,9 Prozent Anteile  ■ Von Dieter Rulff

Hat der Senat an einen Investor 1,8 Millionen Mark für zwei Grundstücke gezahlt, die ihm selber gehören? Dieser Verdacht drängt sich auf, wenn man die Bedingungen betrachtet, unter denen die Baltic Holding des Kaufmanns Detlef Hegemann an der Berliner Stern- und Kreisschiffahrt beteiligt wird. Am Donnerstag stimmte das Abgeordnetenhaus dem Geschäft zu, bei dem das Unternehmen für eine Million Mark 52,9 Prozent der Anteile an der Schiffahrtsgesellschaft erwarb, der Rest verbleibt beim Land Berlin.

Der Kaufpreis von einer Million Mark macht nur einen Bruchteil der 40 Millionen Mark aus, auf die 1991 der Verkehrswert der Stern- und Kreisschiffahrt geschätzt wurde. Er wird zudem aufgewogen durch die 1,775 Millionen Mark, die der Senat an Hegemann zum Ausgleich für die Nichtübertragung von Grundstücken an der Rummelsburger Bucht zahlen will.

Zwei Grundstücke auf der Stralauer Halbinsel waren bei der Fusion der Stern- und Kreisschiffahrt mit der Ostberliner Weißen Flotte in das gemeinsame Vermögen eingegangen. Ihr Wert wurde damals mit 833.000 Mark veranschlagt. Sie waren gleichfalls Bestandteil der Kaufmasse, als mit Hegemann über die Übernahme von Anteilen verhandelt wurde. Bis eines Tages der Senat feststellte, daß er die Grundstücke für Olympia 2000 benötigt und sie zudem als ehemaliges volkseigenes Vermögen der DDR gar nicht der Weißen Flotte gehörten, mithin eigentlich mit dieser auch nicht veräußert werden konnten. Gleichwohl sprach man Hegemann mehr als das Doppelte, 1,8 Millionen Mark, als Kompensation für den vermeintlich entgangenen Grundbesitz zu. Die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen/ Bündnis 90, Michaele Schreyer, vermutet, daß ein „dubioser Deal mit olympiabefangenen Grundstücken gelaufen ist“, entweder mit Billigung der Verantwortlichen – oder weil diese schlicht „gepennt“ haben. Schreyer versuchte noch am Donnerstag vergeblich, das Geschäft zu stoppen.

Sie wollte das Geschäft durch den Rechnungshof prüfen lassen, denn außer den 1,8 Millionen Mark erhält Hegemann noch eine Reihe weiterer Vergünstigungen. So zahlt das Land Berlin 5,85 Millionen Mark zur Abdeckung von Betriebsverlusten der letzten eineinhalb Jahre, obwohl für diesen Zweck bereits 3 Millionen Mark pro Jahr im Landeshaushalt eingestellt waren. Weitere 1,3 Millionen Mark erhält Hegemann für einen Sozialplan, denn 65 Mitarbeiter sollen entlassen werden. Im Gegenzug verpflichtet er sich lediglich, bis 1997 „bis zu“ 16,6 Millionen Mark in das marode Unternehmen zu investieren – ein unteres Limit wurde nicht festgesetzt.

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