Dubiose Beraterverträge: In Köln wird wieder geklüngelt
Zwei CDU-Politiker sind schon über dubiose Beraterverträge gestolpert, der neue Sparkassenchef schämt sich für das Chaos. Diese Woche könnte es in Köln erst so richtig ungemütlich werden.
KÖLN taz Gerade noch zwei Wochen bis Rosenmontag - doch weder bei der Sparkasse Köln-Bonn noch im Kölner Stadtrat herrscht Feierstimmung. Denn das eigentümliche Geschäftsgebaren eines der größten kommunalen Kreditinstitute der Republik hat in Köln ein politisches Erdbeben ausgelöst. Auf der Ratssitzung am Dienstag wird es heiß hergehen.
Nachdem bereits zwei führende CDU-Politiker über dubiose Beraterverträge gestolpert sind, ist die Stadtsparkasse aufgrund ihrer allzu engen Verflechtung mit der Kölner Politik ins Zwielicht geraten. Sichtlich schockiert trat am Freitagnachmittag der Vorstandsvorsitzende Artur Grzesiek vor die Presse. "Zurzeit schäme ich mich für das, was ich hier vorgefunden habe", sagte der Bankmanager, der erst vor rund drei Monaten von Duisburg nach Köln gewechselt ist. Er könne sich nur entschuldigen: bei seinen Mitarbeitern, bei den Kunden, bei den Bürgern.
Es geht um "Altlasten", die Grzesiek von dem langjährigen Sparkassenchef Gustav Adolf Schröder hinterlassen worden sind. Von 1989 bis 2007 amtierte der affärengestählte Schröder an der Spitze des Geldinstituts als eine Art ungekrönter König von Köln. Auch seine Verwicklung in den Kölner SPD-Spendenskandal, derentwegen er 2002 aus der Partei austrat, überstand Schröder erstaunlich unbeschadet. Bestens politisch verdrahtet, bewegte sich der heutige Vorstand der Essener RAG-Stiftung virtuos in der Grauzone zwischen gewünschter regionaler Wirtschaftsförderung und einer Geschäftspolitik, die sich wohl mit dem Begriff "kölscher Klüngel" treffend umschreiben lässt. Dazu können wohl auch jene zwei Beraterverträge gezählt werden, die nun in Köln für Aufregung sorgen.
Im ersten Fall geht es um vermeintliche Beratertätigkeiten des früheren Kölner CDU-Ratsfraktionschefs Rolf Bietmann in den Jahren 2006 und 2007. Von Ende der Achtzigerjahre an galt der umtriebige Anwalt über zwei Jahrzehnte lang als der mächtigste Mann in der Kölner CDU. Auch weit über die Kölner Stadtgrenzen hinaus verfügt der 54-jährige Exbundestagsabgeordnete bis heute über ein engmaschiges parteiübergreifendes Beziehungsgeflecht. So betreibt er in Berlin die PKS Wirtschafts- und Politikberatung GmbH.
Wer sich Bietmanns Dienste sichern will, darf dabei nicht knauserig sein. So zahlte die Köln-Bonner Sparkasse insgesamt 900.000 Euro an den "Professor Unrast", der bis 2004 auch Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse war.
Was Bietmann indes für sein Beratungshonorar von 25.000 Euro pro Monat sowie eine zusätzliche "Erfolgsprämie" in Höhe von 300.000 Euro konkret geleistet hat, ist umstritten. Es handele sich um nachweisbare "ordnungsgemäße anwaltliche Leistungen", beteuert der Politiker und droht jedem, der anderes behauptet, mit juristischen Konsequenzen. Gegen den SPD-Oberbürgermeisterkandidaten Jürgen Roters klagt er denn auch bereits, weil der ihn als "Kern" eines "Beutemachersystems" bezeichnet hat. Trotzdem musste Bietmann als bereits nominierter Direktkandidat für die kommende Bundestagswahl zurückzutreten.
Im zweiten Fall geht es um einen offenkundigen Freundschaftsdienst für den Kölner CDU-Politiker Josef "Jupp" Müller. Der frühere Postbote hatte im Jahr 2000 seinen Job als Ratsfraktionsgeschäftsführer aufgegeben, um ehrenamtlicher Erster Bürgermeister zu werden. Die dadurch entstandene "Versorgungslücke" stopfte ihm die Sparkassen Kapitalbeteiligungsgesellschaft Düsseldorf mbH. Rund 300.000 Euro durfte Müller zwischen 2001 und 2003 kassiert haben. Nach seinen eigenen Angaben soll ihm Gustav Adolf Schröder den lukrativen Beratervertrag vermittelt haben. Dass allerdings dessen Kölner Kreditinstitut der eigentliche Zahler war, will Müller erst Anfang Februar erfahren haben. Von seinem Bürgermeisteramt ist der 70-Jährige deshalb jetzt ebenfalls zurückgetreten. Nach mehreren anonymen Anzeigen ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft gegen Schröder, Bietmann und Müller.
Oberbürgermeister Fitz Schramma (CDU) steht jetzt eine ungemütliche Stadtratssitzung bevor. Schramma, der Bietmann als Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse nachfolgte, beteuert, er habe von den Vorgängen keinerlei Kenntnis gehabt. Im Verwaltungsrat seien die Verträge "nie ein Thema" gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste